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Digitaler Helpdesk für internationale Medienschaffende

Geschrieben am 17-07-2019

Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen erweitert seine
Nothilfe-Arbeit für bedrohte Medienschaffende und startet einen
digitalen Helpdesk, um Journalistinnen und Journalisten auf der
ganzen Welt in digitaler Sicherheit fortzubilden. Der Helpdesk ist
Teil des Berliner Stipendienprogramms zur Stärkung von
Journalistinnen und Journalisten im digitalen Raum, welches aus
Mitteln der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Berlin gefördert wird. "Die Nachfrage nach den Stipendien war
überwältigend. Leider kann aber immer nur eine kleine Anzahl dieser
Bewerbungen berücksichtigt werden. Wir freuen uns deshalb, dass wir
mit dem digitalen Helpdesk noch mehr Journalistinnen und Journalisten
helfen können, deren Arbeitsbedingungen in ihren Heimatländern
äußerst schwierig sind", sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop.

Unter helpdesk.rsf.org finden sich umfangreiche Informationen zu
Themen wie Verschlüsselung, Anonymisierung, Account-Sicherheit sowie
dem professionellen Umgang mit Hassrede und Falschnachrichten.
Außerdem gibt es ein interaktives Tool, mit dem User individuell ihre
Bedrohungsszenarien definieren können und automatisch auf mögliche
Gegenmaßnahmen hingewiesen werden. Um Zensur des Angebots zu umgehen
und allen eine anonyme Nutzung zu ermöglichen, ist der Helpdesk auch
im sogenannten "Darknet" über das Tor-Netzwerk erreichbar.

"Digitale Gefahren gehen in der journalistischen Arbeit längst
einher mit physischen Bedrohungen. Dennoch wissen viele
Journalistinnen und Journalisten nicht genug, um sich selbst und ihre
Quellen zu schützen", sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von
Reporter ohne Grenzen. Der Helpdesk versteht sich als Ergänzung zu
existierenden Angeboten zur Online-Sicherheit von ROG und auch von
anderen Organisationen. Digitale Sicherheitsanforderungen haben sich
speziell im Journalismus gewandelt. "Neben Überwachung oder
Hacking-Angriffen sind auch scheinbar weichere Bedrohungen
dazugekommen wie Hassrede von Trollen in sozialen Netzwerken oder die
gezielte Diffamierung mittels Falschnachrichten. Wir möchten Wege
aufzeigen, wie man damit professionell umgehen kann", so Mihr weiter.

Der Helpdesk ist hier erreichbar: https://helpdesk.rsf.org/

Im "Darknet" ist das Angebot über den Tor-Browser hier erreichbar:
https://5qlhz3jow7zhxtpx.onion/

FREIHEITSRAUM INTERNET IST ZUR ÜBERWACHUNGSFALLE GEWORDEN

Reporter ohne Grenzen reagiert mit dem neuen Helpdesk auf die
kontinuierlich gestiegene Nachfrage von Journalistinnen und
Journalisten, Fortbildungen zu digitaler Sicherheit zu erhalten. War
das Internet seit seinem Entstehen zunächst noch ein Tool zur
Stärkung der Pressefreiheit, erkennen Staaten in aller Welt seit
Jahren das Potential, diese Freiheitsräume durch repressive
Regulierung und invasive Abhör- und Hackingmaßnahmen in überwachte
Bereiche zu überführen.

Einer der größten Skandale in diesem Jahr war das im Januar
bekanntgewordene "Project Raven", bei dem US-amerikanische
Unternehmen mit Billigung der NSA seit Jahren ihre Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE)
schickten, um dort angeblich gegen islamistische Terroristen
vorzugehen. Tatsächlich haben die Hackerinnen und Hacker im "Project
Raven" moderne Späh-Software jedoch auch gegen Journalistinnen und
Journalisten, Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten und
Oppositionelle eingesetzt. Betroffenen war etwa der Journalist Rori
Donaghy, der unter anderem für den britischen Guardian wiederholt
Menschenrechtsverletzungen in den VAE anprangerte.

Auch die Freiheitsräume in sozialen Netzwerken für Journalistinnen
und Journalisten werden sukzessive beschnitten. Weltweit entstehen
auf nationaler Ebene Löschgesetze, mit denen autokratische
Regierungen Zensur auf Plattformen wie Facebook und YouTube
durchsetzen wollen. Im November recherchierte Reporter ohne Grenzen,
dass die Auswirkungen bis nach Deutschland reichen: Im deutschen Exil
arbeitende Journalistinnen und Journalisten aus Vietnam wurden auf
Facebook dutzendfach gesperrt, mutmaßlich auf Druck und durch
Angriffe der vietnamesischen Regierung. Auch wie mit solchen
zensurähnlichen Maßnahmen durch Unternehmen wie Facebook umgegangen
werden kann, steht im Zentrum des digitalen Helpdesks.

ONLINE-SPRECHSTUNDEN, DIE WELTWEIT ZENSURRESISTENT VERFÜGBAR SIND

Um möglichst viele Interessierte zu erreichen, bietet Reporter
ohne Grenzen ab Mittwoch, den 17.07.2019 regelmäßig kostenlose
Schulungsvideos und Online-Sprechstunden an. Diese können anonym
genutzt werden, entweder live oder später auf Abruf. In den ersten
Seminaren geht es darum, wie Social-Media-Accounts wirksam gegen
Hacking geschützt werden können, wie mit einem VPN Zensur umgangen
werden kann und welcher Smartphone-Messenger für die journalistische
Arbeit am sinnvollsten ist. Das Motto lautet dabei stets: So
niederschwellig wie möglich erklären und das empfehlen, was in der
Praxis von Journalistinnen und Journalisten auch genutzt werden kann.

Um die verschiedenen Fragestellungen adäquat und zügig beantworten
zu können, hat ROG eine zusätzliche Stelle geschaffen, die mit einem
im Nothilfereferat arbeitenden Informatiker besetzt ist. In näherer
Zukunft soll auch eine individuelle Beratung ermöglicht werden.
Reporter ohne Grenzen hat außerdem das erste interaktive Online-Tool
überhaupt erstellt, mit dem sich Journalistinnen und Journalisten ihr
sogenanntes Threat Model automatisiert erstellen lassen können. Dort
können sie angeben, welche Dinge sie im Internet schützen möchten,
wen sie als ihre Gegner betrachten und erhalten dann eine
automatisierte Einschätzung, wie groß ihre Gefährdung ist und mit
welchen Gegenmaßnahmen sie darauf reagieren sollten.

HELPDESK GLIEDERT SICH IN BERLINER STIPENDIENPROGRAMM EIN

Im Stipendienprogramm lädt Reporter ohne Grenzen bis Ende des
Jahres insgesamt 19 Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen
Welt ein, um sie je drei bis vier Monate lang intensiv in digitaler
Sicherheit zu schulen.

Sie entwickeln darin Konzepte, wie sie das erworbene Wissen nach
ihrer Rückkehr auch in ihrer Heimat weitergeben können, zum Beispiel
im Rahmen von Trainings oder Websites in ihrer Landessprache. Allein
für die zweite Ausschreibungswelle in 2019 bewarben sich mehr als 500
Journalistinnen und Journalisten aus 80 Ländern auf neun Plätze. Sie
werden in ihrer Zeit in Berlin auch aktiv an der Weiterentwicklung
des Helpdesks mitwirken.

ERGÄNZUNG ZU NOTHILFE UND POLITISCHER ARBEIT VON ROG

Das neue Angebot ist eine Ergänzung zur bestehenden Arbeit von
Reporter ohne Grenzen, um den Schutz von Journalistinnen und
Journalisten online wie offline zu stärken. So hat das Berliner
Nothilfereferat von ROG seit 2010 bereits 675 Journalistinnen und
Journalisten unterstützt, zum Beispiel durch eine Hilfe zur
medizinischen Behandlung oder zur Milderung einer sozialen Notlage.
Die internationale Organisation unterstützt zudem rund 500
Nothilfefälle pro Jahr.

Seit 2012 setzt sich ROG im Referat für Internetfreiheit zudem
politisch für eine Stärkung digitaler Rechte ein, zum Beispiel durch
eine restriktive Exportkontrolle bei Überwachungstechnologie oder
eine Regulierung sozialer Netzwerke zur Stärkung der Meinungs- und
Pressefreiheit. Im Rahmen dieser Arbeit wenden sich bedrohte
Journalistinnen und Journalisten immer wieder mit praktischen Fragen
zum digitalen Schutz an Reporter ohne Grenzen.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Pressereferat
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29

Original-Content von: Reporter ohne Grenzen e.V., übermittelt durch news aktuell


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