(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Theresa May ist am Ende / Leitartikel von Jörg Quoos zu Theresa May

Geschrieben am 24-03-2019

Berlin (ots) - Kurzform: Theresa May hat mit ihrer Politik in
keinem Punkt das für einen Brexit Erforderliche erreicht. Sie ist
damit als Premierministerin von Großbritannien am Ende. Nicht erst
seit gestern, sondern schon seit Wochen. Gelänge ein Putsch aus der
eigenen Partei und sie muss zurücktreten, wäre ein unwürdiges
politisches Siechtum endlich beendet.

Der vollständige Leitartikel: "Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun
unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich
ist." Diese alte Weisheit des legendären britischen Premierministers
Winston Churchill beschreibt ziemlich gut, woran seine Nachfolgerin
im Amt gerade krachend scheitert. Theresa May hat mit ihrer Politik
in keinem Punkt das für einen Brexit Erforderliche erreicht. Sie ist
damit als Premierministerin von Großbritannien am Ende. Nicht erst
seit gestern, sondern schon seit Wochen. Gelänge ein Putsch aus der
eigenen Partei und sie muss zurücktreten, wäre ein unwürdiges
politisches Siechtum endlich beendet. Dabei hätte Theresa May in
Großbritannien Geschichte schreiben können. Als die Frau, die den
unbequemen Willen der Briten für mehr Eigenständigkeit und
Souveränität politisch auch durchsetzt. Die ein tief gespaltenes Volk
mit einer mutigen Zukunftsvision wieder eint. Und die - wie einst
Maggie Thatcher - für ihre Landsleute in Brüssel vielleicht zum
Schluss noch einen lukrativen Bonus rausholt. Aber nichts davon ist
Theresa May gelungen. Daher ist ihr Rücktritt mehr als überfällig.
Die Pastorentochter ist seit Wochen bestenfalls eine
Regierungschefin-Darstellerin. In Brüssel löst sie fast schon
mitleidige Reaktionen aus. Nicht einmal ihre eigenen Leute können sie
noch ernst nehmen. Es gibt in Großbritannien bald mehr
Theresa-May-Witze als Wähler, die noch an sie glauben. Mays Idee,
einen mit Brüssel verhandelten und politisch dilettantisch
abgesicherten Brexit-Deal so lange zur Abstimmung vorzulegen, bis er
irgendwann gebilligt wird, ist auch derart schlecht, dass sich
niemand über das angerichtete Chaos wundern darf. Die
Premierministerin hatte sich für ihre Verhandlungen mit den
Regierungschefs der Europäischen Union weder ausreichend politische
Prokura gesichert noch war sie in der Lage, die Mehrheitsverhältnisse
im britischen Parlament realistisch einzuschätzen. Wer weder das eine
noch das andere kann, darf einfach nicht regieren. In knapp einer
Woche hätte der historische Brexit vollzogen werden sollen und Stand
heute gibt es dafür noch immer keinen geregelten Plan. Zoll,
Visabehörden, Wirtschaft und Banken sorgen sich zu Recht vor
heillosem Chaos. Gleichzeitig schreien sich Hunderttausende Briten
auf Demos den Frust aus dem Leib und träumen vom zweiten Referendum.
Und sogar die Armee macht sich bereit, um notfalls das Schlimmste
abzuwenden. Das Einzige, was konkret auf dem Tisch liegt, ist eine
letzte verzweifelte Fristverlängerung. Wenn nicht noch ein großes
Wunder geschieht, wird aus dem geplanten, selbstbewussten Schritt ein
unwürdiger Abgang in letzter Minute. Das stolze Königreich trudelt
seit Monaten wie ein instabiles Schwellenland führungslos in eine
ungewisse Zukunft. Am Ende wird es von der Vernunft und der Nachsicht
der EU-Regierungschefs abhängen, ob das chaotische No-Deal-Szenario
in letzter Minute verhindert werden kann. Es ist offenbar das Letzte,
was Europa für die schwierigen Nachbarn noch tun kann. Das einzig
Gute an den Londoner Chaos-Tagen ist vielleicht die abschreckende
Wirkung, die das Brexit-Theater auf andere EU-müde Kräfte in Europa
haben könnte. So populistisch kann eigentlich keine Partei sein, um
angesichts des quälenden Brexits noch einen Austritt aus der
Europäischen Union zu preisen. Es spricht mehr dafür, dass Europa mit
angehaltenem Atem diesem Brexit-Experiment beiwohnen und
studieren wird, wie es den Briten dabei ergeht. Tauschen möchte man
mit ihnen sicher nicht.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

679613

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Vergebliche SPD-Mühen Kommentar Von Birgit Marschall Düsseldorf (ots) - Die SPD will zu ihrem alten Markenkern, der sozialen Gerechtigkeit, zurück. Die Mindestlöhne in Europa sollen rauf, für Bildung und Infrastruktur will die SPD viel mehr Geld ausgeben. Finanzieren sollen das die Reichen und die Digitalkonzerne, die endlich mehr Steuern in Europa bezahlen sollen. Das klingt gut, doch verfängt es leider kaum. In Umfragen dümpelt die SPD zwei Monate vor der Europawahl zwischen 16 und 18 Prozent. Die Wähler wissen sehr wohl, dass Forderungen und Versprechen der Parteien auf Europaebene mehr...

  • Rheinische Post: Stadtbahnproblem toppt Diesel-Debatte Kommentar Von Thomas Reisener Düsseldorf (ots) - Das Spiekermann-Gutachten wird die NRW-Kommunen schocken. Die Infrastruktur der U- und Straßenbahnen im Land ist in großen Teilen so marode, dass sie nicht mehr saniert werden kann. Wenn das System nicht zusammenbrechen soll, müssen in den kommenden zehn Jahren Milliarden in neue Brücken, Gleise und Haltestellen fließen. Aber woher sollen die Kommunen, die ohnehin schon unter einem historisch hohen Schuldenberg ächzen, diese Milliarden nehmen? Obwohl das Problem - wenn auch nicht in dieser Größenordnung - seit Jahren mehr...

  • Rheinische Post: Unwürdiger Trump Kommentar Von Ines Zöttl Düsseldorf (ots) - Genau 231 Mal hat es Donald Trump erklärt, meist in Großbuchstaben: Es habe bei der Präsidentschaftswahl 2016 keine Konspiration mit den Russen gegeben. Zwei Jahre lang hat der Präsident die Arbeit des Sonderermittlers Robert Mueller mit wütenden Tweets zu der vermeintlichen Hexenjagd gegen sich begleitet. Am Ende scheint er recht behalten zu haben: Der geheime Bericht empfiehlt offenbar keine Anklagen. Ist Trump also rehabilitiert, und war die ganze Sache eine Verschwörung gegen ihn? Seine Anhänger werden das so mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Werbekampagne für Fahrradhelme Bielefeld (ots) - Was nützt die liebevollste Mama ihren Kindern, wenn sie im Wachkoma liegt? Wer mit dem Fahrrad stürzt, und sei es bei langsamer Fahrt, hat kaum eine Chance, sich abzufangen. In solchen Sekunden können Fahrradhelme über Schicksale entscheiden, das weiß jeder Unfallchirurg zu berichten. Deshalb ist es gut, dass Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Werbung für Fahrradhelme machen lässt. »Sieht scheiße aus. Aber rettet mein Leben«: Der Spruch bringt es auf den Punkt. Was aber gar nicht geht und mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Asyl Bielefeld (ots) - Die Wahrheit ist oft unbequem: Seit dreieinhalb Jahren hat sich an den offenen deutschen Grenzen nichts geändert. Wer will, kann kommen - ob mit Pass oder ohne, ob mit Asylanspruch oder nicht. Und wer keinen Anspruch hat, wird in der Regel geduldet und bleibt. Gut, dass der Präsident des Flüchtlingsamtes das Problem benennt und diesen Zustand kritisiert. Oder nimmt unser Staat, also Politik und Behörden, die massenhafte illegale Zuwanderung schon gar nicht mehr als Problem wahr? Bundesfinanzminister Olaf Scholz mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht