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Vollindexierung des Rundfunkbeitrags verfassungs- und europarechtlich nicht zulässig

Geschrieben am 18-03-2019

Berlin (ots) -

- Prof. Dr. Thomas Hirschle legt Kurzgutachten zur Bewertung
pauschaler Indexierungsmodelle im Auftrag des VAUNET vor
- Gefahr einer übermäßigen Belastung der Beitragszahler
- Je nach Ausgestaltung ist eine effiziente Kontrolle der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr möglich
- Länder sollten aktiv über Umfang der Angebote und konkreten
Auftrag entscheiden
- VAUNET kündigt an, rechtliche Schritte gegen ein neues
Indexierungsmodell zu prüfen

Am 21. März werden die Ministerpräsidenten der Länder
voraussichtlich über eine mögliche Indexierung des Rundfunkbeitrags
entscheiden. Diskutiert werden aktuell die Kopplung des
Rundfunkbeitrags an Indizes wie z. B. den Verbraucherpreisindex oder
die Inflationsrate der letzten zwei Jahre. Im Auftrag des VAUNET -
Verband Privater Medien hat der frühere Präsident der Landesanstalt
für Kommunikation Baden-Württemberg und das langjährige Mitglied der
Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF), Prof. Dr. Thomas
Hirschle, die Zweckmäßigkeit und rechtliche Zulässigkeit möglicher
Indexierungsmodelle in einem Kurzgutachten bewertet. Hirschle kommt
dabei zu dem Ergebnis, dass ein einheitlicher Index weder dem Gebot
der bedarfsgerechten Finanzierung noch dem Verbot einer übermäßigen
Belastung der Beitragszahler entsprechen würde. Eine Vollindexierung
würde eine Kompetenzverschiebung weg von Politik und KEF hin zu den
Rundfunkanstalten bedeuten. Damit entfiele der Legitimationsdruck bei
der künftigen Aufgabenentwicklung. Es entstünde zwar mehr
Flexibilität, aber eine unkontrollierte Flexibilität der Anstalten.
Das entspräche nicht der gebotenen ausgewogenen Balance der
Kompetenzen und Kräfte und wäre verfassungs- und europarechtlich
nicht zulässig.

Hans Demmel, Vorstandsvorsitzender des VAUNET: "Prof. Hirschle hat
überzeugend dargestellt, dass eine pauschale Indexierung verfassungs-
und europarechtlich nicht trägt. Er hat zudem zahlreiche Schwächen
der Indexierung dargelegt. Für die Privaten würde sich der Wettbewerb
massiv zu deren Ungunsten verschieben, nachdem Wirtschaftlichkeit und
Sparsamkeit kein Maßstab mehr wären. Korrekturmöglichkeiten der KEF
liefen leer und die Länder würden sich ihrem Gestaltungsauftrag
entziehen. Sollte eine Vollindexierung durch die Ministerpräsidenten
beschlossen werden, werden wir juristische Schritte prüfen. Uns wäre
eher an einer sachgerechten Lösung gelegen, als das Modell in Brüssel
auf den Prüfstand zu stellen."

Klaus Schunk, Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste
im VAUNET: "Die Indexierung ist ein durchsichtiger Deal, mit dem die
Länder es sich in doppelter Hinsicht zu einfach machen: Es würde für
die Zukunft die Steuerung der Höhe des Rundfunkbeitrags entfallen.
Und dies sogar ohne dass zuvor eine zeitgemäße Definition des
Programmauftrags erfolgt wäre. Wir fordern eine Konkretisierung des
Auftrags von ARD und ZDF, die dem Gestaltungsauftrag der Länder
gerecht wird, qualitativ und quantitativ. Dabei sollte die
Medienpolitik auch einen Blick auf die ausufernden
öffentlich-rechtlichen Radioprogramme werfen. Erst danach kann sich
dann die Entscheidung über eine angemessene Finanzierung daran
orientieren. Hier hat sich das bisherige und ausdifferenzierte Modell
mit den Zuständigkeiten der KEF absolut bewährt."

Hirschle stellt in seinem Kurzgutachten fest, dass die KEF für die
Ermittlung der Höhe des Rundfunkbeitrags ein ausdifferenziertes
System entwickelt hat. Es stützt sich bereits in weiten Teilen auf
unterschiedliche Indizes. Seine einzelnen Positionen würden in der
Summe ein zutreffendes Bild des Finanzbedarfs der Anstalten ergeben.
So sei etwa bereits heute der Programmaufwand, der knapp die Hälfte
der Ausgaben der öffentlich-rechtlichen Anstalten darstelle, an eine
rundfunkspezifische Teuerungsrate gekoppelt.

Hirschle legt dar, dass dieses System zahlreiche Elemente enthält,
die für eine einheitliche Indexierung ungeeignet sind. Das gelte etwa
für die Rundfunkverbreitungskosten, deren Entwicklung angesichts der
fortschreitenden Digitalisierung niemand einschätzen könne, oder für
die betriebliche Altersversorgung. Sie mache ca. 80 Prozent des
gesamten Personalaufwands der Anstalten aus und dürfte kurzfristig
ansteigen aber langfristig abflachen. Eine pauschale Anpassung über
einen einheitlichen Index sei daher ungeeignet. Statt einer
Einrechnung in den Beitrag und damit einer fortgesetzten Indexierung
solle eher eine Auslagerung dieses Kostenfaktors, ähnlich einer "Bad
Bank", erwogen werden.

Sollte ein einheitlicher Index dennoch umgesetzt werden, würde
dies eine unzutreffende Beitragshöhe ergeben. Eine Über- oder auch
Unterfinanzierung der Rundfunkanstalten wäre nahezu unausweichlich.
Neben der von einem einheitlichen Index erhofften besseren
Planbarkeit für die Anstalten und der raschen und einfachen
Ermittlung der Beitragshöhe wäre ein massiver Verlust an Kontrolle
und Rechnungslegung und damit Transparenz die Folge. Bei einem
einheitlichen Index würde keine Wirtschaftlichkeits- und
Sparsamkeitskontrolle mehr erfolgen. Vorhandene oder zukünftige
Unwirtschaftlichkeiten wären nicht nur intransparent, sondern würden
einfach fortgeschrieben.

Die verfassungsrechtlich garantierte Entwicklungsgarantie der
Anstalten sei über feste Parameter nicht erfassbar. Hirschle stellt
in seinem Kurzgutachten dar, dass insbesondere auf die
einzelfallbezogene Prüfung von Projektmitteln nicht verzichtet werden
kann. Eine Indexierung könnte vertretbar nur wie bisher beim
Kernbestand der Bestandsausgaben erfolgen. Dort werde aber bereits
mit den jeweils am besten geeigneten Indizes gearbeitet.

Hirschle stellt zudem heraus, dass die Einbeziehung der
Länderparlamente wegen des Gesetzesvorbehalts für das Rundfunkwesen
in jedem Fall geboten sei. Die Definition des Rundfunkauftrags sei
eine verfassungsrechtlich zwingende Aufgabe des Gesetzgebers. Diese
könne nicht, auch nicht gedeckelt durch ein indexiertes Budget, den
Rundfunkanstalten selbst überlassen werden. Die medienpolitische
Gestaltung sei und bleibe eine Aufgabe des Gesetzgebers und erschöpfe
sich nicht in einer Budgetierungsentscheidung mit indexierter
Fortschreibung.

Das Kurzgutachten von Prof. Dr. Thomas Hirschle ist unter dem
folgenden Link abrufbar: http://ots.de/r3eGoH

Über VAUNET

VAUNET ist der Spitzenverband der privaten audiovisuellen Medien
in Deutschland. Unter VAUNET - Verband Privater Medien e.V. firmiert
seit dem 21. Mai 2018 der vormalige VPRT (Verband Privater Rundfunk
und Telemedien) mit Sitz in Berlin und einem Büro in Brüssel. Zu den
vielfältigen Geschäftsfeldern der rund 150 Mitglieder gehören TV-,
Radio-, Web- und Streamingangebote. Die Verbandsarbeit richtet sich
an der konvergenten Entwicklung der Märkte für audiovisuelle Medien
aus und gestaltet auf nationaler wie europäischer Ebene die
Rahmenbedingungen aktiv mit. Der Wirtschaftsverband hat zum Ziel,
Akzeptanz für die politischen und wirtschaftlichen Anliegen der
audiovisuellen Medien zu schaffen sowie die große
gesellschaftspolitische und kulturelle Bedeutung der Branche im
digitalen Zeitalter ins Bewusstsein zu rücken.

VAUNET - Verband Privater Medien e.V.

Stromstraße 1, 10555 Berlin Rue des Deux Eglises 26, B-1000
Bruxelles - Büro Brüssel

T | +49 30 3 98 80-0, F | +49 30 3 98 80-148
E | info@vau.net

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Pressekontakt:
Pressesprecher
Hartmut Schultz
Hartmut Schultz Kommunikation GmbH
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hs@schultz-kommunikation.com

Original-Content von: VAUNET - Verband Privater Medien, übermittelt durch news aktuell


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