(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Knapp am Debakel vorbei / Leitartikel von Peter Zander zu den Oscars

Geschrieben am 25-02-2019

Berlin (ots) - Der Super-GAU ist bei der Oscar-Verleihung dann
doch nicht eingetreten. Auch wenn alle Prognosen und alle Wettbüros
einen Sieg für den Netflix-Film "Roma" vorhergesagt hatten und auch
wenn man meinte, dass bei der Nennung dieses Kandidaten der Jubel im
Saal am größten war: Den Hauptpreis als Bester Film strich mit "Green
Book" doch ein anderer ein. Wir wollen nichts Böses gegen diesen Film
sagen. Aber es war doch klar eine Verlegenheitslösung. Wie damals bei
"Brokeback Mountain". Der hatte auch alle wichtigen Trophäen der Welt
gewonnen, und dann kniff Hollywoods Film-Akademie am Ende davor,
einem Schwulenfilm den Hauptpreis zu geben. Was Minderheiten
anbelangt, ist Hollywood in den letzten Jahren offener und diverser
geworden. Diesmal aber ging es um das Reizthema Netflix. Und das ist
längst zur Gretchenfrage der ganzen Filmbranche geworden: wie mit
einem solchen Streamingdienst umgehen? Netflix macht nicht nur dem
Fernsehen, sondern auch dem Kino knallhart Konkurrenz - und schöpft
zugleich Filmfördermittel ab, ohne die klassische Kinoauswertung
einzuhalten. Auf der anderen Seite wird die Filmbranche immer
wageunmutiger, produziert nur noch superteure Comicfilme. Und immer
mehr renommierte Filmemacher wechseln zu Netflix, weil sie sonst
persönliche Herzensprojekte nicht mehr realisieren können. Die
Filmindustrie muss da dringend umdenken - und dass ein mexikanischer,
schwarz-weißer, überlanger Film ohne Stars wie "Roma" mit zehn
Nominierungen einer der beiden Favoriten der Oscar-Nacht wird, war da
ein klares Signal. Aber den Hauptpreis wollten die über 5000
Stimmberechtigten der Academy dann doch nicht dem direkten
Konkurrenten in den Rachen werfen. Hätte ein Netflix-Film das erste
Mal den wichtigsten Oscar gewonnen, hätte das eine Grundsatzdebatte
befeuert, die zwar nach wie vor unbedingt geführt werden muss, aber
jetzt zumindest nicht mit der Dringlichkeit, dass sich die ganze
Branche dem Rivalen an die Brust wirft. Auch sonst schien diese 91.
Oscar-Verleihung seltsam weichgespült. Den Vorwurf, dass der Oscar
zu weiß sei, hat man in diesem Jahr so stark entkräften können, dass
man nun fast wieder fragen muss, ob da nicht politisch zu überkorrekt
gehandelt wurde. Am Ende gingen so ziemlich alle Nebenpreise an
"Black Panther", den ersten schwarzen XL-Blockbuster, weitere
wichtige Oscars aber an "Green Book", der sehr sentimental von der
Freundschaft eines Weißen zu einem Schwarzen handelt, aber doch das
Werk eines weißen Regisseurs ist. Während Spike Lee für seine bittere
Satire "BlacKkKlansman" zwar wiederholt im Saal gefeiert wurde, aber
"nur" den Drehbuchpreis entgegennehmen konnte. "Green Book" war da
doch versöhnlicher. Typisch Hollywood. Die gute Nachricht immerhin:
Die Filmbranche hat sich ausgesöhnt. Die OscarSoWhite- und die
MeToo-Debatte haben Hollywood nachhaltig verunsichert. Die Familie
ist seither mit Ansage größer und bunter geworden und hat zu sich
gefunden. Nach außen stärker aufzutreten und auch ein paar politische
Seitenhiebe auszuteilen, das blieb aber aus - von wenigen Ausnahmen
abgesehen. Offenbar mag man es sich nicht gleich wieder mit allen
verscherzen. Bleibt noch die Zeremonie selbst. Erstmals seit 20
Jahren ging die Verleihung ohne Moderatorin oder Moderator über die
Bühne. Auch das ließ manch klaren Ton vermissen. Es hat die Show aber
auch ziemlich unlustig und langweilig gemacht. Selten konnte man so
klar erkennen, dass der Oscar nichts anderes ist als eine einzige
riesige Werbekampagne für Hollywood. Unterbrochen lediglich von
Werbeclips für andere Produkte.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

675926

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Kollatz vor Tarifverhandlungen zuversichtlich Düsseldorf (ots) - Wenige Tage vor der nächsten Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der Länder hat sich Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) zuversichtlich gezeigt, dass es zu einem Kompromiss kommen wird. "Ich will eine Einigung am Verhandlungstisch erzielen", sagte Kollatz als Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). "Wenn sich beide Seiten aufeinander zubewegen, kann das auch gelingen." Zugleich lehnte Kollatz die Forderungen der Gewerkschaften nach sechs Prozent mehr Geld, mehr...

  • Rheinische Post: Barley will schnell über Aberkennung deutscher Staatsbürgerschaft von IS-Kämpfern entscheiden Düsseldorf (ots) - Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat im Streit mit der Union über die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft von IS-Kämpfern eine schnelle Entscheidung angekündigt. "Ich bin mir mit meinem Kollegen Horst Seehofer einig, dass wir dieses konkrete Vorhaben zeitnah umsetzen werden", sagte sie der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). Auf die erneute Kritik der Union, sie handele hier als Justizministerin zu langsam, betonte Barley, der Bundesinnenminister habe in seinen Gesetzentwurf Regelungen mehr...

  • Rheinische Post: Schuster: Kramp-Karrenbauers Ultima Ratio der Grenzschließung fließt nicht ins Europawahlprogramm ein Düsseldorf (ots) - Die Position von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, wonach im Fall einer neuer Flüchtlingskrise als Ultima Ratio die Grenze geschlossen werden könnte, wird nach Angaben aus der Partei nicht ins Europawahlprogramm aufgenommen. Der CDU-Innenexperte Armin Schuster sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag): "Wir machen ja keine Grenze dicht. Wir wollen auch nicht wie Donald Trump eine neue Mauer bauen. Das Wort Grenzschließung ist nicht fachmännisch und wird deshalb so auch nicht ins Europawahlprogramm mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Vorwürfe gegen NRW-Schulministerin Gebauer - Ministerium vergab Großauftrag an FDP-Spenderin Köln (ots) - Düsseldorf. NRW-Schulminister Yvonne Gebauer (FDP) ist wegen der Vergabe eines Digitalisierungsprojekts an Grundschulen an eine parteinahe Unternehmerin in die Kritik. Wie das Ministerium dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe) bestätigte, wurde ein Vertrag im Wert von 600.000 Euro ohne Ausschreibung mit der Firma Haba Digital abgeschlossen. Die Geschäftsführerin der Firma, Verena Pausder, ist Mitglied im Wirtschaftsforum der FDP. Aus einer Drucksache des Deutschen Bundestags geht hervor, dass die Unternehmerin mehr...

  • NOZ: Rechnungshof: Empfänger von Agrarsubventionen versteuern Gelder nicht ordentlich Osnabrück (ots) - Rechnungshof: Empfänger von Agrarsubventionen versteuern Gelder nicht ordentlich Finanzämtern sind viele der Betriebe nicht bekannt - Grüne fordern Konsequenzen Osnabrück. Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass für Agrarsubventionen vielfach nicht ordnungsgemäß Steuern bezahlt werden. Die Grünen forderten Konsequenzen, berichtet die "Neue Osnabrücker Zeitung". Fraktionsvize Oliver Krischer erklärte, im Zweifelsfall müssten die Zuwendungen ausgesetzt werden. Das Bundesfinanzministerium verwies darauf, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht