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Mittelbayerische Zeitung: Herkulesaufgabe für die Neue / Nur mit knapper Mehrheit zur Vorsitzenden gewählt, muss Annegret Kramp-Karrenbauer beweisen, dass sie wieder Vertrauen und Wahlen gewinnen kan

Geschrieben am 09-12-2018

Regensburg (ots) - Dass ausgerechnet Horst Seehofer jetzt, nach
dem Abgang Angela Merkels als CDU-Vorsitzende, der Kanzlerin höchstes
Lob zollt, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Der CSU-Chef
schwelgt in den höchsten Tönen von Merkels riesigen strategischen und
analytischen Fähigkeiten, von ihrer Standhaftigkeit und Kraft. Es ist
allerdings offenbar genau dieses Anforderungsprofil, das er auch an
die neugewählte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer stellt. Mit
"AKK" könne die Union bei Wahlen wieder 40 Prozent erreichen, meint
Seehofer. Das ist nicht nur eine enorm hohe Messlatte, die der
Oberbayer der neuen Chefin der Schwesterpartei aufstellt, sondern
auch eine Kritik an Merkel, unter der die Union immer weiter
absackte. Kramp-Karrenbauer hat bislang zumindest bewiesen, dass sie
leidenschaftlich kämpfen, dass sie Menschen für sich gewinnen und
netzwerken kann. Ohne ihre wochenlange Zuhör-Tour durch die
CDU-Gliederungen in 15 Bundesländern wäre ihr knapper Sieg auf dem
Hamburger Parteitag kaum möglich gewesen. Doch das ist bereits Schnee
von gestern. Nun jedoch steht eine politische Herkulesaufgabe vor der
Neuen im Konrad-Adenauer-Haus. Sie muss der Partei, die gerade wieder
die Lust am Diskutieren entdeckt hat, neues, schärferes Profil
verleihen. Sie muss Vertrauen - von Mitgliedern und Wählern der CDU -
zurückgewinnen. Vor allem aber wird AKK daran gemessen, ob unter
ihrem Vorsitz Wahlen gewonnen werden können. Mit der Europa-Wahl im
Mai und gleich vier Landtagswahlen stehen im nächsten Jahr wichtige
Prüfungen an. Schneidet die Union dabei gut ab, zahlt das auch auf
das Konto der neuen Parteichefin ein. Setzt sich jedoch der Abschwung
der CDU fort, könnte die Zeit nach Merkel nur eine Episode namens
Kramp-Karrenbauer sein. Bislang jedenfalls vermeidet es die
Saarländerin weitgehend, sich deutlich von ihrer "Ziehmutter" Angela
Merkel politisch-inhaltlich abzusetzen. Es gibt nur vage Andeutungen,
dass Kramp-Karrenbauer etwa in der Flüchtlings- und Migrationspolitik
oder bei der inneren Sicherheit einen anderen Kurs einschlagen will.
Dass sie ein "Werkstattgespräch" zu diesen brisanten Themen
einberufen will, dient wohl eher der innerparteilichen Befriedung
statt wirklich neuer Kursbestimmung. Freilich muss AKK über kurz oder
lang das Korsett, doch nur eine Mini-Merkel zu sein, abstreifen. Das
kann sie auch. Die katholische Saarländerin steht den Konservativen
in ihrer Partei näher, als das Merkel je konnte. Bereits der sich
hochschaukelnde Streit um das Informationsverbot für Abtreibungen
(Paragraf 219a des Strafgesetzbuches) könnte zu einem Lackmustest für
AKK und ihren Einfluss auf die Unionsfraktion werden.
Kramp-Karrenbauer und eine deutliche konservative Mehrheit sind
strikt gegen eine Liberalisierung, eine Minderheit in der Union, der
Koalitionspartner SPD sowie Grüne und FDP sind klar dafür. Es ist zu
erwarten, dass AKK den Lebensschutz und das traditionelle christliche
Familienbild viel stärker in den Mittelpunkt der CDU-Politik rücken
wird, als Merkel das getan hat. Der CSU dürfte das zupass kommen. Auf
der anderen Seite wird es mit der Saarländerin keine Abkehr von der
bisherigen Sozialpolitik der Union geben. Eine bessere Altersvorsorge
für Arbeitnehmer per Aktien, wie es Friedrich Merz empfahl, würde der
bodenständigen CDU-Vorsitzenden wohl nicht im Traum einfallen.
Genauso wichtig ist es jedoch, welche Antworten die "AKK-CDU" auf
verbreitete Sorgen der Menschen im Zusammenhang mit der
Digitalisierung der Arbeitswelt, mit dem Vormarsch von Künstlicher
Intelligenz und Globalisierung gibt. Mit ihrer Wahl hat
Kramp-Karrenbauer auch einen riesigen Rucksack voller Aufgaben auf
den Rücken geschnallt bekommen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

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