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121. Deutscher Ärztetag: Zusammenfassung II #Terminservicestellen #Freiberuflichkeit statt Konzernbildung #Heilpraktiker # Tabakaußenwerbeverbot

Geschrieben am 11-05-2018

Berlin (ots) - Erfurt, 11.05.2018 - Terminservicestellen sind der
falsche Weg, um Wartezeiten auf Arzttermine zu verkürzen. Das betonte
der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt. Mit ihren unangemessen hohen
Kosten entzögen diese Verwaltungsstellen im Gegenteil dem
Gesundheitssystem Mittel, die dann für die Versorgung fehlten. Heute
seien bei den Vertragsärzten Arbeitszeiten von 50 Wochenstunden und
mehr die Regel. Die politische Vorstellung, diese durch ein Gesetz
verlängern zu wollen, sei populistisch und besonders unter
Budgetbedingungen ungeeignet und realitätsfremd. Die Abgeordneten
wiesen darauf hin, dass bereits heute bis zu 25 Prozent der
ärztlichen Leistungen nicht bezahlt würden. Gleichzeitig verwahrt
sich der Ärztetag gegen weitere Bestrebungen, durch sozialrechtliche
Vorgaben den Nachweis zusätzlicher Qualifikationen zur Abrechnung von
ärztlichen Leistungen zu verlangen. Ärzte müssten ihre in der
Facharztweiterbildung erworbenen und in der Prüfung nachgewiesenen
Kompetenzen ausüben und dafür die entsprechende Vergütung erhalten
können, ohne dafür zusätzliche Qualifikationsnachweise erbringen zu
müssen. Außerdem unterstützt der Ärztetag die beim Medizinischen
Dienst der Krankenkassen und des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen beschäftigte Kollegen dabei, ihre vom Gesetzgeber
garantierte Unabhängigkeit bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen
Aufgaben auch gegenüber den Krankenkassen offensiv einzufordern.

Freiberuflichkeit statt Konzernbildung

Mit großer Sorge beobachtet die Ärzteschaft den zunehmenden
Aufkauf von Arztsitzen durch Konzerne. Diese Entwicklung könnte die
Bedürfnisse der Patienten gegenüber den Renditeinteressen der
Konzerne in den Hintergrund drängen. Regionale Monopole schränkten
die freiberuflichen Niederlassungsmöglichkeiten von Ärzten ein. "Das
Gesundheitswesen darf nicht weiter zum profitzentrierten
Gesundheitsmarkt werden", fordert der Ärztetag. Er rief den
Gesetzgeber und die zuständigen Institutionen der Selbstverwaltung
dazu auf, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten und den
freiberuflichen Charakter der ambulanten Versorgung, geprägt von der
eigenen Praxis, zu erhalten.

Behandlungsspektrum von Heilpraktikern einschränken Dagegen
begrüßt der 121. Deutsche Ärztetag das Ansinnen von Union und SPD, im
Interesse der Patientensicherheit das zulässige Behandlungsspektrum
von Heilpraktikern auf den Prüfstand zu stellen. Die Bundesregierung
solle dieses Vorhaben zügig angehen und dabei den ärztlichen
Sachverstand einbeziehen. Besonders dringlich sei es, Heilpraktiker
von invasiven Maßnahmen wie chirurgischen Eingriffen, Injektionen und
Infusionen auszuschließen. Gleiches gelte für die Behandlung von
Krebserkrankungen. "Die moderne, evidenzbasierte Medizin stellt -
anders als dies vor Jahrzehnten bei Erlass des Heilpraktikergesetzes
der Fall war - für viele Krebserkrankungen wirksame
Behandlungsmöglichkeiten bereit. Der Erfolg dieser Behandlungen hängt
oft entscheidend von einem rechtzeitigen Behandlungsbeginn ab",
begründet der Ärztetag seine Forderung. Es könne nicht länger
zugelassen werden, dass auf Basis einer Heilpraktikererlaubnis der
rechtzeitige Beginn einer wirksamen Behandlung verzögert oder
verhindert wird.

Alzheimer-Risiko-Tests nur mit ärztlicher Begleitung Einen
besseren Schutz der Patienten fordert die Ärzteschaft auch in Bezug
auf prädiktive Tests auf das Alzheimer-Risiko. Solche Tests dürften
nicht ohne qualifizierte ärztliche Aufklärung, Beratung und
Begleitung möglich sein. Dies diene insbesondere dazu, die notwendige
Unterstützung bei der Ergebnisinterpretation sowie bei der Ableitung
von Konsequenzen sicherzustellen.

Tabakaußenwerbeverbot endlich umsetzen

In einer weiteren Entschließung fordert das Ärzteparlament die
Bundesregierung auf, dem Deutschen Bundestag den bereits in der
letzten Legislaturperiode vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurf
für ein Verbot der Tabakaußenwerbung zur Abstimmung vorzulegen. Ein
Werbeverbot leiste einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der
Raucherprävalenz und der mit dem Tabakkonsum assoziierten Krankheits-
und Todesfälle.

Vereinfachung der "Vereinbarung zu klinischen Sektionen"
Vereinfachungsbedarf erkannte das Ärzteparlament bei der
"Vereinbarung zu klinischen Sektionen". In der aktuellen Form sei die
Vereinbarung unnötig kompliziert und fördere nicht das
Qualitätssicherungsinstrument Obduktion, heißt es in der
Entschließung. Im Gegenteil werde ein Teil der ärztlichen Ressource
mit völlig unsinniger Kodierungstätigkeit gebunden. Der Zuschlag auf
die Diagnosis Related Group (DRG) in Höhe von 750 Euro sollte aus
Sicht der Ärzteschaft bei jeder Obduktion erteilt werden. Ab
Erreichen einer realistischen Obduktionsquote von zehn Prozent sollte
das Krankenhaus für jede weitere Obduktion einen Zuschlag von 1.200
Euro erhalten. Die Frist für die abschließende Berichterstellung
müsse auf realisierbare vier Wochen erhöht werden. Zentralisierte
Nutzenbewertung ohne Nutzen für Patientinnen und Patienten Mit Blick
auf die jüngsten Initiativen aus Brüssel lehnt der 121. Deutsche
Ärztetag eine Zentralisierung der Bewertung des klinischen Nutzens
von Arzneimitteln und Medizinproduktion innerhalb der Europäischen
Union ab. Gleiches gilt für die damit verbundene Pflicht zur
Übernahme der Bewertungsergebnisse für die Nationalstaaten. "Für das
deutsche Gesundheitswesen ginge ein weiteres Stück Souveränität
verloren", befürchten die Ärztetags-Abgeordneten. Nach Auffassung der
Ärzteschaft wird der dazu von der Europäischen Kommission vorgelegte
Entwurf der methodischen und wissenschaftlichen Komplexität des
Health Technology Assessments (HTA) nicht gerecht. Während ein Nutzen
für die Patientinnen und Patienten nicht erkennbar sei, steigere die
Zentralisierung das Risiko der Einflussnahme der Arzneimittel- und
Medizinprodukteindustrie. Gleichzeitig begrüßte der Ärztetag die
weitere Förderung der Zusammenarbeit der mit HTA befassten
Institutionen in der EU auf freiwilliger Basis. Abgeschlossene
Ausbildung Voraussetzung für den Physician Assistant Die Anbieter des
Studiengangs Physician Assistant fordert der Ärztetag auf, den Zugang
zum Studium nur aufbauend auf einer vorherigen abgeschlossenen
Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf zuzulassen und nicht als
grundständiges Studium anzubieten. Nur der im Konsenspapier
"Physician Assistant - ein neuer Beruf im deutschen Gesundheitswesen"
von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung dargestellte
anerkannte Bachelorabschluss im Anschluss an eine erfolgreiche
dreijährige Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf werde von der
Ärzteschaft als Delegationsberuf akzeptiert.

Qualitätssicherung neu justieren

Darüber hinaus forderten die Abgeordneten vom Gesetzgeber eine
Neujustierung der Qualitätssicherung. In den letzten Jahren sei es
aufgrund der zunehmenden Anforderungen der externen
Qualitätssicherung zu einer Ressourcenverlagerung von der
Patientenversorgung hin zur Dokumentation gekommen. Zusätzliche rücke
das sinnvolle interne Qualitätsmanagement zunehmend in den
Hintergrund. "Der vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz
im Gesundheitswesen (IQTIG) häufig verwendete und gut klingende
Begriff der Patientenzentrierung wird durch die derzeitig im
Wesentlichen auf Indikatoren basierende Qualitätsmessung gerade nicht
erreicht", kritisiert die Ärzteschaft. Das
Bundesgesundheitsministerium solle die überbordenden externen
Qualitätssicherungsmaßnahmen reduzieren, ihren Nutzen bewerten und
Ressourcen vermehrt in die Sicherung von Struktur- und
Prozessqualität lenken.

Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes stärken In einer
weiteren Entschließung hat der Deutsche Ärztetag die Stärkung der
Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD)
gefordert. Bund, Länder und Kommunen müssten als Träger des ÖGD zu
einer tariflich abgesicherten Angleichung der Vergütung an die
arztspezifischen Tarifverträge des Marburger Bundes kommen. Zudem sei
dafür zu sorgen, dass der ÖGD seine Aufgaben im Bereich Prävention
und Gesundheitsförderung gemäß Präventionsgesetz (PrävG) besser
erfüllen könne.

Die 250 Abgeordneten des Deutschen Ärztetages befassen sich bis
Freitag mit gesundheits-, berufs- und sozialpolitischen Themen.
Folgen Sie der Bundesärztekammer und dem Deutschen Ärztetag unter
#daet2018 auch auf Twitter und halten Sie sich über die Diskussionen
auf dem Laufenden. Druckfähige Fotos von der Eröffnungsveranstaltung
des Deutschen Ärztetages stehen unter www.aerzteblatt.de/bildservice
zum kostenlosen Download zur Verfügung.



Pressekontakt:
Bundesärztekammer
Stabsbereich Politik und Kommunikation
Herbert-Lewin-Platz 1
10623 Berlin

Tel. 030-400456700
Fax. 030-400456707
presse@baek.de
www.baek.de

Original-Content von: Bundesärztekammer, übermittelt durch news aktuell


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