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Rheinische Post: Kommentar: Die schwere Last der "Sowohl als auch"-Partei

Geschrieben am 19-01-2018

Düsseldorf (ots) - In Bonn schreiben Sozialdemokraten gerne
Geschichte. 1959 begründeten sie im heutigen Stadtteil Bad Godesberg
ihr wegweisendes Programm einer Mitte-links-Regierungspartei. Einer
Partei, die sich für den mittleren Weg und nicht für den
Fundamentalismus entschied. Konsens statt Klassenkampf.
Marktwirtschaftliche Ordnung statt Milieusozialismus. Bündnistreue
zum Westen und Partnerschaft mit dem Osten. Raus aus dem "Turm der
Traditionskompanie" (Ernst Reuter), rein in die Verantwortung für das
Ganze. Links, aber mit gesundem Menschenverstand, könnte man das
Godesberger Programm auch zusammenfassen. Willy Brandt forderte von
seiner Partei später, dass sie die Partei des "donnernden
Sowohl-als-auch" bleiben müsse. Godesberg ebnete den Weg zur Macht.
1957 lag die Union 19 Prozentpunkte vor der SPD, 1961 nur noch neun.
1966 regierten die Genossen mit, 1969 stellten sie mit Willy Brandt
den Bundeskanzler. Auch morgen in Bonn geht es wieder um die
Mehrheitsfähigkeit. Viele Sozialdemokraten wollen gestalten, für
Europa Ideen entwickeln, die Rahmenbedingungen für eine digitale
Arbeitswelt entwerfen, eine gerechte Verteilung der Chancen im Land
erreichen und neue soziale Härten abfedern. Nicht alles ist in den
Sondierungspapieren zu finden. Aber von der Auswechselbank aus kann
man ein Spiel nicht drehen. In den Beschlüssen stecken Kernelemente
des SPD-Wunschzettels, von der Grundrente über den Rechtsanspruch auf
Ganztagsbetreuung bis zur Rentenniveaustabilisierung. Da muss man als
Groko-Gegner schon gut argumentieren. Wenn sich die SPD angesichts
dieser aus der Sicht ihrer Klientel ja erkennbaren
Verhandlungserfolge nun konkreten Koalitionsgesprächen mit der Union
widersetzt, wird sie bei den anstehenden Wahlen in Bayern, Hessen und
bei der Europawahl 2019 kaum zulegen. Ein Juso-Funktionär mag die
reine Lehre fordern, einem SPD-Wähler ist 20 Prozent
sozialdemokratische Politik immer noch lieber als 0 Prozent. Ob eine
erneute Groko gut für das Land ist, wird sich zeigen müssen. Dass
dieses Bündnis aber den wichtigen EU-Konsens vorantreiben, in der
Familienpolitik Akzente setzen und Investitionen in Bildung und
Digitales steigern kann, darf erwartet werden. Das ist keine Vision,
keine Agenda 2030, aber auch nicht nichts. Das eigentliche Problem in
der SPD ist doch der Vertrauensverlust der Anhänger in ihre Führung,
in Martin Schulz. Der Scharfmacher gegen die Groko ist jetzt ihr
Maskottchen. Das erzeugt wenig Nestwärme. Die Dynamik eines
Parteitags könnte einen Weg finden, der Schulz' Abschied einläutet
und trotzdem die Groko möglich macht.

www.rp-online.de



Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621

Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell


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