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Jahresbericht 2016/2017 der Prüfungskommission und der Überwachungskommission zur Prüfung der Herz-, Lungen-, Leber-, Nieren- und Pankreastransplantationsprogramme vorgelegt

Geschrieben am 06-12-2017

Berlin (ots) - Die für die Prüfung der Transplantationszentren
zuständigen Kontrollgremien haben eine positive Zwischenbilanz ihrer
zweiten Prüfperiode gezogen. Für die allermeisten Kliniken sei es
selbstverständlich, sich an die Richtlinien für die Organvergabe zu
halten, betonten die Vorsitzenden von Prüfungskommission und
Überwachungskommission in gemeinsamer Trägerschaft von
Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft und
GKV-Spitzenverband bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2016/2017
in Berlin. "Wir werden auch künftig jeder Unregelmäßigkeit nachgehen,
um so das Vertrauen in die Organspende weiter zu stärken", sagte
Prof. Dr. med. habil. Dr. h.c. Hans Lippert, Vorsitzender der
Überwachungskommission. Lippert dankte insbesondere den
Landesministerien, die als Aufsicht der Transplantationszentren
verbindlich in die Kontrollen einbezogen sind. "Wir arbeiten in der
Regel eng mit den Ministerien zusammen, um einen schnellen und
umfassenden Informationstransfer zu ermöglichen." Seit dem Jahr 2012
nehmen Prüfungskommission und Überwachungskommission in
3-Jahres-Abständen verdachtsunabhängige Prüfungen aller
Transplantationsprogramme vor. In diesem Jahr haben die Kommissionen
59 Transplantationsprogramme auf der Basis der Krankenakten von mehr
als 1.900 Empfängern postmortal gespendeter Organe aus den Jahren
2013 bis 2015 überprüft. "Prüfgegenstand ist unverändert die Frage,
ob bei den Anmeldungen zur Warteliste und insbesondere bei den
Hochdringlichkeitsanträgen an Eurotransplant gegen die Richtlinien
der Bundesärztekammer für die Wartelistenführung und die
Organvermittlung verstoßen wurde", erläuterte die Vorsitzende der
Prüfungskommission, Vorsitzende Richterin am Kammergericht i. R.
Anne-Gret Rinder.

Wie aus dem Jahresbericht von Prüfungskommission und
Überwachungskommission hervorgeht, haben sich bei den abgeschlossenen
Verfahren im Bereich der Nieren-, Pankreas- und kombinierten
Nieren-Pankreastransplantationen sowie der Lungentransplantationen
keine Auffälligkeiten ergeben. Auch die bereits abgeschlossenen
Prüfungen der Herz- und der Lebertransplantationsprogramme
bestätigen, dass der ganz überwiegende Teil der Zentren ordnungsgemäß
und korrekt arbeitet. Auffälligkeiten stellten die Kommissionen
lediglich in den Universitätskliniken Berlin, Göttingen und Essen
fest.

Bei der bereits früher begonnenen und im Berichtszeitraum
abgeschlossenen Prüfung des Herztransplantationsprogramms des
Deutschen Herzzentrums Berlin mussten Richtlinienverstöße beanstandet
werden. Das betroffene Transplantationszentrum hatte auf diese
Verstöße bereits zu Beginn der Prüfung hingewiesen und diese auf
eigene Initiative der zuständigen Staatsanwaltschaft und dem
zuständigen Ministerium gemeldet. Es konnte darüber hinaus
festgestellt werden, dass von Frühjahr 2014 an keine Anhaltspunkte
mehr für systematische Verstöße oder Manipulationen vorlagen. Auch
bei der ebenfalls bereits früher begonnenen und in diesem
Berichtszeitraum abgeschlossenen Prüfung des
Lebertransplantationsprogramms des Universitätsklinikums Göttingen
stellten die Experten systematische Richtlinienverstöße fest. Hierbei
ging es u. a. um die Abklärung der Alkoholkarenz bei alkoholbedingter
(äthyltoxischer) Leberzirrhose bis zum Jahre 2011. Es wurde jedoch
deutlich, dass sich das Zentrum nach der Prüfung in der letzten
Prüfungsperiode von 2013 an im Wesentlichen richtlinienkonform
verhalten und auch Fehler aus der Vergangenheit korrigiert hat. Für
die nachfolgenden Jahre stellten die Kommissionen daher keine
Anhaltspunkte mehr für systematische Richtlinienverstöße fest. Auch
bei der bereits früher begonnenen und im Berichtszeitraum
abgeschlossenen Prüfung des Lebertransplantationsprogramms des
Universitätsklinikums Essen mussten die Prüfer systematische
Richtlinienverstöße beanstanden. Hierbei handelte es sich um Verstöße
gegen die Ausnahmeregelung zur Anmeldung auf die Warteliste bei
Vorliegen eines Leberkrebses (hepatozelluläres Karzinom). Zum anderen
wurde hier ebenfalls die Frage der Alkoholkarenz bei äthyltoxischer
Leberzirrhose nicht ausreichend abgeklärt. Weiterhin stellten die
Kommissionen in erheblichem Umfang Verstöße gegen die Regeln des
beschleunigten Vermittlungsverfahrens (sog. Rescue-Allocation) fest.
In diesem Zusammenhang hatte das Zentrum auch gegen die Verpflichtung
verstoßen, die Gründe für die Auswahlentscheidung zu dokumentieren.
Mit Blick auf die in den Richtlinien geforderte sechsmonatige
Alkoholkarenz der Patienten teilte Rinder mit, dass die noch
ausstehenden Prüfungen fortgesetzt werden. Zwar gehe die Entscheidung
des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2017 davon
aus, dass der "strikte Ausschluss" von der Warteliste vor Ablauf von
sechs Monaten unter anderem die Ermächtigungsnorm von § 16 Abs. 1 TPG
überschreite und daher nicht strafrechtsbegründend sei. Die Aussage
des Senats beziehe sich jedoch auf eine Regelung, die zum Zeitpunkt
der angeklagten Regelverstöße gültig gewesen, aber bereits vor zwei
Jahren geändert worden sei. Bis August 2015 schrieb die Richtlinie
eine sechsmonatige Alkoholkarenz als strikte Voraussetzung einer
Aufnahme in die Warteliste vor. Seither gilt eine vom
Bundesministerium für Gesundheit genehmigte Neufassung, die eine
Ausnahmeregelung vorsieht. Die Kommission stehe deshalb weiterhin in
der Pflicht, die Alkoholkarenz der Patienten unter besonderer
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und damit die
Einhaltung der Richtlinie zu überprüfen. Prof. Dr. jur. Hans Lilie,
Vorsitzender der Ständigen Kommission Organtransplantation der
Bundesärztekammer, betonte ausdrücklich die Bedeutung des Urteils des
Bundesgerichtshofs: "Die Richtlinien der Bundesärztekammer sind nach
den Ausführungen des Bundesgerichtshofs eine Form exekutiver
Rechtsetzung." Lilie hob hervor, dass es bereits seit 2013
strafbewehrt verboten sei, bei der Meldung an Eurotransplant den
Gesundheitszustand eines Patienten unrichtig zu erheben, zu
dokumentieren oder einen unrichtigen Gesundheitszustand zu
übermitteln, um Patienten zu bevorzugen. "Wer gegen dieses Verbot
verstößt, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren
bestraft werden", so Lilie. Er erinnerte daran, dass die
Bundesärztekammer bereits unmittelbar nach dem Göttinger
Transplantationsskandal im Jahr 2012 eine Gesamtrevision der
Richtlinien zur Organtransplantation eingeleitet hat. "Vor dem
Hintergrund des Urteils des 5. Strafsenats sind die Bundesärztekammer
als Richtliniengeberin, die Trägerorganisationen der
Prüfungskommission, das Bundesministerium für Gesundheit sowie die
Obersten Landesgesundheitsbehörden übereinstimmend der Auffassung,
die Gesamtrevision verstärkt fortzusetzen und alle Richtlinien für
die Wartelistenführung und Organvermittlung strukturiert einer
systematischen Aktualisierung zu unterziehen", so Lilie. Prof. Dr.
jur. Ruth Rissing-van Saan, Leiterin der Vertrauensstelle
Transplantationsmedizin, gab einen Überblick über die Arbeit der
Vertrauensstelle. Deren Aufgabe ist es, auf vertraulicher Basis
Hinweise auf Auffälligkeiten im Bereich der Organspende und der
Organtransplantation entgegenzunehmen und in Kooperation mit der
Prüfungskommission und der Überwachungskommission zu klären. Die
Vertrauensstelle ist ein von den Strafverfolgungsbehörden
unabhängiger Ansprechpartner vor allem für Patienten und deren
Angehörige sowie für alle interessierten Bürger. "Im vergangenen Jahr
sind insgesamt 35 Eingaben bei der Vertrauensstelle eingegangen",
berichtete Rissing-van Saan. Neben anonymen Anfragen sei die
Vertrauensstelle auch von Beschäftigten in Transplantationszentren
sowie von anderen in das Transplantationsgeschehen eingebunden
Stellen kontaktiert worden. "Immer häufiger gehen bei uns aber auch
Fragen zur Lebendspende und zur medizinischen Versorgung von
Flüchtlingen und Asylbewerbern ein. Bei den Eingaben zur Lebendspende
geht es häufig um Fragen zu Kostentragung für Rehabilitations- und
Anschlussheilbehandlungen sowie Entschädigungen für den
Verdienstausfall des Spenders", sagte Rissing-van Saan. Abschließend
appellierte Lippert an die Zentren, ihre Patienten über das
Transplantationsregister, das gerade errichtet wird, zu informieren
und gemäß den gesetzlichen Vorgaben aufzuklären. "Wir alle haben das
Transplantationsregister gewollt und müssen nun auch dafür Sorge
tragen, dass es erfolgreich umgesetzt werden kann", forderte Lippert.

Die Presseunterlagen können im Internet unter
www.bundesaerztekammer.de/pkpruefergebnisse2017 abgerufen werden.



Pressekontakt:
DKG: Joachim Odenbach, Tel.: 030 - 3 98 01 1021
GKV Spitzenverband: Florian Lanz, Tel.: 030 - 2062884200
BÄK: Alexander Dückers, 030 - 4004 56 700

Original-Content von: Bundesärztekammer, übermittelt durch news aktuell


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