(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: "Mittelbayerische Zeitung" (Regensburg) zu Holocaust-Gedenktag:

Geschrieben am 27-01-2017

Regensburg (ots) - Provokationen, Hetze, Tabubrüche, systematische
Eskalation: Völlig ungeniert ziehen AfD-Politiker vom Schlage des
Rechtsauslegers Björn Höcke alle Register, um den Hass wieder
gesellschaftsfähig zu machen. Wie gefährlich das ist, zeigt aktuell
der starke Anstieg antisemitischer Straftaten in Bayern. Spätestens
jetzt müssten alle Alarmglocken schrillen. Rechtzeitig vor dem
Holocaust-Gedenktag am 27. Januar meldete sich der Ober-Ideologe der
neuen Rechten mit Parolen zurück, die man in dieser Vehemenz lange
nicht gehört hat. Höcke beklagt die "dämliche Bewältigungspolitik"
der Deutschen. Er fordert eine "erinnerungspolitische Wende um 180
Grad". Er bezeichnet das Berliner Holocaust-Denkmal als Schande.
Nein, Herr Höcke! Nicht das Denkmal ist eine Schande, sondern der
Holocaust, bei dem sechs Millionen Juden von den Nazis ermordet
wurden. Der gelernte Geschichtslehrer Höcke will nicht nur die
Erinnerung an Auschwitz ausradieren. Er betreibt auch noch eine
Täter-Opfer-Umkehr. Es wäre ein fataler Fehler, die rechten Sprüche
als Einzelmeinung abzutun. Viele innerhalb und außerhalb der AfD
bejubeln Höcke für solche Aussagen. Nach seiner Dresdner Rede gewann
die Partei in der Wählergunst hinzu. Das ist ein klarer Hinweis
darauf, dass eine Mehrheit der AfD-Anhänger rechtsradikale Positionen
teilt. Die AfD liefert im bürgerlichen Mäntelchen die ideologische
Munition, die das rechte Fußvolk anstachelt. Es rekrutiert sich aus
Tausenden Neonazis, NPD-Mitgliedern, Reichsbürgern oder, wie wir seit
neuestem wissen, keltischen Druiden - Gruppen, die unverhohlen zum
Kampf gegen den Staat aufrufen und die zum Teil bis an die Zähne
bewaffnet sind. Zum Feindbild der Rechtsextremisten zählen Juden,
Ausländer, Polizisten und Politiker des sogenannten Establishments -
personifiziert durch Kanzlerin Angela Merkel. Die
Schlussstrichdebatte ist nichts Neues. Seit Jahrzehnten ertönt die
Forderung, die Geschichte einer Revision zu unterziehen und die
Diskussion über die NS-Vergangenheit zu beenden. "Wir haben genug
gebüßt, wir haben genug gezahlt, wir wollen nicht ewig die
Sündenböcke sein," lautet das Mantra. Geschichte kennt jedoch keinen
Schlussstrich. Auschwitz ist Teil der deutschen Vergangenheit. Wer
die Erinnerung daran auslöschen will, fordert Geschichtsfälschung.
Beim Gedenken an die Befreiung der Konzentrationslager geht es nicht
nur darum, die Erinnerung an das größte Menschheitsverbrechen
wachzuhalten. Die Botschaft lautet auch, dass sich so etwas nie
wiederholt. Dazu bedarf es einer Erinnerungskultur, die gepflegt
werden muss - zumal die Ära der Zeitzeugen zu Ende geht. Neu an der
aktuellen Debatte um die Erinnerungspolitik ist, dass es mit der AfD
erstmals einer Partei im Nachkriegsdeutschland gelingt, rechte
Parolen in zweistellige Wahlergebnisse umzumünzen. Dadurch entsteht
ein gefährlicher politischer und gesellschaftlicher Brandsatz, zumal
die Vorsitzende Frauke Petry in gewohnter Manier agiert: Sie
bezeichnete Höckes Äußerungen als "Sprengstoff für die Partei". Fast
im selben Atemzug forderte sie, das Grundrecht für Asyl abzuschaffen.
Es entspricht dem AfD-Muster: ein Tabu brechen, vorsichtig auf
Distanz gehen - und dann noch einmal draufhauen. Auch die gelernte
Chemikerin Petry zeigt Geschichtsvergessenheit. Hier sei sie an eines
erinnert: Die Väter des Grundgesetzes haben das Asylrecht nicht aus
"Gutmenschentum" in die Verfassung geschrieben - sondern wegen der
Nazi-Gräuel. Vor wenigen Jahren wäre es schwer vorstellbar gewesen,
dass ein Holocaust-Gedenktag derart von der Diskussion über eine neue
braune Gefahr überlagert wird. Heute erleben wir, dass sich die
Höckes der Republik immer mehr herausnehmen und dass es ihnen
gelingt, Minderheiten zu stigmatisieren. Der 27. Januar 2017 sollte
daher ein Signal an alle Demokraten geben: Durch Deutschland muss ein
Ruck gegen Rechts gehen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

607374

weitere Artikel:
  • Stuttgarter Zeitung: SPD fordert Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zum Skandal in der Kaserne Pfullendorf Stuttgart (ots) - Im Skandal um Misshandlungen in einer Pfullendorfer Ausbildungskaserne rügt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, die Kommunikationsstrategie von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). "Wieder einmal wurde das Parlament nicht rechtzeitig informiert, obwohl die Fakten schon seit einiger Zeit bekannt waren", sagte Arnold der "Stuttgarter Zeitung"/den "Stuttgarter Nachrichten" (Montagausgabe). Arnold und die anderen Obleute des Verteidigungsausschusses sind mehr...

  • Der Tagesspiegel: Asselborn verurteilt US-Einreisestopp für Muslime Berlin (ots) - Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat den von US-Präsident Donald Trump verfügten Einreisestopp für Personen aus sieben muslimischen Ländern scharf kritisiert. "Die muslimische Welt wird damit vom amerikanischen Präsidenten in Gut und Böse eingeteilt", sagte Asselborn dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Die Entscheidung ist auch schlecht für Europa, weil sie in der muslimischen Welt den Argwohn und den Hass gegenüber dem Westen noch verstärken wird", sagte Asselborn weiter. Der vollständige Artikel unter: http://www.tagesspiegel.de/politik mehr...

  • Der Tagesspiegel: Kauder warnt Gabriel vor Wahlkampf im Außenamt Berlin (ots) - Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) erwartet vom neuen Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) vollen Einsatz für sein Amt. "Die Welt ist zu kompliziert, als dass ein Außenminister sich in erster Linie auf den Wahlkampf konzentrieren kann", sagte Kauder dem "Tagesspiegel am Sonntag". 2017 sei "ein Jahr, in dem man verdammt aufpassen muss, dass sich die Welt in vielerlei Hinsicht nicht in die falsche Richtung entwickelt". Das erfordere "durchgängig harte Regierungsarbeit" und einen "starken Einsatz des Außenministers, mehr...

  • Der Tagesspiegel: Kauder schließt EU-Strafzölle gegen USA nicht kategorisch aus Berlin (ots) - Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) schließt Strafzölle der Europäischen Union als letztes Mittel gegen US-Handelsbeschränkungen nicht aus. "Europa muss sich einig sein, Donald Trump davon abzubringen, den freien Welthandel einzuschränken", sagte Kauder dem "Tagesspiegel am Sonntag". Er setze dabei auf ein ernsthaftes Gespräch mit dem US-Präsidenten, weil gegenseitige Drohungen in der Regel nicht weiterführten. "Wir werden unsere Gesprächspartner in den USA daran erinnern, dass Autos in Amerika nicht billiger, mehr...

  • Der Tagesspiegel: Politik zweifelt an KBA-Präsident Ekhard Zinke Berlin (ots) - Der Präsident des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA), Ekhard Zinke, sieht sich nach seinem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages massiver Kritik von Verkehrspolitikern ausgesetzt. "Herr Zinke sollte sich fragen, ob er der Richtige an der KBA-Spitze ist, um den notwendigen Kulturwandel seiner Behörde voranzutreiben", sagte Stephan Kühn, Grünen-Verkehrspolitiker und Mitglied im Ausschuss, dem "Tagesspiegel" (Sonntagausgabe). "Mein Eindruck ist, dass Herr Zinke nicht so in die Strategie seiner Behörde eingebunden mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht