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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Trump: Nach dem Ende der Welt von Christian Kucznierz

Geschrieben am 09-11-2016

Regensburg (ots) - Wenn ein Popsong das Gefühl am Morgen nach der
US-Wahl zusammenfassen könnte, es wäre am ehesten "It's the End of
The World as We Know It" der US-Band R.E.M. Tatsächlich scheint nach
der Wahl von Donald Trump zum Nachfolger von Barack Obama, nach
seinem Sieg über Hillary Clinton, die Welt, die wir kennen, ein
abruptes Ende genommen zu haben. Keiner hatte diesen Sieg auf dem
Schirm. Keiner hat ernsthaft glauben wollen, dass die Amerikaner
wirklich diesen Mann, diesen Populisten, Frauenfeind und
Fremdenhasser zu ihrem Präsidenten wählen würden. Kein Wahlexperte
und kein Analyst haben bedacht, dass die schweigende Mehrheit
existiert, die Trump ins Weiße Haus getragen hat. Aber so ist es nun
einmal. Die Wähler haben gesprochen. Aber auch auf Trump, den
Vielversprecher, wartet ein Gegner, dessen Argumente er nicht vom
Tisch wischen kann. Der Name dieses Gegners lautet Realität. Was hat
dieser Mann seinen Wählern alles versprochen? Von der Mauer an der
Grenze zu Mexiko angefangen lauter Dinge, deren Umsetzung in den
Sternen steht. Trump hat die Populistenkarte gespielt, und wie jeder
Populist wird er die Lieferung schuldig bleiben. Seine Wähler werden
das bald feststellen. Eine erste Ahnung haben sie schon bekommen,
wenn sie Trumps Siegesrede gehört haben. Spaltungen wolle er, der
Spalter, überwinden, Partner anderer Staaten sein, kündigt der
Isolationist an. Das klingt nach einem anderen Kandidaten als dem,
der auf den Bühnen der Wahlkampfveranstaltungen und den vor den
Kameras der TV-Duelle zu hören und zu sehen war. Wenn man es gut
meint mit dem künftigen Präsidenten, könnte man sagen, er habe im
Angesicht seines Triumphes erstmals die Last des Amtes gespürt, das
ihm immer eine Nummer zu groß sein wird. Und dass er angesichts
dessen erkannt hat, dass er sich ändern muss. Zumindest im Ton und im
Auftreten. Trumps härtester Gegner ist die Tatsache, dass auch das
angeblich mächtigste Land der Welt nicht mehr allmächtig ist. Dass es
andere, wirtschaftlich stärkere, militärisch mindestens ebenso
potente Mächte gibt. Dass sein Slogan "Make America great again" gut
gemeint ist, dass aber ein großartiges Amerika nicht mit den Formeln
realisiert werden kann, die Trump im Sinn hat. Das großartige Amerika
von 1980 ist Geschichte. Zurück geblieben ist ein Land, das unter
Barack Obama auf dem Weg der Erneuerung war. Wollte er ein
großartiges Amerika, dann müsste Trump den von Obama begonnenen Weg
fortsetzen. Selbst wenn der scheidende Präsident viele seiner
Versprechen nicht erfüllen konnte: Die Vereinigten Staaten waren
dabei, sich mit den wirtschaftlichen und ökologischen Folgen der
Globalisierung und dem gesellschaftlichen Wandel zu arrangieren.
Trump wird bald merken, dass die USA keine Insel sind, in deren
Höhlen unermessliche Reichtümer schlummern. Sondern dass es verarmt,
verunsichert und auf Partner auf der ganzen Welt angewiesen ist. Der
bedrohliche Riese Trump wird über kurz oder lang auf höchstens
Normalgröße schrumpfen. Dafür werden die Nöte und Sorgen, die in den
USA herrschen, auf der einen Seite sorgen. Auf der anderen stehen die
Herausforderungen auf internationaler Ebene. Letzterem mag er sich
zumindest eine Zeit lang verschließen können. Ersterem nicht. Weil
ihn die Menschen, die ihn wählten, weil sie arm und perspektivlos
sind, daran sehr bald erinnern werden. Die Schrumpfung des Donald
Trump wird dauern, weil er selbst sich dagegen wehren wird. Auf dem
Weg wird er vieles zerstören, was gut und wichtig ist. Die
Gesundheitsfürsorge in den USA. Die Gleichheitsrechte. Die
Beziehungen zu Partnern. Das wird nicht das Ende der Welt sein. Aber
danach ist sie eine andere, und sicher keine bessere.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

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