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Mittelbayerische Zeitung: Höchste Alarmstufe / Das Rennen um die Präsidentschaft wird geprägt vom Thema Terror. Dem Land droht ein Bruch.

Geschrieben am 08-11-2016

Regensburg (ots) - Die Franzosen standen nach den Attentaten des
13. November noch unter Schock, als Präsident François Hollande den
Ausnahmezustand erklärte. Dann patrouillierten schwer bewaffnete
Polizisten und Soldaten durch die Straßen. Worte wie
Personenkontrolle, Hausdurchsuchungen oder mögliche Ausgangssperren
gehörten plötzlich zur Alltagssprache. Aus den zunächst erklärten
zwölf Tagen Ausnahmezustand wurden Monate und nun ein ganzes Jahr.
Dieses Jahr hat Frankreich verändert. Wer durch das Land fährt, hat
das Gefühl, dass sich ein Bruch vollzieht. Der in Frankreich sehr
bekannte Soziologe Gilles Kepel hat gerade ein Buch veröffentlicht,
das genau diesen Titel trägt. Der Bruch. Es ist ein Weckruf, der das
politische Führungspersonal unseres Nachbarlandes in höchste
Alarmbereitschaft versetzen sollte. Denn die französische
Gesellschaft ist im zerstörerischen Zangengriff zwischen
dschihadistischem Terror und identitärem Rechtsextremismus. Bislang
ist noch keine Antwort gefunden, wie sie sich daraus befreien kann.
Die Politik in Frankreich ist nach rechts gerückt. Das wird sich bei
der Präsidentschaftswahl 2017 widerspiegeln. Die meisten Beobachter
rechnen fest damit, dass Marine Le Pen für den rechtsextremen Front
National (FN) in die zweite Runde einzieht. Die Linke wird
größtenteils abgeschrieben. Die Alternative in der Stichwahl wird
demnach der Kandidat sein, der sich im bürgerlich-konservativen Lager
durchsetzt. Die Vorwahlen finden Ende November statt und gelten als
vorgezogene Präsidentschaftswahl. Das heißt, entweder läuft es auf Le
Pens populistisches Ebenbild Nicolas Sarkozy hinaus oder der
ehemalige Premierminister Alain Juppé, der als Vernunftmensch und
Wirtschaftsreformer gilt, macht das Rennen. Sarkozy tritt mit einem
Programm an, dass dem FN sehr nahe kommt. Er teilt die Parolen um
innere Sicherheit, lasche Grenzkontrollen und zu viele Ausländer.
Seine Antwort auf die Frage der Terror-Prävention: weitere
Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten. Eine lange Analyse findet
bei Sarkozy nicht statt. Er müsste sich schließlich auch mit eigenen
Fehlern auseinandersetzen. Denn das Gefühl, nicht dazu zu gehören,
das bei vielen muslimischen Bewohnern der französischen Vorstädte
anzutreffen ist, hat Sarkozy als Innenminister und Präsident
geschürt. Genau dieses Gefühl war eine Voraussetzung für den Erfolg
der Propaganda radikaler Islamisten. Ein weiterer Aspekt ist die
schlechte Wirtschaftslage. Juppé will harte Einschnitte vornehmen und
beispielsweise die 35-Stunden-Woche kippen. Schon seit Jahren ist die
Arbeitslosigkeit hoch. Auch hier sind die Menschen in den Vororten
besonders stark betroffen - in besonderem Maße die muslimischen
Jugendlichen. Sie waren die Leidtragenden eines Systemversagens. Denn
ihre Eingliederung über den Weg der Ausbildung hat vielfach nicht
funktioniert. Selbst wenn sie gute Abschlüsse hatten, fanden sie in
großer Zahl keine Anstellung. Deshalb verloren auch die linken
Parteien, die mit dem Thema der Umverteilung für diese Jugendlichen
zunächst attraktiv waren, an Zuspruch. Die soziale Ausgrenzung führte
zu einer Rückbesinnung auf die eigene Herkunft und Religion wurde in
den Vorstädten ein riesiges Thema. Das Systemversagen benennt aber
derzeit nur ein französischer Politiker, der zwar als Kandidat hoch
gehandelt wird, aber noch gar nicht erklärt hat, ob er antreten wird:
Emmanuel Macron. Der Ex-Wirtschaftsminister könnte die Wahl
aufmischen. Seine Kandidatur wäre gut, weil mit ihm eine
Systemdebatte unüberhörbar geführt werden müsste, die ein wichtiger
Schritt wäre, um Terror-Prävention in Frankreich voranzutreiben.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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