(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Türkei

Geschrieben am 06-11-2016

Bielefeld (ots) - »Cumhuriyet«, gesprochen: Tshumm-vur-i-hätt,
heißt auf Deutsch »Republik«. Dieser wunderbare 92 Jahre alte
Zeitungstitel ist der letzte Dorn im Auge des türkischen Präsidenten
Recep Tayyip Erdogan. Er will sich seine großtürkischen Visionen
durch nichts eintrüben lassen. Nach der Schließung von 165
Zeitungsredaktionen, Radio- und TV-Stationen erstickt der Pascha
jetzt auch das international beachtete Aushängeschild einst freier
Berichterstattung in der Türkei. Der Gegenputsch von oben nach einem
angeblichen Angriff der Gülen-Bewegung von innen hat 110.000
Bedienstete hinter Gittern gebracht. Die kommende Abstimmung über die
Einführung der Todesstrafe ist nur noch eine Formsache. Dann hat
Erdogan es geschafft. Die Pressefreiheit ist tot, die Demokratie
missbraucht, die Gewaltenteilung ausgehebelt und eine
Präsidialdiktatur auf Lebenszeit nicht mehr aufzuhalten. Was
Bundespräsident Joachim Gauck noch in Frageform formuliert, ist
längst Fakt: Diese Politik ist die endgültige Abkehr vom Weg in
Richtung Europa. Deutschland kann den Flüchtlingsdeal abhaken und die
EU ihre Akten über Beitrittsgespräche ins Archiv räumen. Vor allem
aber muss das große Geschichtsbuch über demokratisch gewählte
Herrscher, die sich einen Staat unter den Nagel reißen, um ein
unrühmliches Kapitel ergänzt werden. Es sind eben nicht nur
afrikanische Kleptokraten wie ein Robert Mugabe in Simbabwe oder
einstige Revolutionsführer wie Daniel Ortega in Nicaragua, die sich
Land und Volk zur Beute machen. Es ist nach Russlands Wladimir Putin
jetzt auch der türkische Präsident, der die Staatsverfassung mit
Füßen tritt und gewählte Abgeordnete kriminalisiert. Für Kritiker
gibt es Knüppel, an Außenpolitik herrscht kein Interesse im Staate
Erdogan. Denn nach innen braucht er überhöhten Nationalismus, Stolz
und Opferlegenden zur Stabilisierung des Ganzen. Deshalb beschuldigt
Erdogan Deutschland, es fördere Terrorismus und drangsaliere
türkische Staatsbürger. Sein Ministerpräsident und AKP-Chef Binali
Yildirim dröhnt: »Ihr habt uns nichts über Pressefreiheit
beizubringen.« Die Bundesregierung steht dem relativ hilflos
gegenüber, weil sie de facto Ankara nicht bremsen kann, vor allem
aber auch, weil sie gar nicht gemeint ist. All diese Kraftsprüche
sind nach innen gerichtet, ganz egal wie viel außenpolitisches
Porzellan dabei zerschlagen wird. Die westlichen Staaten können nur
noch ohne die Türkei planen. Das heißt, jenseits aller Diplomatie
finden Trennung und Abschottung statt. Wir können uns auf mehr
politische Flüchtlinge aus dem Reich Erdogans einstellen und müssen
die Frage stellen, ob die Türkei wirklich noch ein sicheres Drittland
ist.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

602314

weitere Artikel:
  • RNZ: "Die Zögerliche" - Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) zu Bundespräsident/Nachfolge Heidelberg (ots) - Die Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) kommentiert die Kandidatensuche für Schloss Bellevue: "Langsam wird sie peinlich für Merkel, die Bundespräsidentendebatte. Unnötigerweise. Erst durch ihr Zögern, ihr fruchtloses taktisches Lavieren wertete die Kanzlerin diese Postenfrage auf. Richtig: Es geht um das höchste Amt im Staat. Der künftig Hausherr, die künftige Hausherrin in Schloss Bellevue ist nicht bloß der Grüß-Onkel der Nation, der ab und an eine große Rede halten darf. Aber, und das wird gerade vergessen: mehr...

  • Rheinische Post: Ein Lob für den "Idiotentest" Kommentar Von Reinhard Kowalewsky Düsseldorf (ots) - Wenn sich im vergangenen Jahr mehr als 90.000 Bürger der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) stellen mussten, dann ist dies erst einmal eine gute Nachricht: Der Staat muss notorische Alkoholsünder, Rüpel am Steuer oder Konsumenten von Drogen genau unter die Lupe nehmen. Den Führerschein sollten nach schweren Vergehen nur diejenigen wiederbekommen, die glaubhaft machen, dass sie sich gebessert haben. Sie müssen auch frühere Fehler einsehen. Dabei ist es ein guter Trend, wenn immer mehr Fahrer die schwierige mehr...

  • BERLINER MORGENPOST: Berliner Entschleunigung / Leitartikel von Christine Richter zu rot-rot-grüner Verkehrspolitik Berlin (ots) - Es geht um das Miteinander im Straßenverkehr, das hopplahopp zugunsten der Radfahrer verschoben werden soll. In einer wachsenden Stadt müssen die politisch Verantwortlichen reagieren - mehr Straßenbahnzüge oder U-Bahnzüge einsetzen, auch gute Radwege bauen, wenn immer mehr Menschen auf das Rad umsteigen. In einer wachsenden Stadt sollten politisch Verantwortliche aber keine einseitige Politik für eine Gruppe machen und die anderen - in diesem Fall die Autofahrer - bluten lassen. In einer so großen Stadt wie Berlin mehr...

  • Rheinische Post: Amerikanisches Trauma Kommentar Von Michael Bröcker Düsseldorf (ots) - In der jüngeren Geschichte der US-Präsidentschaftswahlen waren die Kandidaten noch nie so unbeliebt. Wer eine Rede Donald Trumps in voller Länge schaut, erschreckt angesichts der intellektuellen Inkompetenz. Wie ein Halbstarker poltert Trump durch Ressentiments und Halbwahrheiten. Und Hillary Clinton? Sie hat in der E-Mail-Affäre gelogen, die Verstrickungen mit der Finanzelite sind tief und die politischen Methoden ihres Umfelds unappetitlich. Die USA, dieser Sehnsuchtsort für Mutige, Kreative und Träumer, sie präsentieren mehr...

  • Rheinische Post: Präsidiale Aspekte Kommentar Von Gregor Mayntz Düsseldorf (ots) - Keine Frage: Frank-Walter Steinmeier wäre ein würdiger und guter Nachfolger Joachim Gaucks als Bundespräsident. Wäre die Union Juniorpartner einer rot-schwarzen Koalition und ohne eigene personelle Alternative, hielten ihn die meisten Christdemokraten in der Bundesversammlung auch für wählbar. Aber die Union bringt nun einmal über 150 Mandate mehr auf die Waagschale als die SPD. Da ist es schwer zu vermitteln, ausgerechnet in einem Wahljahr ohne Durchsetzungskraft anzutreten. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht