Trotz Vertreibung von Ureinwohnern: Weltbank und Bundesregierung bewilligen Großprojekt in Tansania
Geschrieben am 19-06-2016 |   
 
 Hamburg (ots) - Die Weltbank setzt mit Unterstützung der  
Bundesregierung ihre eigenen Vorgaben zum Schutz von Ureinwohnern in  
Tansania außer Kraft. Trotz Kritik von Menschenrechtlern und  
US-Regierung bewilligte das Direktorium der weltgrößten  
Entwicklungsorganisation im März einen Millionenkredit für ein  
riesiges Landwirtschaftsprojekt. Während die USA sich enthielten,  
stimmte Deutschland dafür, die Weltbankstandards für indigene  
Bevölkerungsgruppen in diesem Fall auszusetzen. Das berichten NDR,  
WDR und Süddeutsche Zeitung in Zusammenarbeit mit dem  
Journalistennetzwerk ICIJ (International Consortium of Investigative  
Journalists). Menschenrechtler und Experten hatten zuvor kritisiert,  
tausende Hirten aus der Urbevölkerung seien im Süden Tansanias  
vertrieben und attackiert worden, um Platz für die großflächige  
Bewirtschaftung des Landes in Zusammenarbeit mit Weltkonzernen wie  
Nestlé und Bayer zu schaffen. Nichtregierungsorganisationen und  
US-Regierung warnen, die Weltbank schaffe mit der Aussetzung ihrer  
eigenen Regeln einen Präzedenzfall. Nach Meinung des  
Linken-Bundestagsabgeordneten Niema Movassat zeigt sich darin, dass  
Deutschland als viertgrößter Anteilseigner der Weltbank trotz  
gegenteiliger Versprechungen nicht zum Schutz von Indigenen beitrage. 
 
   Tansanias Regierung will im fruchtbarsten Drittel des Landes mit  
dem auf 20 Jahre angelegten Großprojekt SAGCOT ausländische  
Investitionen für die Landwirtschaft fördern und damit die Armut  
bekämpfen. Schon vor Projektbeginn wurden nach Berichten lokaler  
Hirten und Menschenrechtsorganisationen aber mindestens  5000  
Ureinwohner vertrieben oder ihrer Lebensgrundlagen beraubt. Bei  
Aktionen auch staatlicher tansanischer Kräfte sei es außerdem zu  
Todesfällen, Vergewaltigungen und anderen Menschenrechtsverletzungen  
gekommen. Die Landkonflikte wurden in den vergangenen Jahren durch  
Studien des katholischen Hilfswerks Misereor und der  
Indigenen-Organisation IWGIA sowie durch ein Gutachten der  
tansanischen Regierung dokumentiert. 
 
   Das Bundesentwicklungsministerium erklärte auf Anfrage von NDR,  
WDR und SZ, ihr seien Berichte von Vertreibungen nicht bekannt. Die  
tansanische Regierung habe zugesichert, Landrechte nicht zu  
beeinträchtigen und gefährdete Gruppen zu schützen. Tansania hatte  
die Anwendung der besonders strengen Weltbankregeln zum Schutz von  
Ureinwohnern abgelehnt, da diese gegen die Verfassung des Landes  
verstießen, wonach alle Einwohner gleichberechtigt seien. Die  
deutsche Vertreterin im Weltbankdirektorium stimmte deshalb nach  
Angaben eines Ministeriumssprechers bei der Bewilligung eines  
70-Millionen-Dollar-Kredits im März für die Aussetzung der  
Schutzregeln, obwohl die Bundesregierung grundsätzlich gegen solche  
Ausnahmen sei. Die US-Regierung dagegen enthielt sich der Stimme und  
nannte es "nicht überzeugend", dass die Weltbank der Argumentation  
Tansanias folgte und damit einen "bedauerlichen Präzedenzfall"  
schaffe. 
 
   Oxfam spricht von einer "Ausnahmeregelung durch die Hintertür",  
die deutsche Menschenrechtsorganisation Urgewald von einer  
"bedenklichen" Entscheidung. Der Urgewald-Weltbankexperte Knud  
Vöcking sagte NDR, WDR und SZ: "Das scheint ein Weg zu werden, wie  
man zwar auf dem Papier diese Standards beibehält, aber sie immer,  
wenn es opportun erscheint, einfach außer Kraft setzt, sobald sich  
irgendein Staat gegen die Anwendung wehrt." Der Bundesregierung warf  
Vöcking Doppelzüngigkeit vor, wenn sie betone, wie wichtig ihr der  
Schutz von Ureinwohnern sei. Für "völlig unglaubwürdig" hält der  
Linken-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat die Auskunft der  
Bundesregierung, sie wisse nichts von Vertreibungen im Umfeld des  
Projekts. "Die Bundesregierung hält nur Sonntagsreden, sie ändert  
nichts und sie ist sozusagen Teil des Problems bei der Weltbank und  
nicht Teil der Lösung." 
 
   Weltbank-Präsident Kim hatte als Reaktion auf Recherchen des ICIJ  
in Zusammenarbeit mit NDR, WDR und SZ im Frühjahr 2015 Fehler  
eingeräumt und Reformen angekündigt. Durch Entwicklungsprojekte der  
Bank waren laut der Auswertung offizieller Dokumente etwa 3,4  
Millionen Menschen innerhalb von zehn Jahren umgesiedelt worden oder  
hatten ihre Lebensgrundlage verloren. Die Weltbank ist die größte  
Entwicklungsinstitution weltweit. Vergangenes Jahr vergab die  
UN-Sonderorganisation Kredite in Höhe von mehr als 60 Milliarden  
Dollar. 
 
 
 
Pressekontakt: 
Norddeutscher Rundfunk 
Presse und Information 
Ralph Coleman 
Tel.: 040/4156-2302 
 
 
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