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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu der Loveparade-Katastrophe

Geschrieben am 05-04-2016

Bielefeld (ots) - Für die Loveparade-Katastrophe soll nach
Auffassung der 5.Großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg niemand
zur Verantwortung gezogen werden. Unfassbar. Halten wir fest: Es gab
21 Tote sowie mehr als 650 Verletzte - und niemand ist es gewesen?
Sind am Ende die Teilnehmer selbst schuld? Fast scheint es so, denn
die Richter werfen die Brocken hin, bevor sie überhaupt ein Verfahren
eröffnen. Die gestern bekanntgemachte Entscheidung, auch wenn sie
nicht das allerletzte Wort sein mag, ist für Opfer und Angehörige
schier unerträglich. Sie warten nicht nur schon viel zu lange auf
strafrechtliche Konsequenzen. Seit gestern haben sie es auch
schriftlich, dass es nicht einmal einen ordentlichen Strafprozess,
geschweige denn klare Urteile, geben könnte. Der ganze Schmerz aus
den Tagen nach dem schrecklichen Geschehen ist wieder da. Dass
außerdem gar nicht erst der Versuch unternommen wird, einen Prozess
gegen die Beschuldigten zu führen, ist ein Tiefschlag für das Ansehen
des Rechtsstaats und das Vertrauen der Bürger in die öffentliche
Ordnung. Hilflos steht Deutschland vor einem kapitalen
Staatsversagen, das keiner dem einfachen Mann auf der Straße erklären
kann. Auch so etwas fördert Staatsverdruss und Wutbürgertum. Die
Frage, welche politische Verantwortung es für das
gesamtgesellschaftliche Desaster gibt, dürfte jetzt lautstark und
polternd ausgetragen werden. Dabei kann nur ein völlig neuer Ansatz
und ein anderes, diesmal fehlerfreies Gutachten eine Lösung bringen.
Die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft war von Anfang an von
einer politischen Simpel-Debatte überlagert, die schon wenige Tage
nach der Katastrophe nur eines wollte: einen Sündenbock. Der damalige
CDU-Oberbürgermeister Adolf Sauerland galt aus dem Stand als
Hassobjekt. Zumindest rhetorisch war er zur Lynch- und Schnelljustiz
freigegeben. Kaum jemand aus dem politischen Umfeld im Ruhrgebiet und
aus der neuen Landesregierung rührte auch nur einen Finger, um die
aus dem Ruder laufende Debatte zu versachlichen. Im Gegenteil:
Sauerland musste sich sieben Monate später einem Bürgerbegehren mit
dem Ziel seiner Abwahl unterwerfen. Es dauerte fast vier Jahre, bis
sich herausstellte, dass der Oberbürgermeister nicht einmal zu den
Beschuldigten gehörte. Kurzfristig ist zu hoffen, dass die
Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde gegen den skandalösen
Landgerichtsbeschluss von gestern Erfolg hat. Langfristig muss - bei
allem Respekt vor ihrer Unabhängigkeit - auch die Verantwortlichkeit
für das verantwortungslose Versagen der Justiz geklärt werden.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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