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Schwäbische Zeitung: Realpolitische Not - Leitartikel zum EU-Gipfel

Geschrieben am 17-03-2016

Ravensburg (ots) - Angela Merkel sucht beim Gipfel in Brüssel eine
Lösung für die Flüchtlingskrise. Und die meisten der anderen 27
Regierungschefs warten ab, was die anderen tun. Der risikobereiten
Bundeskanzlerin dagegen geht es um eine höhere Akzeptanz der
Flüchtlingspolitik in Deutschland und um den europäischen
Zusammenhalt.

Allen Beteiligten ist dabei klar, dass ein Vertrag mit der Türkei
über Visaerleichterungen, über die Forcierung von
Beitrittsverhandlungen und die Rücknahme von Flüchtlingen sicher kein
Ruhmesblatt für den europäischen Gedanken ist, sondern schlicht
Realpolitik. Die Notwendigkeit, sich jetzt unter großem Zeitdruck mit
dem schwierigen Partner zu verständigen, muss darum einhergehen mit
einer Neuformulierung des Verhältnisses der Europäer zu den Türken.

Präsident Erdogan verstärkt in diesen Tagen die Repression gegen
Kurden, Journalisten, Linke und Intellektuelle. Hausdurchsuchungen in
Istanbul, Anschläge des Islamischen Staates und anderer
Terrorgruppen, die faktische Ausweisung kritischer Ausländer schaffen
ein Klima der Angst. Erdogan besetzt weiter alle Schaltstellen der
Macht in Politik, Militär und Verwaltung mit seinen Gefolgsleuten.
Allein die widersprüchlichen Angaben über die Zahl der in der Türkei
lebenden Flüchtlinge zeigen, was für ein unzuverlässiger
Gesprächspartner Erdogan ist. Ein Handel mit ihm verschafft Europa
zwar eine dringend notwendige Atempause. Doch seine Herrschaft macht
das Land zunehmend instabil, mit möglichen Folgen für die gesamte
Region.

Europas Uneinigkeit in der Flüchtlingskrise ist im Moment Erdogans
Trumpf. Er rächt sich nun für die Jahre, in denen er als Sultan
verspottet wurde und die Sondierungen über einen EU-Beitritt
halbherzig geführt wurden. Der Handel zwischen Europäern und Türken,
der heute in Brüssel besiegelt werden soll, ist wackelig, viele
Fragen der praktischen Umsetzung bleiben unbeantwortet. Ein solcher
Kompromiss, geboren aus der realpolitischen Not, kann kein
Dauerzustand sein.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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