(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Amerikanischer Alptraum / Trumps Siegeszug erschüttert die freiheitliche Demokratie in ihren Grundfesten. Leitartikel von Thomas Spang

Geschrieben am 11-03-2016

Regensburg (ots) - Die Vereinigten Staaten haben sich in ihrer
Geschichte bisher stets der autoritären Versuchung entziehen können.
Das liegt am Selbstverständnis einer Nation, die ihre Geburt der
Rebellion gegen eine Monarchie zu verdanken hat. Seitdem hat Amerika
nicht nur Pioniere angezogen, die nach einem materiell besseren Leben
strebten. Es bot immer auch den anderswo Verfolgten sicheren Hafen,
hier ein Leben in Freiheit zu führen. Amerikaner zu sein, ist ein
Bekenntnis zu gemeinsamen Werten. Heimatliebe drückte sich deshalb
mehr in einem kindlich-verspielten Patriotismus als in giftigem
Nationalismus aus. All das hat sich mit dem Aufstieg eines
blondierten Reality-TV-Stars und Milliardärs zum Spitzenreiter im
Rennen um die republikanische Präsidentschafts-Nominierung geändert.
Wenn dieser am kommenden "kleinen" Super-Dienstag bei den Vorwahlen
in fünf Bundesstaaten seinen Siegeszug fortsetzt, wird die Partei
Abraham Lincolns zu der des Donald Trumps. Das bisher Undenkbare
tritt plötzlich als reale Möglichkeit ins Bewusstsein. Ja, auch die
USA, das unverzichtbare Vorbild freiheitlicher Demokratien, erweisen
sich verwundbar durch einen Anschlag aus Ignoranz, Dummheit und
Chauvinismus. Das erste Opfer wäre die Republikanische Partei, die
Trumps Gefolgschaft zu lange als nützliche Idioten in ihren Reihen
willkommen hieß. Statt etwas für die ökonomisch bedrängten
Globalisierungs-Verlierer zu tun, hielten sie diese mit Appellen an
deren niedrigste Instinkte bei Laune. Die Eliten einer Partei, die
ein Klima der Ab- und Ausgrenzung genährt, Militarismus zelebriert
und Frauenfeindlichkeit gefördert haben, kämpfen mit stumpfem Schwert
gegen einen Kandidaten, der all das besser als sie in die
Populär-Kultur übersetzen kann. Wie tief die einst respektierliche
Mitte-Rechts-Partei gesunken ist, zeigt das Versprechen der
Konkurrenten Trumps, im Fall seines Sieges, die Reihen hinter ihm zu
schließen. Beschämend, dass weder Marco Rubio noch Ted Cruz oder John
Kasich bei der letzten Republikaner-Debatte klare Worte zu den
Gewaltausbrüchen auf Trump-Kundgebungen fanden, die heute eine
bedrückende Routine sind. Die Medien haben zehn Vorfälle
dokumentiert. Tatsächlich könnten es mehr sein. Dass der
Rechtspopulist den Schlag eines Anhängers in das Gesicht eines
Demonstranten in Fayetteville mit patriotischer Leidenschaft
wegzureden versucht, überrascht nicht. Schließlich ermutigt Trump
seine Fans höchstpersönlich dazu, Störer zu verprügeln. Er bietet
ihnen dafür sogar rechtlichen Beistand an. Nicht minder bedenklich
sind die Übergriffe auf Reporter, die Trump regelmäßig der
Beschimpfung des Publikums aussetzt. In einem Fall langte sein
Wahlkampfmanager selber zu, als er eine Reporterin, die sich dem
Kandidaten mit einer Frage näherte, auf den Boden riss. Wenn Trump an
diesem Dienstag John Kasich und Marco Rubio in deren Heimatstaaten
Ohio und Florida schlägt, kann nur noch ein politischer Kamikaze-Akt
auf dem Wahlparteitag der Republikaner in Cleveland die Nominierung
aufhalten. Das wahrscheinlichere Szenario ist ein Spitzenkandidat,
der offen für eine autoritäre Politik wirbt. Dann wird es an den
Wählern insgesamt liegen, den eigentlichen Anti-Amerikaner auf dem
Weg ins Weiße Haus zu stoppen. Wenn der Trump-Albtraum dann
hoffentlich im November vorüber ist, wird das Land auf ein soziales
Experiment zurückschauen und mit dem Kopf schütteln - über die
Tausenden Anhänger, die den rechten Arm zum Treuschwur hoben, die
Andersdenkende verprügelten und jubelten, wenn ihr Kandidat Mauern,
Folter und Deportation versprach.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

586954

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Hilfe besser vergüten / Kommentar zur Betreuung schwerkranker Kinder Regensburg (ots) - Ein gesundes Kind zu bekommen, ist der Wunsch aller Eltern. Wenn beim freudig erwarteten Nachwuchs plötzlich eine schwere Krankheit diagnostiziert wird, ist das ein Schock. Zwischen der Pflege ihres kranken Kindes, Beruf, Haushalt und der Betreuung von Geschwistern reiben sich betroffene Eltern oft auf. Dass es in Regensburg nun ein Angebot zur Familiennachsorge gibt, ist daher eine große Hilfe. Was die Mitarbeiter leisten, wird von den Krankenkassen allerdings nicht vollständig vergütet. Um Fahrtkosten zu bezahlen, mehr...

  • Westfalenpost: Harald Ries zu den Landtagswahlen Hagen (ots) - Aus drei Gründen werden die drei Landtagswahlen vom Sonntag die spannendsten seit langem: Es sind die ersten seit Beginn der Flüchtlingskrise. Die AfD könnte etablierte Konkurrenten, darunter im Osten die SPD, hinter sich lassen. Und in allen drei Bundesländern ist offen, wie künftig regiert wird. Und doch ist der Super-Wahlsonntag nicht der große Volksentscheid über Angela Merkels Flüchtlingspolitik. Dazu sind die Fronten zu verwirrt: Wenn Kretschmanns Grünen stärker werden als die CDU, ist das ein Fiasko für die mehr...

  • Westfalenpost: Nina Grunsky zu den westfälischen Regionalräten Hagen (ots) - Einigkeit macht stark. Das ist eine Binsenweisheit. Umso merkwürdiger, dass die drei westfälischen Teilregionen Südwestfalen, Münsterland und Ostwestfalen sich erst jetzt langsam zusammenraufen. Denn das Jammern über die Benachteiligung Restfalens ist doch so alt wie das ganze Bindestrich-Land NRW. Offenbar war die Nichterwähnung im Landesentwicklungsplan, die Sorge um die Fördermittel nun der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat: Erstmals haben sich die Westfalen gemeinsam lautstark positioniert, nicht mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Bielefeld (ots) - Kretschmann oder Wolf in Baden-Württemberg, Klöckner oder Dreyer in Rheinland-Pfalz? Das sind zwar die spannendsten Personalfragen im Hinblick auf Sonntag. Aber diese drei Landtagswahlen sind so vollgestopft mit politischem Zündstoff, dass es um sehr viel mehr geht als um das übliche Kandidaten-Karussell. Wir können uns bei den ersten Wahlen seit der Flüchtlingskrise auf ein politisches Beben einstellen und auf Wahlen, die Geschichte schreiben werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zwei Landesregierungen ihre mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Krankenkassenbeiträgen Bielefeld (ots) - Gesundheit ist teuer und wird immer teurer. Jedenfalls in Deutschland. 2014 wurden insgesamt 328 Milliarden Euro im Gesundheitswesen ausgegeben - eine Steigerung um 13,3 Milliarden Euro oder 4,2 Prozent gegenüber 2013. Das sind die aktuellsten Zahlen, die das Statistische Bundesamt hat. Nach der jüngsten Erhöhung der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf bis zu 16,1 Prozent des Einkommens werden die Kosten weiter steigen. Und nun kündigt der GKV-Bundesverband an, dass mit noch höheren Zusatzbeiträgen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht