(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum EU-Gipfeltreffen

Geschrieben am 19-02-2016

Bielefeld (ots) - So widersprüchlich können EU-Gipfeltreffen sein.
Da ringen die gleichen 28 Mitgliedstaaten, die sich eben noch über
den Umgang mit Flüchtlingen gestritten haben, im nächsten Augenblick
um den Erhalt der europäischen Grundpfeiler. Niemand wollte
Großbritannien einfach gehen lassen, keiner mochte aber auch Londons
Attacken auf die Errungenschaften der Union achselzuckend hinnehmen.
Der britische Versuch, die Euro-Zone von außen lenken zu können,
musste scheitern. Die Absage des Vereinigten Königreichs an eine
»immer engere Union« erscheint verschmerzbar, das Bekenntnis zur
Wettbewerbsfähigkeit spricht vielen sogar aus der Seele. Und der
zuletzt vorgelegte Kompromissvorschlag zum zeitweisen Entzug von
Sozialleistungen für EU-Zuwanderer wurde so ausgestaltet, dass die
Niederlassungsfreiheit unbeschädigt blieb. Wenn die Tinte unter einer
solchen Vereinbarung trocken ist, mag sich Premier David Cameron als
Gewinner feiern lassen. Er kann ein Referendum ansetzen und sich für
den Verbleib in der EU aussprechen. Dass dies aber nur ein
Pyrrhus-Sieg sein kann, wird man ihn spüren lassen, wenn er nach
einer - möglicherweise - gewonnenen Volksabstimmung wieder nach
Brüssel zurückkehrt. Denn die europäische Familie dürfte ihm dann
klarmachen, dass es nun genug ist und die fast 50-jährige Geschichte
britischer Bremsversuche in dieser Gemeinschaft ein Ende haben muss.
Die EU hat bis zuletzt um einen Kompromiss gerungen. Das ist
angesichts der vielfältigen Interessenlagen von 28 derart
unterschiedlichen Staaten eine gute Nachricht - selbst wenn nur eine
Einigung auf dem kleinsten Nenner erreichbar war. Aber die Union ist
nicht gescheitert - zumindest nicht an dieser Frage. Doch die
Politik der Rücksichtnahme auf die Empfindlichkeit euroskeptischer
Insulaner muss aufhören. Wichtige politische Projekte wurden seit
Jahren verschoben, nur um London nicht zu verärgern. Europa hat mit
diesem Kompromiss nicht seine Identität und Ziele, seine Werte und
Inhalte aufgegeben, aber es hat eine Zeit politischer Lethargie in
Kauf genommen, deren Konsequenzen schlimmer waren als befürchtet.
Eine Union, die nicht in der Lage ist, Herausforderungen gemeinsam
und dauerhaft zu lösen, verliert ihre Attraktivität und - wichtiger
noch - ihre Glaubwürdigkeit. Selten war das Versagen eines EU-Gipfels
für die Menschen so spürbar. Die Entwicklung der zurückliegenden
Monate macht deutlich, dass diese Union kein Selbstzweck sein kann,
sondern dass man Nachbarn und Partner auch jenseits der Grenzen
braucht, um die eigenen Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Ob
Türkei, Russland, Ukraine oder Afrika - die EU muss ausufern, um ihre
Garantien von Frieden und Freiheit im Inneren aufrechterhalten zu
können. Das lehrt uns diese Krise.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

585606

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Rüstungsexporte Bielefeld (ots) - Da kündigte Sigmar Gabriel an, er werde strenger als Union und FDP kontrollieren, welche Waffen made in Germany ins Ausland verkauft werden. Ohnehin sei es eine »Schande«, dass Deutschland zu den größten Waffenexporteuren der Welt gehöre. Und jetzt? Deutschlands Ausfuhren sind auf ein Rekordniveau gestiegen. Die Rüstungsindustrie, die angesichts der forschen Bekundungen des SPD-Chefs Böses ahnte, könnte sich gar keinen besseren Waffen-, pardon Wirtschaftsminister wünschen. Zumal ihnen der Kampf gegen den IS-Terror mehr...

  • Westfalenpost: Monika Willer zum Online-Handel Hagen (ots) - Ob man Amazon nun gut findet oder boykottiert: Der Online-Konzern hat den stationären Handel unumkehrbar verändert. Dienstleistungen wie das Rückgaberecht ohne Begründung erwartet der Kunde inzwischen selbstverständlich auch vom Laden vor Ort. Nur hinter der Theke stehen und die Kasse bedienen, damit kann kein Geschäft mehr überleben. Die Buchbranche hat es als erste getroffen, und sie hat erfolgreich reagiert - indem die Buchhandlungen eigene Onlineshops aufgebaut haben, indem sie das stationäre Einkaufen mit Lesungen mehr...

  • Westfalenpost: Michael Backfisch zum EU-Gipfel Hagen (ots) - Auf EU-Gipfeln geht es häufig zu wie auf einem Basar: Es wird gehandelt und geschachert, bis man bei einem Kompromiss landet. Aber selten verlief ein Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs derart enttäuschend wie das in Brüssel. Hat die Europäische Union in der Brexit-Frage noch eine Kraftanstrengung hingelegt, ist das Ergebnis bei der Flüchtlingskrise schlichtweg eine Katastrophe. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das EU-Treffen zu einem "Schicksalsgipfel" hochstilisiert hatte, steht nun mit leeren mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu Ex-RAF-Terrorist Christian Klar im Bundestag Stuttgart (ots) - An dieser Stelle Damit Diether Dehm (Linke) sogar recht: Christian Klar, der wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs verurteilte RAF-Terrorist, hat seine Strafe verbüßt. Wenn Dehm allerdings daraus ableitet, Klar sei nunmehr "Bürger wie jeder andere auch", dann zeigt er eine empörende Dummdreistigkeit. Christian Klar ist alles andere als der reumütige Resozialisierte. Ganz im Gegenteil: Er ist weit davon entfernt, den terroristischen Wahnsinn als Irrweg zu benennen. Abgeordnete des Deutschen mehr...

  • Weser-Kurier: Über Hamburgs Gipfelpläne schreibt Moritz Döbler: Bremen (ots) - Offenbar ist Hamburg doch Provinz. Die Grünen, immerhin an der Regierung der Hansestadt beteiligt, geben zu Protokoll, das linksautonome Kulturzentrum Rote Flora müsse den Besuch von 20 Staats- und Regierungschefs in seiner Nachbarschaft als Provokation empfinden. Wie drollig! Es ist doch eher anders herum: Die Aktivisten werden alles tun, um beim G20-Gipfel, sollte er denn stattfinden, für Provokationen zu sorgen. Hamburg, das Tor zur Welt? Das entpuppt sich als Wunschvorstellung von Marketingleuten, die mit der Realität mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht