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Bundespräsident Gauck im WDR-Radiointerview: "Begrenzungsstrategien" für den Zuzug von Flüchtlingen "moralisch und politisch geboten"

Geschrieben am 05-02-2016

Berlin/Köln (ots) - Bundespräsident Joachim Gauck hat in einem
WDR-Radiointerview bekräftigt, dass "Begrenzungsstrategien" beim
Zuzug von Flüchtlingen "moralisch und politisch geboten" sein
könnten. Gauck sagte, wenn in der Mehrheitsgesellschaft das Gefühl
für Solidarität schwinde und "eine kollektive Identität sich
entwickeln würde, die immer nur schreit 'Das Boot ist voll'", dann
gebe es eben auch "ein moralisches Problem und nicht nur ein
politisches". Gerade in dem Bemühen, möglichst vielen helfend zur
Seite zu stehen, könne es begründet sein, "dass man nicht allen
hilft", so der Bundespräsident in einem Gespräch mit der WDR
5-Sendung "Redezeit" (Freitag, 11.05 Uhr). Es zeige sich, dass wir
"das Für und Wider und das Maß an Aufnahmebereitschaft" öffentlich
besprechen müssen. Es sei möglich, zugleich hilfsbereit und
sorgenvoll zu sein.

Erschrocken äußerte sich der Bundespräsident über die jüngsten
Beschlüsse der Bundesregierung zur Begrenzung des Familiennachzugs,
zeigte zugleich aber auch Verständnis für die Politik, die
handlungsfähig sein wolle: "Kein Familiennachzug? Da erschrecke ich,
wenn ich mir die Leute vorstelle, die dann jahrelang getrennt sind
von ihren Ehefrauen oder Müttern. Und gleichzeitig will ich den
Politikern, die sowas sagen, nicht gleich Gehässigkeit vorwerfen,
sondern sie sind in der Not, der Bevölkerung nun zu sagen, wir sind
handlungsfähig, also bitte, wir tun was, ohne dass wir jetzt schon
unsere Grenzen abriegeln, aber wir lassen uns nicht einfach
überrollen."

Kritisch äußerte sich Gauck zur aktuellen Diskussion über den
Umgang mit der AfD und zu der zwischenzeitlichen Weigerung mancher
Politiker, an Fernsehrunden mit AfD-Vertretern teilzunehmen. Die
Demokraten, so Gauck, sollten sich daran erinnern, was für Werte sie
vertreten", und sich fragen, ob es Argumente gebe, "die sie in die
Flucht treiben könnten". "Übertriebene Ängste" gegenüber jeder Form
von Propaganda oder Populismus seien fehl am Platze. Gleichwohl gebe
es Hetze, die eine Straftat darstelle und geahndet werden müsse. Die
tätlichen Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte seien Straftaten: "Uns
verbindet nichts mit diesen Straftätern, außer unserer Absicht, sie
zur Rechenschaft zu ziehen. Und deshalb brauchen wir Polizei und
Justiz, die hier ihre Pflicht tun."

Gauck stellte fest, dass die jahrelangen Einsparungen auf dem
Gebiet der Sicherheit zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung
geführt hätten. Er sei dankbar, dass die Politik hier reagiert und
neue Stellen zugesagt habe. Zum Thema Bürgerwehren sagte Gauck an die
Adresse der Bürger: "Bevor ihr jetzt Bürgerwehren aufstellt, gebt mal
ein paar Hinweise an eure Polizei, damit an neuralgischen Punkten
etwas geschieht. Da müsst ihr nicht gleich Selbstschutz betreiben.
Denn da haben wir auch eine gefährliche abschüssige Ebene hin zu
einem beständigen Misstrauen: Die können nichts für uns tun, wir
müssen uns selber schützen. So weit sind wir in Deutschland nicht."

Der Bundespräsident riet mit Blick auf die "zum Teil hysterischen
und aufgeputschten Bewegungen, die wir in Teilen Deutschlands haben"
zu mehr Gelassenheit und zeichnete ein insgesamt positives Bild
Deutschlands. "Und wir wollen nie vergessen, dass dieses Land nach
wie vor solidarisch ist. Dass die Zahl der Solidarischen bei weitem
diejenigen überwiegt, die als Brandstifter oder Hetzer unterwegs
sind. Das ist doch immer noch dieses Land, zu dem wir Ja sagen
können."

Das vollständige Interview sendet WDR 5 am heutigen Freitag um 11.05
Uhr. Es ist außerdem zeitgleich auf wdr5.de online zu hören und ab
12 Uhr als Podcast herunterzuladen.

Ein Foto zu dieser Meldung finden Sie unter ARD-Foto.de

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Pressekontakt:
Uwe-Jens Lindner
WDR Presse und Information
Telefon 0221 220 7123
uwe-jens.lindner@wdr.de


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