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Börsen-Zeitung: Abschied vom Tafelsilber, Kommentar zur Japan Post von Martin Fritz

Geschrieben am 04-11-2015

Frankfurt (ots) - Déjà-vu an der Tokioter Börse: 1987 wollte der
damalige Regierungschef Yasuhiro Nakasone die Aktie als Anlage in
Japan populär machen. Dafür brachte er den Telekom-Monopolisten NTT
an die Börse. Private Anleger rissen sich um die Papiere. Der
Aktienkurs von NTT stieg rasend, bis die Blase zwei Jahre später
brutal platzte. Eine Generation von privaten Anlegern hatte sich die
Finger verbrannt und kehrte nie wieder an die Börse zurück.

Knapp dreißig Jahre später will Premier Shinzo Abe die Japaner
wieder zu einem Volk von Aktionären erziehen. Diesmal dient die Post
als Vehikel. Tatsächlich zeichneten zahlreiche private Erst-Anleger
die Papiere der Holding-Gesellschaft und ihrer beiden Finanztöchter.
Und wieder explodierten beim Börsendebüt die Kurse. Die Papiere der
Postversicherung verteuerten sich um mehr als die Hälfte, als ob es
kein Morgen gäbe.

Wiederholt sich also die Geschichte? Sogar die Finanzzeitung
"Nikkei" fühlte sich an die achtziger Jahre erinnert und fragte laut,
ob dem japanischen Aktienmarkt in den nächsten zwei Jahren ein neuer
Crash drohe. Doch die Zeiten haben sich geändert. Regierungschef Abe
macht sich schlichtweg Illusionen. Das Privatvermögen in Japan ist
überwiegend in der Hand der älteren Generationen. Diese Senioren
haben weder die Zeit noch die Geduld, um in Aktien zu investieren,
sondern wollen mit dem Ersparten nur ihre Rente aufbessern. Weil
ihnen der Staat die Postaktien förmlich hinterhergeworfen hat, haben
sie zugegriffen. Japaner lieben Sonderangebote.

Aber jeder Aktienzeichner weiß: Mit der Post lässt sich kein
Blumentopf gewinnen. Wachstum ist nicht in Sicht, da die Bevölkerung
altert und schrumpft. Doch die Dividendenrendite von 3% ist nicht zu
verachten, da eine zehnjährige Staatsanleihe fast zehn Mal weniger
einbringt. Viele Anleger, denen die Papiere zugelost wurden, haben
ihre Zuteilung gleich am ersten Handelstag mit hohem Gewinn
versilbert.

Auch die ursprüngliche Intention der Privatisierung hat sich
überholt. Eigentlich wollten die Reformer damit die Verschwendung von
Steuern stoppen, da die auch heute wieder regierenden
Liberaldemokraten die Posteinlagen lange Zeit als Schattenhaushalt
für die Finanzierung ihrer Konjunkturprogramme missbrauchten. Doch
wegen der extrem hohen Staatsschulden lässt sich dieses Rad sowieso
nicht mehr drehen. So bleibt unterm Strich nur die Tatsache, dass
Japans Staat das letzte Tafelsilber verscherbelt, bevor das große
Schuldenfinale beginnt.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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