(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Christian Kucznierz zum Syrien-Krieg

Geschrieben am 28-09-2015

Regensburg (ots) - In den Krisen der Welt gibt es den Ruf nach
Russland. Stimmen, die fordern, dass das Riesenreich mit an
Verhandlungstischen sitzt. Oder Stimmen, die sagen, dass Russland der
eigentliche Verbündete der Europäer ist. In der Ukraine-Krise war der
Vorwurf, "der Westen" - gemeint waren die Vereinigten Staaten -
schüre den Konflikt, um einen neuen Krieg gegen Russland
vorzubereiten, salonfähig. Wenn Washington und Moskau nun miteinander
sprechen, um Lösungen für den brutalen Syrien-Krieg zu suchen, dann
sehen sich die Putin-Versteher bestätigt in ihrer These, dass
Russland wichtig ist. Was daran stimmt: Es kann für viele Krise keine
Lösung ohne Moskau geben. Aber dauerhafte Lösungen wird es mit
Russland auch nicht geben. Zumindest nicht mit dem Russland nach
Prägung Wladimir Putins. Das Problem dabei: Ein anderes gibt es auf
absehbare Zeit nicht. Reden mit Putin bedeutet: Reden mit einem, der
eine Machtpolitik betreibt, die die Welt eigentlich nur noch von den
Vereinigten Staaten gewohnt war. Mit dem Unterschied, dass der
Kremlchef bereit ist, für das Erreichen seiner Ziele im Innern brutal
gegen die Opposition vorzugehen und nach außen gegen das Völkerrecht
zu verstoßen. Siehe Annektion der Krim. Siehe die Destabilisierung
der Ukraine mit russischer Unterstützung. Putin hat sein Riesenreich
nach der gefühlten Demütigung der 1990er Jahre wieder zu einer Macht
heranwachsen lassen, die sich nichts mehr gefallen lässt. Die an den
Gashähnen der Welt drehen kann und Nationen damit erpresst. Die
Waffen an alle liefert, die zahlen. Die Regimes stützt, die ihr
nützlich scheinen, koste es, was es wolle. Wen das alles an
US-amerikanische Interventionspolitik erinnert, der hat Recht. Es ist
genau das, was Putin über all die Jahre bei seinem Volk so beliebt
macht. Es war richtig, Russland infolge der Krim-Intervention zu
isolieren und aus der Gruppe der G8 auszuschließen. US-Präsident
Barack Obama hat es gestern vor der Generalversammlung der Vereinten
Nationen gesagt: Heute ist nicht mehr die Zeit für Machtpolitik von
früher. Wer die Isolation Moskaus kritisiert, denkt in den
Machtverhältnissen von früher. Es gibt keine Blöcke mehr, kein Ost
und West. Die Welt ist multipolar geworden. Die USA tun sich noch
schwer, das zu akzeptieren. Russland versucht es nicht einmal.
Dennoch ist Reden mit Russland immer noch die einzige Hoffnung, wenn
Kriege wie der in Syrien nicht ins Unendliche laufen sollen. Und das
dürfen sie nicht. Eine gesamte Region ist destabilisiert, eine ganze
Generation droht verloren zu gehen, weil Hunderttausende auf der
Flucht sind. Die schützende Hand des Kreml wacht über Syriens
Diktator Assad. Doch ein Mann, der bereit ist, seine Macht mit
Fassbomben auf Frauen und Kinder zu verteidigen, hat jegliches Recht
zu regieren verwirkt. Syrien kann keine Zukunft mit Assad haben. Nur
sieht der Kreml das anders. Genau das aber ist das Problem: Putin und
Obama werden keine gemeinsame Linie finden. Weil beide andere Ziele
verfolgen. Das heißt nicht, dass es falsch wäre, wenn beide
miteinander sprächen. Wozu der Kremlchef imstande ist, wenn er seine
Interessen und die seines Landes bedroht sieht, haben die Panzer und
Soldaten auf der Krim gezeigt. Wie wenig er die Isolation fürchtet,
trotz aller verheerenden wirtschaftlichen Folgen, zeigt er durch die
anhaltende Unterstützung der ostukrainischen Separatisten. Keiner
darf sich der Illusion hingeben, dass der Syrien-Krieg bald enden
wird, weil Obama und Putin über den Konflikt gesprochen haben. Aber
ohne dieses Gespräch wäre die Lösung in noch weitere Ferne gerückt.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

576471

weitere Artikel:
  • Weser-Kurier: Kommentar von Michael Brandt über Hetze im Internet Bremen (ots) - Seit Monaten wird im äußersten Norden Bremens gegen Flüchtlinge gestänkert und gehetzt. Genauer seit Oktober 2014, als Pläne bekannt wurden, in Rekum ein Heim für straffällig gewordene jugendliche Flüchtlinge einzurichten. Die Welle der Empörung hat schließlich im Mai die populistische Wählervereinigung "Bürger in Wut" mit mehr als 18 Prozent in den Beirat Blumenthal katapultiert. Es überrascht nicht, dass es ausgerechnet hier zum Brandanschlag gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft gekommen ist. Es existieren in mehr...

  • Badische Neueste Nachrichten: ZU Katalonien Kommentar von Martin Dahms Karlsruhe (ots) - Auf Katalonien und Spanien wartet in den kommenden Monaten und Jahren jede Menge Ärger. Die Separatisten sind fest entschlossen, eigene Institutionen zu gründen, die in Konkurrenz zu den bestehenden spanischen treten sollen. Die Katalanen werden nicht mehr wissen, wer eigentlich für ihre Belange zuständig ist. An wen zahlen sie ihre Steuern? An welches Gericht wenden sie sich? Wer wird für ihre Sicherheit zuständig sein? Pressekontakt: Badische Neueste Nachrichten Klaus Gaßner Telefon: +49 (0721) 789-0 redaktion.leitung@bnn.de mehr...

  • Schwäbische Zeitung: "Deutschland ist kein sicherer Hafen" - Kommentar zum Prozess gegen Ignace M. und Straton M. Ravensburg (ots) - Der erste und bisher einzige Prozess in Deutschland, der nach dem Völkerstrafgesetzbuch verhandelt wurde, ist beendet. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat zwei Urteile verkündet. Allein schon in dieser Hinsicht ist es ein guter Tag für die Rechtsprechung. Denn mehr als einmal drohte der gesamte Prozess im Laufe seiner fast viereinhalbjährigen Dauer zu platzen. Doch das geschah nicht. Dass die Suche nach Beweismitteln außerordentlich mühsam war, das Verhören von Zeugen allemal, daran ließ Richter Jürgen Hettich mehr...

  • Westfalenpost: Katalonien Hagen (ots) - Zerreißproben in Europa. Erst Schottland, bald vielleicht das Baskenland und Südtirol, derzeit Katalonien. In Barcelona haben die Separatisten eine Mehrheit errungen - und angekündigt, ihr Projekt "Unabhängigkeit von Spanien" voranzutreiben. Ein solcher Rückfall in Kleinstaaterei aber bringt in der Euro-Krise weder Katalanen noch Spanier voran - und ebenso wenig die Europäische Union, die derzeit die vollen Kräfte aller braucht, um die Herausforderung einer modernen Völkerwanderung zu bewältigen. Gerade in dieser Flüchtlingskrise mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Katalonien-Wahl Bielefeld (ots) - Eine Gemeinschaft wie die EU wurde gegründet, um die Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten durchlässig zu machen und gemeinsam Probleme lösen zu können, die jedes einzelne Land überfordern. Es ist verständlich, dass man da keine anderen Szenarien wie eine weitere Zersplitterung der Mitgliedstaaten vorbereitet hat. Das mag auf den ersten Blick ignorant gegenüber dem Willen der Menschen sein, die mit ihrer Region unabhängig leben wollen. Tatsächlich aber ist dieses Konzept gegen den Zerfall Europas ein großartiger mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht