(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Ein erster Schritt - Um das Elend in Syrien zu beenden, darf nichts unversucht bleiben. Obama und Putin könnten es richten. Von Thomas J. Spang

Geschrieben am 27-09-2015

Regensburg (ots) - So geht es nicht mehr weiter. Das dürfte die
klare Erkenntnis zum Status quo im Bürgerkriegsland Syrien sein, die
hinter der Entscheidung Präsident Barack Obamas steht, mit Wladimir
Putin zu sprechen. Zwölf Millionen Menschen haben das syrische
Schlachthaus verlassen. Auf der Flucht vor den Fassbomben Baschar
al-Assads und dem Terror des Islamischen Staats gleichermaßen. Seit
sich Hunderttausende auf Booten und zu Fuß auf den Weg nach Europa
gemacht haben, lässt sich die Krise nicht weiter ignorieren. Sie
steht sprichwörtlich vor der Haustür. Weil George W. Bush mit seiner
kopflosen Invasion in Irak die Büchse der Pandora in der Region
geöffnet hatte, stehen die USA zu Recht unter Druck, mehr zu tun. Am
Freitag nun gab sich Obama nach langem Zögern einen Ruck und stimmte
einem Treffen mit Putin zu, der erstmals seit zehn Jahren wieder zur
UN-Vollversammlung nach New York kommen wird. Realpolitisch ergibt es
nur Sinn, nach 15 Monaten Funkstille mit dem russischen Präsidenten
direkt zu sprechen. Russland spielt eine Schlüsselrolle in der
syrischen Tragödie, weil es das Assad-Regime militärisch stützt.
Dahinter stecken geostrategische Interessen Moskaus, das seinen Hafen
am Mittelmeer in Latakia nicht verlieren will. Darüber hinaus sehen
die Russen Syrien als Pufferzone, die ihnen islamistischen Terror vom
Hals hält. Damaskus hat in der Vergangenheit beides garantiert. Was
erklärt, warum Putin an dem skrupellosen Diktator festhält und nun
seine militärische Präsenz verstärkt. Diese nüchterne Analyse legt
fast zwingend nahe, dass es ohne Russland keine Lösung in dem
Bürgerkrieg geben wird. Folglich ist es nur sinnvoll, das
Gesprächsgesuch Putins anzunehmen. Wer darin Schwäche erkennt,
übersieht, auf wie vielen Grabsteinen in der Geschichte das Wort
"Prinzipientreue" eingemeißelt sein könnte. Angesichts des
himmelschreienden Elends in Syrien darf nichts unversucht bleiben,
das Schlachten zu beenden. Der erste Schritt auf dem Weg dahin ist
der direkte Dialog zwischen Obama und Putin. So lässt sich am besten
herausfinden, was der Machtpolitiker aus Moskau im Schilde führt. Das
scheint umso mehr geboten, seit die Amerikaner mit ihrem eigenen
Latein am Ende sind. Obamas Anti-IS- Koordinator, Ex-General John
Allen, erklärte zum November seinen Rücktritt, nachdem er im Kongress
einräumen musste, dass ganze "vier bis fünf" von den USA ausgebildete
Rebellen in Syrien kämpften. Kritiker hatten die Idee, auf "moderate
Rebellen" zu setzen, die gegen Assad und den IS kämpfen, von Anfang
an für einen Wolkenkuckuckstraum gehalten. Dass der ehemalige General
Petraeus zuletzt vorschlug, mit den Al-Kaida-nahen Kämpfern der
Al-Nusra-Front gemeinsame Sache zu machen, zeigt, wie perspektivlos
die Situation geworden ist. Gemessen daran klingt die Entscheidung
Obamas vernünftig, mit jemandem Spielräume auszuloten, den er für
einen politischen Straßenschläger hält. Der Kampf gegen den
Islamischen Staat bietet sich als gemeinsame Schnittmenge an. Und
scheint umso dringlicher, als der IS im Unterschied zu dem bloß an
seinem Überleben interessierten Assad-Regime eine revolutionäre Kraft
ist, die eine ganze Region destabilisiert. Es gibt viele gute Gründe,
die Erwartungen an das Treffen Obamas mit Putin nicht zu hoch zu
schrauben. Aber es könnte dazu beitragen, die Sponsoren der diversen
Bürgerkriegsparteien an einen Tisch zu bekommen. Die Türkei,
Saudi-Arabien und Iran werden für eine nachhaltige Lösung gebraucht.
Deshalb ist das Treffen am Rande der Vollversammlung der Vereinten
Nationen so wichtig. Die beiden Präsidenten stehen vor der Wahl, die
Gräben zu vertiefen oder ihre Differenzen beiseite zu stellen, um für
Syrien das Richtige zu tun.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

576408

weitere Artikel:
  • Badische Neueste Nachrichten: Zu Syrien Kommentar von Klaus Gassner Karlsruhe (ots) - Wenn der Westen nun Assad als Partner wiederentdeckt, krönt das nicht nur die Kakophonie der vergangenen Jahre, sondern huldigt auch dem ebenso alten wie brüchigen Prinzip, ein Übel mit dem anderen austreiben zu wollen. Selten ging das gut. Und im Falle Syriens steht schon ein lachender Dritter parat. Mit seinem entschlossenen Einstehen für Assad in alter Bündnistreue hat sich der russische Präsident Putin in eine favorable Lage gebracht. Von der Krim spricht keiner mehr, von Ukraine nur wenige. Und in Nahost führt mehr...

  • Weser-Kurier: Leitartikel von Ralph Schulze über Katalonien Bremen (ots) - Der Unabhängigkeitskonflikt in Katalonien treibt einen Keil in das spanische Königreich. Der Graben zwischen der eigenwilligen Mittelmeerregion und dem restlichen Land wird seit Jahren tiefer. Der drohende Bruch der staatlichen Einheit ist die größte Herausforderung für die spanische Demokratie. Wie konnte es soweit kommen? In einem Europa, das doch eigentlich zusammenwachsen will? In einer EU, die erstmals in der Situation ist, dass ein Mitgliedsstaat sich in zwei Nationen aufspalten könnte? Übertriebener Nationalismus, mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar von Martin Wein über Videoüberwachung Bremen (ots) - Hilfe ist unterwegs, suggerieren die vielen Hundert Kameraaugen, die uns längst auf Schritt und Tritt in der Öffentlichkeit beobachten. Kommt uns ein U-Bahn-Schläger zu nahe oder eine alkoholisierte Gruppe, so wird ein Freund und Helfer bei der Polizei das auf seinem Kontrollmonitor bemerken und uns retten. Nur diese Erwartungshaltung hat massive Proteste gegen den Einzug der Videoüberwachung im öffentlichen Raum verhindert. Doch sie trügt. Denn in den wenigsten Fällen hat überhaupt jemand die Kamerabilder live im Blick. mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar von André Fesser über den Brandanschlag in Bremen Bremen (ots) - Welch ein Glück, nicht viel passiert. Glück im Unglück sozusagen. Am Tag nach dem Brandanschlag auf eine noch unbewohnte Flüchtlingsunterkunft in Blumenthal überwog rund um das Zelt die Erleichterung. "Kein großer Schaden", hieß es von verschiedenen Seiten. Aber ist das wirklich so? Tatsächlich macht der Vorfall deutlich, dass Bremen ein dickes Problem hat. Weniger eines mit Flüchtlingen, sondern eines mit Menschen, die mit den Veränderungen nicht klar kommen, die die Zuwanderung mit sich bringt. Klar ist, dass an dem mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Obamas Treffen mit Putin Bielefeld (ots) - So geht es nicht mehr weiter. Das dürfte die klare Erkenntnis zum Status Quo im Bürgerkriegsland Syrien sein, die hinter der Entscheidung von US-Präsident Barack Obama steht, mit Wladimir Putin zu sprechen. Seit sich Hunderttausende auf Booten und zu Fuß auf den Weg nach Europa gemacht haben, lässt sich die Krise nicht weiter ignorieren. Sie steht sprichwörtlich vor der Haustür. Weil George W. Bush mit seiner kopflosen Invasion in Irak die Büchse der Pandora in der Region geöffnet hatte, stehen die USA unter mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht