(Registrieren)

Lausitzer Rundschau: Zu den Plänen für mehr Kontrollen in Zügen / Die Illusion von Sicherheit

Geschrieben am 30-08-2015

Cottbus (ots) - Schon die Idee, Sicherheitskontrollen im
Zugverkehr einführen zu wollen, ist grotesk. Züge fahren kreuz und
quer durchs Land, an jeder Station kann ein möglicher Attentäter ein-
und aussteigen, in jedem Waggon ein potenzieller Terrorist sitzen.
Wer will das kontrollieren? Im Flugverkehr ist das etwas anderes. Die
Zahl der Einstiegsmöglichkeiten - sprich Flughäfen - ist
überschaubar, die Gebäude dafür ausgelegt, jeden Passagier zu
kontrollieren und zu durchleuchten. Versuchen Sie das nur einmal an
der Strecke Berlin - Cottbus und Sie sind zum Scheitern verurteilt -
ganz zu schweigen von den Verspätungen, die dadurch zusätzlich auf
die Reisenden zukommen würden. Allein der Gedanke, im Cottbuser
Bahnhof, der nicht einmal einen Aufzug zu jedem Gleis hat,
Metalldetektoren oder Sicherheitsschranken einzubauen, ist
lächerlich. Es sind aber nicht nur technische Probleme, die der
Sicherheit in Zügen Grenzen setzen. Es ist das Wesen des Zugverkehrs
selbst. Die Bahn ist ein Verkehrsmittel, das von möglichst vielen
Menschen in möglichst großer Fläche genutzt werden soll. Das zu
überwachen, wäre eine Herkulesaufgabe, der sich niemand gewachsen
fühlen kann, schon gar nicht die Polizeikräfte von Land und Bund, die
sich einem stetigen Personalabbau gegenübersehen. Nein, der
Bahnverkehr wird immer ein chaotisches System bleiben - und damit ein
"weiches Ziel" für Terroristen. Ähnlich wie bei Volksfesten oder
anderen großen Menschenansammlungen wird man eine hohe Sicherheit
hier nicht garantieren können. Terroristen, die bewusst in Kauf
nehmen, unschuldige Menschen in den Tod zu reißen, werden ihre Opfer
finden - egal, was sich Europas Innenminister ausdenken. Die jetzt in
Paris diskutierten Pläne sind deshalb nicht anderes als ein
Beruhigungszäpfchen. Die Sicherheitspolitiker wollen zumindest die
Illusion von Sicherheit erzeugen und schicken deshalb mehr Streifen
in die Züge. Diese Schwerbewaffneten werden einen Terroristen kaum
stoppen, wirken aber zunächst einmal als Signal an die Passagiere:
Schaut her, wir sind da! Auch das ist eine Aufgabe der
Sicherheitspolitik. Vereiteln lassen sich Terrorakte so nicht. Dabei
helfen nur verdeckte Ermittlungen - oder Glück, wie beim vereitelten
Anschlag im Thalys. Beides lässt sich aber schlecht öffentlich
präsentieren. Deshalb haben die Minister in Paris die große Show
präsentiert - und hoffentlich alles andere im Stillen besprochen.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

574437

weitere Artikel:
  • Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu Flüchtlinge: Herkulesaufgabe für Europas Politik Ravensburg (ots) - Zu Zehntausenden kommen Flüchtlinge auf der Suche nach einer menschenwürdigen Zukunft in Frieden und Sicherheit auf dem Weg zu uns zu Tode. Wer die Flucht überlebt, kommt in einem hin- und hergerissenen Europa an, das nicht so recht weiß, ob es die Menschen wegschicken oder integrieren will, in dem viele Leute helfen wollen, aber auch immer mehr ganz offen hetzen. Die auch in der deutschen Politik vorherrschende Mischung aus Aktionismus und Abwarten, aus Fensterreden und Ratlosigkeit wird der explosiven Brisanz mehr...

  • Badische Neueste Nachrichten: Tiefe Kluft - Kommentar von Martin Ferber Karlsruhe (ots) - Heidenau wurde zu einem Menetekel, zu einem Symbol des Scheiterns. Eine überforderte Landesregierung und eine nicht sichtbare Bundesregierung gerieten in die Defensive und wurden zu Getriebenen. Angela Merkel hat inzwischen erkannt, dass es nicht reicht, nur mehr Geld und mehr Beamte zur Verfügung stellen. Die Herausforderung ist zu groß für Business as usual. Regieren heißt führen, Flagge zeigen, werben und die Menschen auf dem Weg mitnehmen, mit Argumenten wie mit Gefühlen. Nach zehn Jahren im Amt wird es für die mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Engpass bei Krebsmedikament Über Leichen Sigrun Müller-Gerbes Bielefeld (ots) - Es ist absurd: In armen Ländern sterben Menschen, weil sie sich lebensrettende Medikamente nicht leisten können. Der Patentschutz, von dem Pharmafirmen in Industrienationen profitieren, treibt Arzneimittelpreise in astronomische Höhen - bis zu 100.000 Euro im Jahr beispielsweise für moderne Krebsmedikamente. Und im reichen Deutschland drohen Todesfälle, weil die Medizin zu billig ist: Der Patentschutz für das Chemotherapeutikum Mephalan ist ausgelaufen, es kostet "nur" noch 2.000 Euro pro Behandlung, die Produktion mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar von Martin Wein über Wölfe Bremen (ots) - Lasst endlich die Wölfe in Ruhe! Machten in früheren Sommern regelmäßig angebliche Krokodile an Baggerseen mediale Karriere, so ist nun der Europäische Wolf ein heiß diskutiertes Politikum. Dabei geht es aber nur oberflächlich um echte Sicherheitsinteressen der Bevölkerung. Tatsächlich treiben sich ohnehin nur 50 Tiere in Niedersachsen herum und sind noch nicht in einem einzigen Fall wirklich aufdringlich geworden. Auch aus europäischen Nachbarländern hört man nicht, die dortigen Wölfe hätten Waldspaziergänger auf ihren mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar von Joerg Helge Wagner über Afghanistan Bremen (ots) - Nichts ist gut in Afghanistan - der Satz hat noch nie gestimmt. Richtig ist aber leider, dass nichts besser geworden ist seit dem Abzug der alliierten Kampftruppen Ende vorigen Jahres. Im Gegenteil: Selbst die Hauptstadt Kabul ist mittlerweile wieder so unsicher, dass Bundesaußenminister Steinmeier hier nicht einmal übernachten wollte. Kein Wunder: Auch in die Luxusherbergen sind schon Taliban-Killer eingedrungen. Afghanistans eigene Sicherheitskräfte sind offenbar heillos damit überfordert, die islamistische Guerilla mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht