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Westfalen-Blatt: zu "Cameron und die EU"

Geschrieben am 24-06-2015

Bielefeld (ots) - Es ist ein huldvolles Lächeln voll royalem
Glanz, das Deutschland in den Bann schlägt. Aber die Visite der
britischen Königin bleibt keineswegs nur eine Tour des guten Willens.
Dem royalen Tross gehört kein geringerer als Premierminister David
Cameron an, der auf dem Weg zum heutigen EU-Gipfel in Brüssel die
Zwischenstation in Berlin nur allzu gerne nutzt, um im Schatten
Elizabeth II. Handfestes mit der Bundeskanzlerin zu besprechen.
Cameron will Europa umkrempeln. Wenn der Premier von
Vertragsänderungen spricht, geht es um die Aufkündigung der Reise-
und Niederlassungsfreiheit. Die Säulen, auf denen das europäische
Haus steht, soll nach dem Willen des Briten eingerissen und darauf
ein willkürlicher Bund unabhängiger Staaten entstehen. Um es anders
zu sagen: Camerons Wunschvorstellung ist die einer Freihandelszone
ohne Grenzen, bei gleichzeitiger Abschaffung aller sozialen
Schutzstandards. Der durchaus richtige Einwand, dass der konservative
Regent aus London eigentlich ein EU-Befürworter ist, greift nicht.
Denn er erledigt das Handwerk der innenpolitischen Gegner, die er
eigentlich vorgibt zu bekämpfen. Das britische Modell als Vorlage für
eine runderneuerte Union? Das kann niemand wollen. Zwar teilt Angela
Merkel einige Anliegen Camerons - beispielsweise wenn es um den
Kampf gegen eine überbordende Bürokratie und Bevormundung aus Brüssel
geht. Aber die Kanzlerin weiß auch, dass die Lehren aus der Finanz-
und Staatsschuldenkrise nicht in weniger, sondern in mehr Europa
bestehen. Camerons Versuch, die EU zu einem Selbstbedienungsladen zu
machen, aus dessen Angebot sich jeder Staat heraussuchen kann, was er
will, führt nicht weiter. Merkel steht mit ihrer wachsenden Distanz
zu London nicht allein. Keiner der großen Staaten wie Frankreich,
Italien, Spanien, Polen oder die Niederlande trägt die britische
Reform mit. So viel kann die Queen gar nicht lächeln und winken, als
dass diese wachsende Kluft zwischen London und Brüssel überstrahlt
würde. Der heute beginnende EU-Gipfel wird alle Hände voll zu tun
haben, um nicht nur einen Grexit, sondern auch einen Brexit
wenigstens nach außen hin aufzuschieben. Dazu hat Cameron eine
interessante Brücke gebaut, als er betonte, Reformverhandlungen mit
der EU würden viele Jahre dauern. Mit anderen Worten: Die Bewohner
der Insel sollten bei einem Referendum nicht davon ausgehen, dass es
bereits fertige Reformen gäbe. Er braucht wenigstens einen Einstieg
in Gespräche, auch wenn deren Ausgang dann offen bleibt. Ob die
(bisherigen?) Partner dies als einen Weg ansehen, sozusagen zum
Schein und nur mit Blick auf die widerspenstigen Briten eine Reform
anzudeuten, die sie dann nach einem gelungenen Referendum wieder
auslaufen lassen, scheint wenig wahrscheinlich. Wähler werden ungern
getäuscht. Und genau darauf würde es hinauslaufen.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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