(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Griechenland

Geschrieben am 02-06-2015

Bielefeld (ots) - Alexis Tsipras' Taktik könnte aufgehen. Der
griechische Ministerpräsident hat den Streit zwischen seiner
Regierung und den Geldgebern jetzt dort, wo er ihn haben will: auf
der höchsten politischen Entscheidungsebene in Europa. Wenn Angela
Merkel die Troika-Spitzen Christine Lagarde (Internationaler
Währungsfonfs), Jean-Claude Juncker (EU-Kommission) und Mario Draghi
(Europäische Zentralbank) ins Kanzleramt zur Besprechung der
griechischen Krise einlädt, dann sollte danach zumindest die weitere
Richtung feststehen. Und das tut sie: Griechenland wird für
systemrelevant gehalten und soll im Euro bleiben.

Die Schuldenkrise bleibt nicht länger namen- und gesichtslosen
Finanzingenieuren überlassen, sie ist jetzt Chefsache. Und wie in
solchen Fällen üblich, steht dann eine Lösung unmittelbar bevor.
Entweder gewährt der IWF Griechenland einen Aufschub bis Ende Juni
für die am Freitag fällige Rate in Höhe von 310 Millionen Euro, oder
die Summe wird fristgemäß überwiesen - womöglich aus einem Topf mit
noch nicht abgerufenen EU-Fördergeldern, den Jean-Claude Juncker
persönlich öffnet. Dass er und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz
derzeit die »humanitäre Krise« in Griechenland lautstark betonen,
lässt jedenfalls auf einen schnellen Geldfluss aus Brüssel schließen.
Der wäre auch nötig, weil bis Ende Juni insgesamt 1,6 Milliarden Euro
an den IWF überwiesen werden müssen. Bis Ende August kommen etwa zehn
Milliarden Euro Kredite und Zinsen an weitere Gläubiger hinzu, die
wohl nur über ein drittes Hilfspaket zu stemmen wären. Darüber müsste
im Juli verhandelt werden.

Obwohl die Zeit drängt, hat Alexis Tsipras wieder einmal Zeit
gewonnen. Bis Ende Juni muss er sich mit den Geldgebern einigen, um
Zugriff auf die restlichen 7,2 Milliarden Euro Hilfsgelder aus dem
zweiten Rettungspaket zu bekommen. Der Aufschub von knapp vier Wochen
birgt Risiken - für ihn und für die EU.

Die Linksextremen in der Syriza-Bewegung könnten die x-te
Fristverlängerung als Einladung missverstehen, der Troika auch fortan
keine belastbare Reformliste vorzulegen. Für Tsipras ist es schwer
genug, innerhalb des linken Sammelbeckens Syriza kleinere Reformen
durchzusetzen, wie die Reduzierung der Frühverrentung oder eine
Fusion der Rentenkassen. Weitere Kürzungen der Altersbezüge sind
unter 1000 Euro gar nicht vermittelbar.

Griechenland muss jetzt begreifen, dass es auf Jahrzehnte
innerhalb der EU nicht mehr sein kann als ein Schwellenland. Gerade
die Staaten, die diesen Status für sich akzeptiert haben, machen in
Brüssel Druck. Die sparsamen Slowenen und die flexiblen Bulgaren
lehnen einen Athen-Bonus ab. Der Name des Nachbarlandes fällt in
Athen auffälig oft. Dort heißt es: »Wir können wie Bulgarien sein,
aber nicht wie Bangladesch.«



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

568484

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Chance und Risiko für den Fußball Zum Rücktritt von Fifa-Präsident Joseph Blatter Cottbus (ots) - Paukenschlag in Zürich: Sepp Blatter, der König des Weltfußballverbandes Fifa tritt zurück. Wer das vor einer Woche behauptet hätte, wäre ausgelacht worden. Blatter schien die Fäden - oder besser die Geldströme - in seiner Fußballwelt fest in der Hand zu halten. Dass dort nicht alles sauber zuging, Korruption und Vetternwirtschaft bei WM-Turnieren mehr zählten als das Wohl des Sports, war allen Beobachtern spätestens seit der Vergabe nach Russland und Katar klar. Dass sich daran aber jemals etwas ändern würde, wagte mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Die neue Marktmacht Arbeitslosigkeit in Deutschland auf Rekordtief gesunken Cottbus (ots) - Die gestrigen Arbeitslosenzahlen dokumentieren nicht einfach nur die übliche Frühjahrsbelebung. Sie markieren tatsächlich eine Vierteljahrhundert-Belebung der deutschen Wirtschaft. 6,3Prozent Arbeitslosigkeit, das ist der beste Wert seit 24Jahren. Und Wunder geschehen: Jetzt liegt die Quote im gesamten Osten schon einstellig, was vor zehn Jahren nur die reichen Traumländer Bayern und Baden-Württemberg erreichten. Und der Abstand verringert sich schnell. Es ist für die verbliebenen 2,76Millionen mehr...

  • RNZ: Abpfiff - Kommentar zum Blatter-Rücktritt Heidelberg (ots) - Der Sonnenkönig des Weltfußballs geht völlig überraschend - aber genau so, wie man es von ihm erwarten durfte: Keine Fragen erlaubt. Kein Wort zu möglichen eigenen Verfehlungen. Nur: Blatter, der gescheiterte Kämpfer für eine saubere Fifa, enttäuscht, weil er nicht mehr die ganze Welt hinter sich weiß. Was für ein Rührstück. Die Farce der Wiederwahl und die anschließende Kampfansage haben Blatter letztlich nicht mehr geholfen. Während das Fifa-Netz aus Gefälligkeiten und erkauften Loyalitäten ihn weiter getragen mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar: Blatters Rücktritt ist ein Geständnis Düsseldorf (ots) - Sepp Blatter kann die Welt doch überraschen. Am Wochenende hatte sich der 79-Jährige noch wie erwartet elegant über alle Korruptionsvorwürfe an den Fußball-Weltverband hinweggesetzt und im Amt des Fifa-Präsidenten bestätigen lassen. Gestern Abend trat er zurück. Das hat niemand erwartet. Der Rücktritt hat offenbar mit den jüngsten Enthüllungen der US-Ermittler im Fifa-Korruptionsskandal zu tun. Blatter hat feststellen müssen, dass die Vorwürfe das Herz des Verbands betreffen, für das er sich seit 17 Jahren als Präsident mehr...

  • NOZ: Gespräch mit Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender des Finanzdienstleisters MLP Osnabrück (ots) - MLP-Chef sagt Versicherungsmaklern Marktbereinigung voraus Schroeder-Wildberg: Lebensversicherungsreformgesetz sorgt für Ausleseprozess Osnabrück.- Der Vorstandsvorsitzende des Finanzdienstleisters MLP, Uwe Schroeder-Wildberg, sagt der Versicherungsbranche einen Ausleseprozess voraus. Das 2014 verabschiedete Lebensversicherungsreformgesetz bedeute für viele kleinere Versicherungsmakler das Aus, sagte Schroeder-Wildberg im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag). Auf der Vermittlerseite, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht