(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Von allen Seiten gut / In Regensburg beginnt der Bau des Bayern-Museums. Das ist aus vielen Gründen ein Tag der Freude. Leitartikel von Marianne Sperb

Geschrieben am 22-05-2015

Regensburg (ots) - Der Grundstein für das Museum der Bayerischen
Geschichte ist gelegt. Das Prestigeprojekt steuert auf die
Zielgerade. In drei Jahren, am 26. Mai 2018, eröffnet das Haus am
Donaumarkt. Bayern und speziell Regensburg können sich freuen - aus
vielen Gründen. Aus der Nahsicht schöpft Regensburg aus dem 67
Millionen Euro teuren Projekt reichen Ertrag. Der Komplex heilt die
alte Wunde der Welterbestadt. Die dominante Ecke am Donaumarkt, lange
Zeit eine öde Brache an Regensburgs Premiumlage, bekommt eine Nutzung
und ein Gesicht. Die Architektur stand und steht in der Kritik. Der
Entwurf des Frankfurter Büros Woerner und Partner wird als Monster
und Schachtel geschmäht, auf Youtube kursiert ein Spott-Video über
das Modell, das sich gegen spektakuläre Konkurrenz durchgesetzt hat,
gegen 254 Entwürfe, ausgehängt auf 900 laufenden Metern. Unabhängig
von der Kritik: Tatsächlich entsteht an der Donau - endlich - ein
markantes Stück zeitgenössischer Baukunst. Der interessant verkantete
Naturstein-Bau ist mit seinen abfallenden und aufsteigenden
Dachflächen geradezu in die Altstadt hineinkomponiert. Seine teils
kleinporig gerasterte Fassade reißt ein großes Fenster zum Dom auf,
hinter dem sich ab 2018 die Abteilung "Der Himmel der Bayern" auftun
wird. Das Haus schenkt offenen Durchblick vom Kolpinghaus zur Donau,
gibt eine grandiose Terrasse zum Fluss frei und nimmt mit einer Fuge,
die die historische Gassensituation zitiert, den einstigen
Altstadt-Grundriss in seinen Körper auf. Der touristische, der Image-
und der wirtschaftliche Faktor addieren sich zu diesem entscheidenden
architektonischen Plus. Aus der Draufsicht, weiter gefasst gedacht,
bekommt Bayern am richtigen Ort ein Museum, das als einziges seine
jüngere Geschichte, die des 19. und 20. Jahrhunderts, dokumentiert.
25 Kommunen hatten sich für das Projekt beworben. Aber
bezeichnenderweise begann die Standort-Debatte noch am Tag nach der
Entscheidung zu verstummen. Regensburg, in der Mitte Bayerns gelegen,
ist der stimmige Ort, nicht nur aus Sicht der Lokalpatrioten: Mit
2000 Jahren hochkarätiger Geschichte ankert die Stadt in einer
historischen Tiefe, die ideal die Inhalte des Hauses spiegelt. Es
gibt die Sicht von unten: Das wird die Perspektive sein, aus der das
Museum Bayerns Vergangenheit aufblättert, nicht einseitig als hehre
Haupt- und Staatsaktion, sondern betont anhand von Zeugnissen aus dem
Leben des kleinen Mannes. Ein Soldatenhelm mit Einschussloch, eine
Chianti-Flasche, ein Parfümierautomat oder ein Protestplakat werden
uns erzählen von Kriegstreibern, Wirtschaftswunder oder
WAA-Wider-stand. Wir werden Episoden erfahren über königlichen Prunk
und gemeine Armut, über Opfer und Heldentaten, über Siege, Verrat und
Unmenschlichkeit, über bayerische Erfinderlust und weiß-blaues
Traditionsbewusstsein. Das Haus will, worum es in Museen immer geht:
"eine Geschichte gut erzählen". Das wird lebensnah, auch witzig
inszeniert, jedenfalls ohne Langeweile, die manchmal als Kennzeichen
der Wissenschaftlichkeit missverstanden wird, und barrierefrei in
einem Sinn, wie ihn angelsächsische Häuser pflegen - also frei von
allem, was Besucher hindert, mehrmals im Jahr ins Haus zu kommen. Das
Haus wird nachvollziehen lassen, wie wir wurden, was wir sind - und
werden können. Das ist viel in einer Gesellschaft, die einerseits
Pseudotraditionen pflegt und andererseits immer ahistorischer wird.
Das Museum zieht die Linie von der Vergangenheit in die Zukunft. Es
wird sich, mit der Bavariathek als digitalem Gedächtnis, permanent
verjüngen, ein Wissensspeicher, in den fortlaufend eingespeist wird
und der beides bedient: die Notwendigkeit, sich zu erinnern, und den
Neugier, wohin das alles führt. Regensburg und Bayern können sich
freuen auf dieses Haus.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

567779

weitere Artikel:
  • Der Tagesspiegel: Özdemir: Grüne werden Opfern von Kindesmissbrauch helfen "Riesiger Fehler", dass sich Partei nicht klar von Forderungen der Pädophilie-Aktivisten abgegrenzt hat Berlin (ots) - Die Grünen wollen nach Angaben ihres Parteichefs, Cem Özdemir, Opfern von Kindesmissbrauch in der Frühphase der Partei helfen. "Wir stellen uns unserer Verantwortung. Dazu kann auch gehören, Betroffenen eine Zahlung als Anerkennung ihres Leids zu leisten, oder sie bei der Suche nach einem Therapieplatz zu beraten", sagte Özdemir dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am Sonntag" (Sonntagausgabe). Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an: Der Tagesspiegel, Newsroom, Telefon: 030-29021-14909. Pressekontakt: mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: US-Strategie hat versagt / Kommentar von Axel Zacharias zu den IS-Erfolgen in Syrien und im Irak Weimar (ots) - Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht vor den Horden des Islamischen Staates (IS). Die Terrormiliz ist wieder auf dem Vormarsch, nachdem es zwischenzeitlich so ausgesehen hatte, als ob die Zeit militärischer Erfolge abgelaufen sei. Die Gefahr aber ist, dass der IS im Gegensatz zu Al Kaida in der Lage ist, rudimentäre staatliche Strukturen aufzubauen. Das verleiht dm IS Autorität, die nicht nur durch das Scharia-Schreckensregime begründet ist. Zudem sind die Kämpfer, häufig aus westlichen Staaten kommend, versiert mehr...

  • NOZ: Gespräch mit Claudia Roth, Bundestagsvizepräsidentin Osnabrück (ots) - Wahl in der Türkei: Roth warnt vor Alleinherrschaft Erdogans Bundestagsvizepräsidentin fürchtet Abkehr von Demokratie - "Vielleicht wichtigste Wahl seit 13 Jahren" Osnabrück.- Mit Blick auf die bevorstehende Parlamentswahl in der Türkei warnt Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) vor einer Abkehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in dem Land. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte sie: "Während die Türkei große Erfolge in der wirtschaftlichen Entwicklung gemacht mehr...

  • NOZ: Interview mit Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland Osnabrück (ots) - Bootsflüchtlinge in Lebensgefahr: Diakonie-Präsident fordert Ausweitung der EU-Seenotrettung Lilie: EU-Programm Triton bis in die libyschen Küstengewässer - "Humanitäre und politische Katastrophe" Osnabrück.- Angesichts der dramatischen Lage möglicherweise Tausender Bootsflüchtlinge im Mittelmeer fordert Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, eine Ausweitung des EU-Seenotrettungsprogramms Triton. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte er: "Es ist nach wie vor unklar, mehr...

  • NOZ: Gespräch mit Lüder Gerken, Leiter des Centrums für Europäische Politik (CEP) Osnabrück (ots) - Ökonom Gerken: EU-Verbleib der Briten wichtig Leiter des Centrums für Europäische Politik: England wichtigster Verbündeter Deutschlands - "Sonst würde südeuropäisches Politikkonzept Oberhand gewinnen" Osnabrück.- Nach Ansicht des Freiburger Wirtschaftswissenschaftlers Lüder Gerken hat der Verbleib der Briten in der Europäischen Union große Bedeutung für Deutschland. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte der Leiter des Centrums für Europäische Politik (CEP): "Bei einem Austritt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht