(Registrieren)

Westfalen-Blatt: zur Polizeigewalt in den USA

Geschrieben am 08-04-2015

Bielefeld (ots) - Der erste Impuls lässt an Ferguson denken. Die
brutale Polizeigewalt gegen einen Unbewaffneten scheint genau dem
Muster zu entsprechen, das in dem Schwarzen-Vorort von St. Louis
wochenlange Rassenunruhen auslöste. Hier wie dort tötete ein weißer
Polizist wegen einer Bagatelle einen schwarzen Mann. In beiden Fällen
zückte der Beamte die Dienstwaffe und feuerte auf einen wehrlosen
Menschen. Klar ist: Sowohl der Bundesstaat Missouri als auch South
Carolina haben eine schwierige Geschichte, wenn es um das Verhältnis
von Schwarz und Weiß geht. Doch es gibt gravierende Unterschiede
zwischen Ferguson und North Charleston. Während es beim Tathergang,
der zum Tod des 19-jährigen Michael Brown führte, nur Zeugenaussagen
gibt, die einander widersprechen, liegt im aktuellen Fall ein
Video-Mitschnitt vor. Dieser lässt wenig Zweifel an dem, was sich
tatsächlich zugetragen hat. In Ferguson taten Polizei und Justiz
alles, den Beamten zu schützen. Statt ihn direkt vor Gericht zu
stellen, berief die Staatsanwaltschaft eine Jury ein, um zu
entscheiden, ob es überhaupt zu einem Prozess kommt. Dabei
präsentierten die Ankläger eine so schwache Beweislage, dass die
Laien-Geschworenen gar nicht anders konnten als den Polizisten laufen
zu lassen. Ganz anders jetzt die Situation in North Charleston. Der
Polizist Michael Slager sitzt hinter Gittern und wartet auf seinen
Prozess. Mord heißt der Vorwurf. Weder Polizeichef noch Bürgermeister
versuchten irgendeine Entschuldigung für die Tat des Beamten zu
finden. Und auch die für die Überwachung der Bürgerrechte zuständige
Abteilung im US-Justizministerium war gleich auf dem Plan. Die
Reaktion auf den Tod des 50-jährigen Walter Scott in North Charleston
demonstriert die erkennbar gewachsene Sensibilität von Staat und
Gesellschaft in den USA im Umgang mit Polizeigewalt. Und zeigt einmal
mehr, wie hilfreich der generelle Einsatz von Körperkameras wäre.
Gelöst werden müssen aber vor allem die strukturellen Probleme, die
in den USA zu solchen Übergriffen führen. Auch in North Charleston
besteht die bedenkliche Situation, dass die Zusammensetzung der
lokalen Polizei nicht im Entferntesten die Nachbarschaften
reflektiert, in denen sie Dienst tut. Solange die Ordnungshüter nicht
als Helfer, sondern Besatzer gesehen werden, kann es kein Vertrauen
geben. Stattdessen entsteht eine Atmosphäre, in der Bürger so gut wie
nie mit der Polizei kooperieren oder wie in diesem Fall sogar vor ihr
weglaufen. Darüber hinaus fehlt ein Register, das den
Schusswaffengebrauch von Beamten mit Todesfolge national erfasst.
Dieses dürfte die traurige Realität zu Tage fördern, dass ein
Durchgreifen der Justiz wie in North Charleston bisher die absolute
Ausnahme ist. Es bleibt noch viel zu tun.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

564460

weitere Artikel:
  • Märkische Oderzeitung: Die Märkische Oderzeitung (Frankfurt (Oder) meint zu den tödlichen Schüssen eines weißen US-Polizisten auf einen Schwarzen in den USA: Frankfurt/Oder (ots) - Erneut hat ein Polizist in den USA einen Unbewaffneten umgebracht. Wer behauptet, dass diese Fälle nichts mit der Hautfarbe der Opfer zu tun haben, der verschließt die Augen vor dem Alltagsrassismus in den USA. Es geht um strukturelle Probleme, die durch Studien und Statistiken belegt sind: Schwarze verdienen weniger, werden öfter im Straßenverkehr kontrolliert, sind in der Politik unterrepräsentiert - und werden häufiger Opfer polizeilicher Gewalt als andere US-Bürger. Dass Wohl und Wehe wesentlich von der mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar US-Polizist tötet unbewaffneten Schwarzen Eine Schande Dirk Hautkapp, Washington Bielefeld (ots) - Selten ist polizeiliches Fehlverhalten in Amerika so erschütternd und lückenlos im Detail festgehalten worden wie auf dem Video, das den sinnlosen Tod von Walter Scott zeigt. Nichts, rein gar nichts rechtfertigt den Einsatz der Waffe, die der Polizist Michael Slager ohne Vorwarnung auf einen unbewaffneten, ungefährlichen und davonlaufenden Mann richtete. Was abseits der nach Ferguson und anderen Sündenfällen heiß debattierten Rassenfrage (wieder war das Opfer schwarz und der Todesschütze weiß) ohnmächtig macht, mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar von Thomas Spang zu North Charleston Bremen (ots) - Noch ein Vorfall wie in Ferguson - das ist der erste Gedanke. Die brutale Polizeigewalt gegen den unbewaffneten Walter Scott in North Charleston scheint dem Muster zu entsprechen, das in dem Schwarzen-Vorort von St. Louis wochenlange Unruhen auslöste. Doch während in Ferguson Polizei und Justiz alles dazu taten, den Beamten vor einer Strafverfolgung zu schützen, stellt sich die Situation in North Charleston ganz anders dar: Der Todesschütze Michael Slager sitzt hinter Gittern und wird sich wegen Mordes verantworten mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar von Joerg Helge Wagner über das Srebenica-Urteil Bremen (ots) - Das bizarre Holzkreuz, das sich der bosnisch-serbische Ex-General Tolimir zur Urteilsverkündung um den Hals gehängt hat, konnte bestenfalls die Fotografen irritieren - die Richter des UN-Tribunals in Den Haag blieben unbeirrt: Der Mann ist Mittäter eines Massenmordes und Kriegsverbrechens. Und sie verhängten die einzig mögliche Strafe dafür: lebenslange Haft. Fast 20 Jahre nach dem Massaker von Srebrenica erfahren damit zumindest die Hinterbliebenen der fast 8000 ermordeten Muslime eine späte Genugtuung, vielleicht mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar von Norbert Holst über Tsipras und Putin Bremen (ots) - Mit seiner Aufwartung bei Wladimir Putin sucht Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras einen neuen Verbündeten. Das ist sein gutes Recht. Ob der Flirt mit dem russischen Präsidenten allerdings auf lange Sicht klug ist, steht auf einem anderen Blatt. In Brüssel, Paris und Berlin ist die Reise als das angekommen, was sie sein soll: eine Drohgebärde, eine Provokation. Doch mit dem Trip tut Tsipras weder sich noch seinem Land einen Gefallen. Öffentlich die EU-Sanktionen gegen Russland zu kritisieren und Putin um eine mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht