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ROG: Kampf gegen Ebola in Westafrika darf nicht zulasten der Pressefreiheit gehen

Geschrieben am 23-09-2014

Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die Regierungen
Liberias und Guineas auf, den Kampf gegen Ebola nicht zulasten der
Pressefreiheit zu führen. In Liberia haben die Behörden mehrfach
gravierend in die Arbeit mehrerer Zeitungen eingegriffen. In Guinea
lynchten Dorfbewohner drei Journalisten. Diese hatten Vertreter der
örtlichen Behörden begleitet, die über die Gefahren des Ebola-Virus
informieren wollten und von aufgebrachten Bewohnern angegriffen
wurden.

"Die Ebola-Epidemie darf kein Vorwand sein, um die Arbeit der
Medien einzuschränken", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
"Gerade angesichts der aktuellen Krise müssen Journalisten
ungehindert arbeiten können, um die Menschen in den betroffenen
Gebieten kontinuierlich über die Ausbreitung der Krankheit und über
die Reaktion der Behörden zu informieren."

REPRESSIONEN GEGEN ZEITUNGEN IN LIBERIA

Die liberianische Zeitung National Chronicle ist seit einer
Polizeirazzia am 14. August geschlossen; am (morgigen) Mittwoch soll
das Verfassungsgericht über eine Klage der Press Union of Liberia
gegen die fortdauernde Schließung beraten. Bei der Razzia zerstörten
Polizisten die Eingangstür der Redaktion, versprühten Tränengas in
den Räumen der Zeitung und beschlagnahmten zwei Computer. Herausgeber
Philibert S. Browne, der leitende Redakteur Emmanuel Mensah und der
Computertechniker Emmanuel Logan wurden vorübergehend festgenommen.

Unmittelbar vor der Razzia hatte Informationsminister Lewis Brown
Journalisten zu zurückhaltender Berichterstattung aufgefordert: "Wir
sehen jetzt alle möglichen Berichte, als würden wir in normalen
Zeiten leben. Bitte, bitte, wenn Sie uns nicht helfen können, schaden
Sie uns nicht. Dies ist die letzte Warnung, die sie jemals von mir
hören werden."

Die National Chronicle hatte eine Reihe kritischer Artikel über
Präsidentensohn Fumba Sirleaf veröffentlicht, der an der Spitze des
liberianischen Geheimdienstes National Security Agency steht. Zudem
hatte das Blatt von Überlegungen berichtet, die Regierung von
Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf durch eine Übergangsregierung zu
ersetzen.

"GRUNDRECHTE NOTFALLS AUSSETZEN"

Die Möglichkeiten zur journalistischen Recherche sind in Liberia
derzeit deutlich eingeschränkt. Bei der Verhängung des Notstands
Anfang August hatte die Staatspräsidentin angekündigt, angesichts der
Gesundheitskrise würden notfalls auch Grundrechte ausgesetzt. Die
später in Kraft gesetzten nächtlichen Ausgangssperren hinderten
Journalisten daran, nach 21 Uhr außer Haus zu recherchieren.

Am 1. September forderten Polizisten die Zeitung Front Page Africa
auf, ihren Stromgenerator wegen angeblicher Umweltverschmutzung
abzuschalten. Die Zeitung musste in der Folge ihre Produktion
einstellen und konnte nicht mehr gedruckt werden. Firmen in der
Umgebung durften ihre Generatoren unterdessen ungehindert weiter
benutzen.

Front Page Africa konnte 2013 schon einmal fast drei Monate lang
auf Gerichtsbeschluss nicht erscheinen. Zugleich saß ihr
Chefredakteur Rodney Sieh zeitweise in Haft, weil er eine
Entschädigungssumme von 1,2 Millionen Euro infolge der
Verleumdungsklage eines ehemaligen Landwirtschaftsministers nicht
aufbringen konnte. (http://bit.ly/1ripJkG)

Am 30. August verhörte die Polizei mehrere Stunden lang die
Herausgeberin der Zeitung Women Voices, Helen G. Nah, wegen eines
Berichts über Korruptionsvorwürfe gegen die Polizei im Zusammenhang
mit der Verteilung von Ebola-Hilfsgeldern.

GUINEA: SCHUTZ FÜR JOURNALISTEN NÖTIG

Der tödliche Angriff von Dorfbewohnern in Guinea macht deutlich,
wie wichtig es ist, dass Behörden und Medien angesichts der um sich
greifenden Panik vieler Menschen in den Ebola-Gebieten alles zum
Schutz von Journalisten unternehmen, die über die Situation
informieren. Die Regierung Guineas versprach dafür zu sorgen, dass
die Schuldigen nicht ungestraft blieben.

Bei dem Angriff in dem Dorf Womé in der Präfektur Nzérékoré
starben Facély Camara, ein Journalist eines privaten Radiosenders,
sowie Molou Chérif und Sidiki Sidibé, ein Techniker und ein
Auszubildender eines örtlichen Radiosenders für die Landbevölkerung.
Auch fünf weitere Menschen wurden getötet, offenbar weil die
Dorfbewohner fürchteten, die Behördendelegation könne das Ebola-Virus
sowie ausländische Propaganda verbreiten.

Schon vor der Ebola-Epidemie arbeiteten Journalisten in Guinea in
einem Klima von Unsicherheit und Gewalt: Sicherheitskräfte und
Demonstranten greifen häufig Journalisten an, überfallen und plündern
Redaktionen. Reporter werden verklagt oder verschleppt.
Kommunikationsminister, Medienaufsicht und Lokalbehörden schließen
willkürlich Radio- und Fernsehsender.

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN

Liberia steht auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 89,
Guinea auf Platz 102 von 180 Ländern. Zur Situation der Journalisten
in Guinea sowie in Niger hat ROG 2011 einen ausführlichen
englischsprachigen Bericht veröffentlicht: "Turning the Page. Hopes
for Media Freedom in Niger and Guinea" (http://bit.ly/1C9qzVz).

Weitere Informationen zur Lage in Liberia finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/liberia/, zur Lage in Guinea unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/guinea/.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Silke Ballweg / Christoph Dreyer
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29


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