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Mittelbayerische Zeitung: Aufräumen bei der Truppe / Eine Erhöhung des Wehretats ist nicht notwendig - auch wenn die Nato und neue Krisenherde drängen. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 10-09-2014

Regensburg (ots) - ls "erbärmlich" hat Ex-Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg die vorgesehen Kürzung im deutschen
Wehretat für das kommende Jahr abgekanzelt. Einmal in Fahrt hat der
blaublütige Oberfranke, der nach seinem schmählichen Abschied aus der
deutschen Politik nun in den USA eine Beratungsfirma leitet, auch
gleich noch die EU-Regierungschefs zu "Schlafwandlern" erklärt. Die
hätten keine wirklichen Konsequenzen aus den dramatischen
Entwicklungen von der Ostukraine, über Syrien, Irak und dem Nahen
Osten gezogen. Nun ja, vielleicht hat zu Guttenberges General-Schelte
auch damit zu tun, dass er einfach nicht mehr gefragt ist. An Stelle
des einstigen CSU-Hoffnungs- und Sympathieträgers steht heute Ursula
von der Leyen an der Spitze des Verteidigungsressorts. Entgegen den
allgemeinen Erwartungen hat die "Mutter der Truppe" gestern im
Bundestags klargemacht, dass es trotz höherer Anforderungen an die
Bundeswehr nicht mehr Geld geben wird. Zumindest nicht für das Jahr
2015. Und damit hat die ehrgeizige CDU-Frau sogar Recht. So lange das
Wehrressort regelmäßig Hunderte Millionen Euro jedes Jahr zurück an
den Bundeshaushalt überweisen muss, weil große Rüstungsprojekte
stocken, darf kein größerer Schluck aus der Pulle genehmigt werden.
Die internen Abläufe bei der Beschaffung im Ministerium bedürfen
dagegen einer gründlichen Überprüfung. Von der Leyen lässt dies durch
ein externes Konsortium gerade vornehmen. In vier Wochen sollen die
Ergebnisse vorliegen. Jahrzehntelang war die Bundeswehr für viele
Rüstungsunternehmen eine Art Kuh, die man nur zu melken brauchte.
Hinzu kam Missmanagement, das sich bis heute hinzieht und den
Steuerzahler weitere Milliarden kosten dürfte. Die Liste von Pleiten,
Pech und Pannen ist lang. Der dringend benötigte Lufttransporter A
400 M etwa ist über vier Jahre überfällig. Für Großtransporte muss
die Bundeswehr russische Antonov-Maschinen ordern. Die geplante
Drohne Euro-Hawk ist sogar völlig abgestürzt und nahm über eine halbe
Milliarde Euro mit. Nicht wirklich gut läuft die Beschaffung des
neuen Kampfhubschraubers, des Gefechtsfahrzeuges Puma, des neuen
Kampfschiffes - und, und, und. Es wird Zeit, dass von der Leyen ihren
energischen Ankündigungen auch wirklich Konsequenzen folgen lässt. In
ihrem Ministerium hat sich offenbar viel Filz, Inkompetenz und
Entscheidungsschwäche angesammelt. Von der Leyen, der der Sinn nach
noch höheren Positionen stehen soll, wird auch daran gemessen werden,
ob sie diesen Schlendrian im Ministerium auskehren kann oder nicht.
Die Bundeswehr muss schlicht mit dem vorhandenen Geld effektiver
umgehen. Freilich setzen sich die Bundesregierung und Bundestag mit
der Entscheidung über einen relativ knapp geschneiderten
Verteidigungsetat über die Nato-Entscheidung von letzter Woche
hinweg. Auf dem Gipfel in Wales waren zwei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts als Maßgabe für die Größe der nationalen
Verteidigungshaushalte anvisiert worden. Nur die USA und
Großbritannien liegen zurzeit bereits deutlich über dieser Marke.
Andere Nato-Staaten, darunter Deutschland mit etwa 1,3 Prozent,
liegen klar darunter. Würde man die Nato-Orientierung sofort
umsetzen, müsste der Wehretat auf einen Schlag auf mehr als 50
Milliarden Euro angehoben werden. Das ist weder haushaltspolitisch
machbar, noch von den Beschaffungs-Strukturen her realisierbar.
Mittefristig allerdings ist eine Erhöhung des Verteidigungsetats
jedoch angezeigt. In Maßen, wie von der Leyen zu Recht anmahnt.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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