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Mittelbayerische Zeitung: "Dschihad in Deutschland?": Leitartikel von Stefan Stark zur Terrorgefahr

Geschrieben am 04-09-2014

Regensburg (ots) - Die Dschihadisten leben mitten unter uns. Es
wäre ein fataler Fehler, beim islamistischen Terrorismus
ausschließlich an die Steinzeit-Barbaren der IS-Milizen im Irak und
in Syrien zu denken - und die Gefahren in Deutschland auszublenden.
Es sei an den 2. März 2011 erinnert, als ein religiös motivierter
Attentäter auf dem Frankfurter Flughafen ein Blutbad in einem mit
US-Soldaten besetzten Bus anrichtete. Diese feige Tat gilt als erster
islamistischer Anschlag in Deutschland. Es geht hier nicht um
Panikmache: Eine Studie des Verfassungsschutzes hebt hervor, dass nur
eine verschwindende Minderheit der jungen Muslime in der westlichen
Welt den Weg des Dschihadismus einschlägt. Die überwältigende
Mehrheit ist gut integriert und verurteilt Gewalt im Namen des
Glaubens. Dennoch: Inzwischen muss man von mehreren hundert
potentiellen "Gefährdern" ausgehen. Wenn der Verfassungsschützer
Hans-Georg Maaßen jetzt von einer "erhöhten abstrakten Gefahr"
spricht, sollte man seine Warnung Ernst nehmen. Natürlich meint er
die Dschihadisten mit deutschem Pass, die für den IS im Mittleren
Osten kämpfen, und von denen die Ersten schon wieder zurück sein
sollen. Es würde zur perfiden Logik der Fanatiker passen, dass sie
sich wegen der deutschen Waffenlieferungen an die Kurden nun zu
Racheakten angestachelt fühlen. Es wäre naiv zu glauben, das Problem
des "Homegrown-Terrorism", also des radikalen Islamismus in der
westlichen Welt, würde nur Madrid, London, Amsterdam oder
amerikanische Städte treffen. Der globalisierte Terrorismus macht
nicht an den deutschen Grenzen halt. Letztlich ist es nur einer
Mischung aus purem Zufall und einer geglückten Zusammenarbeit mit dem
US-Geheimdienst zu verdanken, dass es bei uns noch nicht zu
Anschlägen wie auf die Pendlerzüge im Bahnhof Atocha oder die
Doppeldecker-Busse in der britischen Hauptstadt kam. Das Attentat der
Bonner Bahnhofsbomber im Dezember 2012 scheiterte nur, weil der
Zünder nicht funktionierte. Und die Mitglieder der Sauerlandgruppe,
die ein Terrorinferno auf einem US-Stützpunkt in Deutschland planten,
flogen erst im letzten Moment wegen Hinweisen der Amerikaner an die
deutschen Behörden auf. Äußerst beunruhigend sind die Berichte über
die erstarkende Salafistenszene in Deutschland. Offenbar pflegt diese
fanatische Gruppe nicht nur rege Kontakte zum IS. Sie rekrutiert
offenbar junge Muslime, um in Syrien zu morden. Es wäre nicht
überraschend, wenn die Salafisten als nächstes zum bewaffneten Kampf
in Deutschland aufrufen. Dann hätten wir es mit einer
Islamistischen-Armee-Fraktion zu tun. Während das Kalifat mit den
Gräueltaten in Syrien und im Irak alle zentralen Werte der westlichen
Demokratien angreift, wächst mitten unter uns eine bedrohliche
Parallelwelt heran - von den Dschihadisten mit professioneller
Propaganda über soziale Netzwerke gesteuert. Erste Politiker fordern
bereits ein IS-Verbot in Deutschland. Andere verlangen, potentiellen
Islamisten die Pässe abzunehmen - oder sie gleich ins Ausland
abzuschieben. Die gute Nachricht besteht darin, dass endlich eine
überfällige Debatte über die radikalen Fanatiker in Deutschland
entsteht. Die schlechte Botschaft ist, dass alle diese Vorschläge
nichts taugen. Eine Abschiebung der Dschihadisten ist rechtlich nicht
möglich, weil die meisten die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
Ohne Pass können die Islamisten vielleicht nicht mehr ausreisen,
dafür aber umso fleißiger Terrorpläne direkt vor der Haustüre
schmieden. Und bei einem IS-Verbot fragt man sich, was genau man
verbieten soll. Denn über konkret fassbare Strukturen verfügt diese
Organisation nicht. Letztlich kann man nur an die Moscheegemeinden
appellieren, an Verwandte und Freunde, die jungen Leute davon
abzuhalten, sich selbst und andere ins Unglück zu stürzen. Dem Staat
selbst bleibt vorerst nur die Erkenntnis, dass das Risiko für die
innere Sicherheit erheblich gestiegen ist.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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