Aachener Nachrichten: Ein altes Feindbild - Putin, der Ukraine-Konflikt und der Westen; Kommentar von Joachim Zinsen
Geschrieben am 19-08-2014 |   
 
 Aachen (ots) - Der Russe steht mal wieder vor unserer Tür.  
Irgendwie  ist er eine schaurige Gestalt - finster, bedrohlich und  
unberechenbar. So, wie er halt immer schon war. Kaum ein Feindbild  
lässt sich in Deutschland so leicht aktivieren, wie die Vorstellung  
vom aggressiven russischen Bären. Sobald das Land in internationale  
Spannungen verwickelt ist, verfallen wir schnell in ein plattes  
Schwarz-Weiß-Schema. Die Russen sind die Bösen, ihre Gegner  die  
Guten. Der Blick weiter Teile unseres politisch-medialen Komplexes  
auf die aktuelle Ukraine-Krise steht in dieser Tradition. Schon vor  
hundert Jahren nutzte das Hohenzollernregime die Legende vom  
aggressiven russischen Panslawismus, um dahinter das eigene  
Machtstreben zu verstecken und den Ersten Weltkrieg zu entfachen.  
Jahre später war es die Parole vom "jüdischen Bolschewismus", mit der 
im Deutschen Reich gegen Russland mobil gemacht wurde. In der  
Adenauer-Ära ließ die CDU auf einem Wahlplakat eine dunkle,  
furchterregende Gestalt erklären, dass alle Wege des Marxismus nach  
Moskau führen. Während des Kalten Krieges wurde dann an jeder Ecke  
verkündet, die Sowjetunion warte nur auf eine günstige Gelegenheit,  
um über den Westen herzufallen. So unterschiedlich die politischen  
Verhältnisse jeweils auch waren, immer wieder wurde mit der angeblich 
permanent drohenden Gefahr aus dem Osten Stimmung gemacht. Nach und  
nach entstand eine tiefsitzende Russophobie in vielen Köpfen. Heute  
heißt der Russe Wladimir Putin. Natürlich sieht der Westen in ihm den 
alleinigen Verursacher der Ukraine-Krise. Der Kreml-Chef ist in den  
vergangenen Monaten zum politischen Dämonen schlechthin erklärt  
worden. Er wird uns als instinktgetriebener Primitivling, als ein  
Hasardeur präsentiert, der Russlands alte Größe wiederherstellen will 
- koste es, was es wolle. Angeblich ist ihm alles zuzutrauen. Egal  
was er macht, es gilt als suspekt. Schickt er einen Hilfskonvoi  
Richtung Ost-Ukraine, kann das nur ein getarnter Waffentransport  
sein. Wird ein malaysisches Flugzeug über den umkämpften Gebieten  
abgeschossen, kann dahinter nur Putin stecken. Zwar ist bisher nichts 
bewiesen. Aber so kleinlich brauchen wir nicht zu sein. Was die  
Regierung in Kiew und die US-Administration behaupten, wird schon  
stimmen. Sie sind ja die Guten in dieser Geschichte. Und Gute sagen  
nur die Wahrheit. Was Putin hingegen verbreiten lässt, sei nichts als 
Propaganda. Geistig leben wir offensichtlich wieder in  
Schützengräben. Die mentale Mobilisierung ist so weit  
fortgeschritten, dass jede differenziertere Analyse des  
Ukraine-Konflikts umgehend in den Verdacht gerät, das hohe Lied auf  
Putin singen zu wollen. Dabei gilt: Natürlich ist Putin kein  
lupenreiner Demokrat. Aber die Oligarchen-Regierung in Kiew gehört  
ebenfalls nicht zu den Blüten einer demokratischen Kultur. Natürlich  
zieht es viele Ukrainer in die EU. Andere hingegen fühlen sich  
deutlich stärker Russland verbunden. Natürlich betreibt Putin in der  
Ost-Ukraine Machtpolitik. Das Gleiche gilt jedoch für die USA. Ihr  
geht es um die gewaltigen Erdgasreserven der Ost-Ukraine und um eine  
weitere Ausdehnung der Nato. Letzeres aber ist genau der Punkt, den  
Putin fürchtet. Polen, Tschechien, Bulgarien, Rumänien und die  
baltischen Staaten haben in den vergangenen beiden Jahrzehnten  
friedlich die russische Einflusssphäre verlassen können und sind -  
trotz anderslautender Zusicherungen - von der Nato aufgenommen  
worden. Doch mit dem Versuch des Westens, die Ukraine in sein Lager  
zu ziehen, war für Putin eine rote Linie überschritten. Der Westen  
hätte das sehen und akzeptieren müssen. Doch statt auf eine  
Kompromisslösung zu drängen, die den russischen Sicherheitsinteressen 
und dem innenpolitisch hochkomplexen Charakter der Ukraine Rechnung  
trägt, unterstützte er nahezu bedingungslos die Regierung in Kiew.  
Inzwischen scheint vieles vergessen zu sein, was Voraussetzung für  
ein friedliches Miteinander in Europa ist. Permanent wird an der  
Eskalationsschraube gedreht. Auch vom Westen. Längst stehen wir dank  
der Sanktionspolitik am Rande eines Wirtschaftskrieges. Dabei waren  
intensive Handelsbeziehungen in der Vergangenheit stets ein Garant  
dafür, dass sich Länder aufeinander zubewegten und gewaltsame  
Konflikte vermieden. Mit wildem Eifertum, Rechthaberei oder gar dem  
Militär wird sich der Konflikt um die Ukraine nicht lösen lassen.  
Nötig ist eine Rückkehr zur Realpolitik. Dazu gehört vor allem die  
Fähigkeit, sich in die Position der anderen Seite hineinversetzen zu  
können. Vorurteile, Ressentiments und das Spiel mit Feindbildern sind 
dabei wenig hilfreich. 
 
 
 
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