DER STANDARD-Kommentar: "Wir sind die Anderen" von Lisa Nimmervoll
Geschrieben am 06-08-2014 |   
 
 Bildung ist ein Menschenrecht: Die Sonderschule gehört 
abgeschafft (Ausgabe 7.8.2014) 
 
   Wien (ots) - Am 26. Oktober 2014 ist die 
UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich sechs Jahre in Kraft. Am 
Papier. Hehre Worte, aber ihr Geist, dass "behinderte Menschen nicht 
aufgrund einer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem 
ausgeschlossen werden", weht hierzulande noch nicht. Denn der 
Normalfall sollte sein, dass behinderte und nicht behinderte Kinder 
gemeinsam lernen. Aber Österreich ist seiner völkerrechtlichen 
Verpflichtung, ein inklusives, also einbeziehendes Bildungssystem auf 
allen Ebenen zu schaffen, bis jetzt nicht nachgekommen. 
 
   Es gibt sogar bedenkliche Gegentrends zur Inklusionsforderung zu 
beobachten: Immer mehr Kinder und Jugendliche - vor allem Buben und 
Schüler mit Migrationshintergrund - werden in Sonderschulen gesteckt, 
die der Konvention explizit widersprechen, oder bekommen das 
stigmatisierende Etikett "sonderpädagogischer Förderbedarf" verpasst, 
oft mit fadenscheinigen Begründungen, die vor allem Defizite im 
Schulsystem überdecken sollen. Jeder SPF-Schüler bringt nämlich Geld. 
Den Preis für dieses "Sonder"-Stigma müssen diese Kinder ihr Leben 
lang abzahlen. 
 
   Das ist beschämend, pädagogisch kontraproduktiv und asozial. Denn 
die Sonderschulen sind ein bequemer Problemlöser für ein Schulsystem, 
das Kinder, die "nicht passen", die "anders" sind, die Probleme 
machen, abschieben kann. 
 
   Dabei sind die Ängste der Eltern jener Kinder, die in irgendeiner 
Form nicht zum "Regelfall" in der "Regelschule" gehören, ernst zu 
nehmen. Viele berichten von schlimmsten Mobbing-Attacken auf die 
Schwächeren in der Klasse und sähen ihre Kinder lieber beschützt. 
Aber ist das ein Argument gegen gemeinsames Lernen? Darf es das sein? 
Den jungen Mobbern und ihren oft mithetzenden Eltern freie Bahn zu 
lassen und potenzielle "Opfer" sicherheitshalber in Bildungsreservate 
zu setzen? Den Gehässigen die Konfrontation zu ersparen? 
 
   Nein. Die haben viel zu lernen. Und Bildung ist ein Menschenrecht, 
für alle. Schule muss neben der intellektuellen Dimension auch ein 
von Empathie bestimmtes Menschenbild vermitteln. Nicht asoziales 
Sein, sondern soziales Miteinander lehren und lernen. Und da wird's 
happig: Inklusion geht nicht nur die Schule an, und es gibt sie schon 
gar nicht zum Nulltarif. Sie setzt ein gesellschaftspolitisches 
Bekenntnis voraus und braucht Geld, viel Personal und ein 
pädagogisches Programm, sonst wird sie scheitern. 
 
   Inklusion geht nicht wie das Integrationskonzept von einem "Wir" 
und den "Anderen" aus, die es zu integrieren gilt, sondern sie betont 
die Würde der Unterschiedlichkeit aller Menschen. Denn ob wir als 
"behindert" gelten, hängt von der definitionsmächtigen "Mehrheit" ab, 
die sich für "normal" hält, und bestimmen kann, wer dazugehört und 
wer abgesondert lernen muss. Dabei reicht ein schicksalhafter Moment, 
ein unglücklicher Zufall, um plötzlich selbst in die Kategorie der 
Anderen katapultiert zu werden, zu den "Behinderten". 
 
   Die Sonderschule gehört abgeschafft. 26. Oktober ist 
Nationalfeiertag, der Neutralität gewidmet. Inklusion ist nichts für 
neutrales Sich-Raushalten. Es wäre ein schöner Anlass, wenn die 
feiernde Nation ein Zeichen setzen würde, dass in diesem Land alle 
Menschen, egal, ob "behindert" oder nicht, reich oder arm, seit 
Generationen "hiesig" oder immigriert, Platz und die gleichen Rechte 
und Chancen haben. Wir sind alle anders. 
 
Rückfragehinweis: 
   Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445 
 
   Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom 
 
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