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DER STANDARD-Kommentar: "Vom Militär nur die Musik" von Conrad Seidl

Geschrieben am 23-06-2014

Die Diskussion um fremde Hilfe bei der Luftraumsicherung ist
absurd (Ausgabe ET 24.6.2014)

Wien (ots) - Ein fesches Militär mit hilfsbereiten
Katastrophenhelfern, auf Hochglanz polierten Kampfjets und natürlich
einer Militärkapelle für jedes Bundesland - das hätten die
-Österreicher gern. Kosten soll es halt bitte schön nichts.

Für die Wehrpflicht, deren wahren Geldbedarf niemand genau
überschauen kann, hat es im Vorjahr eine Bevölkerungsmehrheit
gegeben. Für ein ausreichendes Verteidigungsbudget gibt es aber keine
Regierungsmehrheit. Das führt zu der absurden Situation, dass es beim
Bundesheer zwar genügend Grundwehrdiener gibt, aber nicht genügend
Fahrzeuge, diese auch nur zu einem Hilfseinsatz zu transportieren.
Von einer internationalen Standards entsprechenden soldatischen
Ausbildung kann keine Rede mehr sein; nicht für die Wehrpflichtigen,
aber auch nicht mehr für die Profis, denen die Mittel zum Üben
vorenthalten werden.

Dass es so weit kommen würde, war seit Jahren absehbar: Neue
Waffensysteme und neues Gerät werden sowohl in der Anschaffung als
auch im Betrieb immer teurer. Am teuersten sind die Kampfflugzeuge -
Österreich hat ja das Glück, keine Marine unterhalten zu müssen (die
würde noch mehr kosten). Als sich Österreich im vorigen Jahrzehnt
nach großen Mühen und mit großer Verspätung dazu durchgerungen hat,
neue Abfangjäger zu kaufen, war klar, dass diese einen viel zu großen
Teil vom Verteidigungsbudget brauchen würden.

Die Regierung Schüssel I schien dies auch einzusehen und legte
sich auf eine Sonderfinanzierung fest - eine Festlegung, die die
Regierung Schüssel II nicht gelten ließ: Diese setzte eine
Reformkommission ein, deren Ergebnis letztlich weniger Geld und
weniger Bundesheer war. Manche vermuteten dahinter einen Geheimplan:
Ein auf international kooperierende Luftstreitkräfte und gut
vernetzte Geheimdienste reduziertes Militär ohne lästige
Wehrpflichtige, Panzer und sonstiges Zubehör spukte in den Köpfen
einiger Generalstäbler herum.

Das aber wollten letztlich weder Politik noch Bevölkerung. Also
wird weitergewurstelt - was bei den Abfangjägern heißt: weniger
Gerät, weniger Einsatzbereitschaft, weniger trainierte Piloten.

Geht noch weniger? Ja, vielleicht, wenn Österreich in einem
Militärbündnis wäre - aber das traut sich keiner zur Diskussion zu
stellen.

Und zwar nicht nur, weil die Nato wenig populär ist, sondern weil
sich am Ende herausstellen könnte, dass der Mitgliedsbeitrag unterm
Strich sogar höher ausfallen könnte als die erwartete Ersparnis: Es
ist schwer vorstellbar, dass eine fremde Luftwaffe Österreichs
Luftraum für noch weniger Geld schützen könnte, als es das Bundesheer
mit seiner Sparvariante einer Eurofighter-Flotte tut.

Relativ geringe Beträge - aber immerhin ein paar Zehntausend Euro
je Einsatz - wird man sparen können, wenn man die sogenannte Nacheile
bei Non-Com-Renegades zulässt, wie das längst auch bei Neutralen
internationale Gepflogenheit ist: Das würde bedeuten, dass ein auf
dem Radar nicht identifiziertes Flugzeug, das von ausländischen
Abfangjägern bereits erfasst wurde, von diesen auch im
österreichischen Luftraum begleitet oder zur Landung gezwungen werden
kann.

Das wäre es dann aber auch schon. Mittelfristig bleibt nur, das
Bundesheer mit genügend Mitteln auszustatten - oder klar zu sagen,
dass man vom Militär weder Soldaten noch Flieger, sondern nur die
Musik haben will.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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