(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Die Besten zurückholen / Wenn Deutschland attraktiv für Spitzenforscher sein will, muss es auch Spitzenbedingungen bieten. Leitartikel von Louisa Knobloch

Geschrieben am 09-03-2014

Regensburg (ots) - Deutschland verliert viele seiner besten
Wissenschaftler durch Abwanderung - das hat die Expertenkommission
Forschung und Innovation (EFI) in ihrem jüngsten Gutachten
festgestellt. Das Bundesforschungsministerium dementierte schnell:
Die Zahlen, mit denen die Gutachter gearbeitet hätten, seien
veraltet. "Deutschland ist attraktiv für kluge Köpfe aus aller Welt",
versicherte Ministerin Johanna Wanka. In den vergangenen zehn Jahren
wurden in der Tat Maßnahmen ergriffen, um Deutschland als
Wissenschaftsstandort attraktiver zu machen. Um die abgewanderten
Spitzenforscher zurückzuholen, reichen diese aber nicht aus. Dass
deutsche Wissenschaftler ins Ausland gehen, ist zunächst einmal
nichts Schlechtes und wird von Wissenschaftsorganisationen aktiv über
Stipendien unterstützt. An Hochschulen und Forschungseinrichtungen im
Ausland können die Wissenschaftler Erfahrungen sammeln und neue
Kenntnisse in ihrem Fachbereich erwerben. Darüber hinaus erweitert
ein Auslandsaufenthalt auch den persönlichen Horizont. Davon kann
Deutschland aber nur profitieren, wenn die Wissenschaftler auf Dauer
wieder in ihre Heimat zurückkehren. Um dieses Ziel zu erreichen, muss
Deutschland den Wissenschaftlern etwas bieten. Denn Spitzenforscher
gehen dorthin, wo sie die besten Bedingungen vorfinden. Zu den
wichtigsten Gründen für die internationale Mobilität von
Wissenschaftlern gehören dem EFI-Gutachten zufolge die Zusammenarbeit
mit hervorragenden Kollegen und Forschungsteams, die Exzellenz der
Gastinstitution auf dem eigenen Forschungsgebiet sowie eine bessere
Forschungsinfrastruktur. Um solche Leuchttürme der Spitzenforschung
auch in Deutschland zu schaffen, wurden im Rahmen der
milliardenschweren Exzellenzinitiative zuletzt elf Eliteuniversitäten
gekürt. Mit der LMU und der TU München befinden sich zwei davon in
Bayern. Die Exzellenzinitiative läuft allerdings 2017 aus. Die
Universitäten brauchen langfristige Perspektiven. Ein großes Problem
für Nachwuchswissenschaftler sind auch die wenig planbaren
Karrierewege. Das durchschnittliche Berufungsalter für Professoren
liegt bei 42 Jahren - wer es nicht schafft, eine solche
Lebenszeitstelle zu erhalten, muss das Hochschulsystem verlassen. Um
jungen Wissenschaftlern früher selbstständige Forschung und Lehre zu
ermöglichen, wurde 2002 die Juniorprofessur eingeführt - bis 2010 war
ihre Zahl bereits auf 1236 gestiegen. Diese Stellen sind allerdings
auf drei, maximal sechs Jahre befristet und nicht übermäßig gut
bezahlt: Juniorprofessoren verdienen etwa so viel wie
Gymnasiallehrer. Erfolgversprechender ist das Tenure-Track-Modell der
TU München: Ein Assistant Professor dort fängt eine Gehaltsstufe
weiter oben an und hat nach einer positiven Evaluation die Aussicht
auf eine dauerhafte Stelle. 20 Berufungen sind bereits erfolgt - elf
der neuen Professoren kamen laut TUM von Universitäten aus dem
Ausland. Unter den Wissenschaftlern gibt es zudem viele sogenannte
Dual Career-Paare, bei denen beide Partner eine akademische
Ausbildung haben. Wer solche Spitzenforscher aus dem Ausland
zurückholen will, muss auch dem jeweiligen Partner eine Perspektive
in Deutschland bieten. Die bestehenden Angebote müssen daher noch
deutlich ausgebaut werden. Der Vorwurf der Vetternwirtschaft ist auch
nicht angebracht: Von zwei hochqualifizierten Fachkräften profitiert
der Standort Deutschland doppelt. Spitzenforschung kostet Geld.
Deshalb müssen die deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen
ausreichend finanziert werden. Das zahlt sich aus: Exzellente
Forscher ziehen andere exzellente Forscher an. Schafft Deutschland es
hingegen nicht, seine Attraktivität zu steigern, könnte es passieren,
dass die Rückkehrer das Land frustriert wieder verlassen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

516029

weitere Artikel:
  • Westdeutsche Zeitung: Putin spielt Katz und Maus mit dem Westen = von Wibke Busch Düsseldorf (ots) - Während der Westen noch immer um eine gemeinsame Haltung zur Krim-Krise ringt, schafft der Kreml Fakten. Die Abspaltung der Schwarzmeer-Halbinsel von der Ukraine scheint nur eine Sache von Wochen. Nun rächt es sich, dass die Europäische Union und die USA in den vergangenen Jahren keine angemessene Russland-Strategie entwickelt haben. Es ist an der Zeit, dies schleunigst nachzuholen. Was genau Putin antreibt, kann derzeit wohl niemand sagen. Klar ist aber, dass er seit Jahren mit Argwohn sieht, wie sich EU und mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Fall Hoeneß Bielefeld (ots) - Ein vielleicht nur viertägiger Prozess vor dem Landgericht München II wird die Republik verändern. Der Staat wird in der Folge weitere Millionen von Steuerhinterziehern einnehmen, die sich aus Angst selbst anzeigen. Die Statthaftigkeit der Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige wird ebenso neu diskutiert werden wie die Verjährung von Steuerstraftaten. Wenn es gut läuft, kommt dabei vielleicht heraus, dass beide Regelungen verschärft werden, damit diese Art von Betrug keinen legalen Gewinn durch die Kombination mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu alleinerziehende Mütter Bielefeld (ots) - Alleinerziehende Mütter sind die größten Verliererinnen im deutschen Sozialsystem. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Ein glattes politisches Armutszeugnis ist allerdings die Äußerung von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), Alleinerziehenden müsse mit steuerlichen Entlastungen geholfen werden. Steuerentlastungen nützen jenen 40 Prozent alleinerziehender Frauen, die sich mit Hartz IV durchschlagen müssen, herzlich wenig. Wer nichts verdient, zahlt keine Steuern. Nein, diese Frauen und ihre Kinder brauchen vor mehr...

  • Schwäbische Zeitung: Zu der Situation der Hebammen: Aus dem Gleichgewicht Ravensburg (ots) - Die Hebammen stehen mit ihrem Problem nicht alleine da. Auch für Ärzte oder für Krankenhäuser steigen die Kosten, sich gegen Schadenersatzforderungen abzusichern. Die Hebammen merken es aber besonders schmerzhaft, weil die Haftungssummen bei ihnen in besonders krassem Gegensatz zum geringen Einkommen stehen. Einer Versicherung, die sich wirtschaftlich nachvollziehbar verhält, ist aber kaum ein Vorwurf zu machen. Das Geschäft lohnt sich nicht. Ein Ausgleich über Steuergeld, wie er jetzt vorgeschlagen wird, kann mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Die Papst-Revolution = Von Lothar Schröder Düsseldorf (ots) - Dieser Papst ist eine Befreiung - von unseren Vorstellungen eines Papstamtes in Herrlichkeit, erstarrt in prachtvoller Schönheit und einem Formalismus, den zu hinterfragen viele längst müde geworden sind. Dabei ist das meiste der päpstlichen Alleinstellung - wie das Dogma der Unfehlbarkeit in Glaubens- und Sittenfragen - ein Produkt erst des 19. Jahrhunderts. Diese Mystifizierung war damals auch die Antwort auf eine spirituelle Krise, die den Glauben nicht tiefer, die Kirche dafür zentralistischer werden ließ. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht