(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Schöne Sportler-Spiele / Sotschi war besser als gedacht und besser als es sich mancher gewünscht hat - und das ist gut so. Leitartikel von Claus-Dieter Wotruba

Geschrieben am 21-02-2014

Regensburg (ots) - Und, wie war's? Die Olympischen Winterspiele
finden ihren Abschluss und haben die Vorverurteilungen der
Lästermäuler nicht erfüllt: Nichts, was zuvor lang und breit
diskutiert wurde, hat die Spiele überschattet. Für den größten
Missklang sorgt der deutsche Dopingfall Sachenbacher-Stehle, doch
mehr national als international. Wer die Athleten fragt, hört nahezu
einhellig: Es war schön, schöner als anderswo gar - und das ist das
Wichtigste. Natürlich bleiben die Kernfragen olympischer Gigantomanie
bestehen. Doch das ist kein russisches Problem, das muss an anderer
Stelle in Angriff genommen werden. Angekündigt hat es der deutsche
IOC-Präsident Thomas Bach. Ob Taten folgen? Wer einmal in der
Dimension von riesigen Supermarktketten angekommen ist, wird nicht
zum putzigen und familiären Stil des Tante-Emma-Ladens zurückkehren.
Das Milliardengeschäft mit dem Sport lässt schön grüßen. Dadurch,
dass alles so gut geklappt hat und Sotschi somit viel mehr Lob als
Tadel einheimst, ist Wladimir Putin natürlich einer der Gewinner.
Eine solche Bilanz drängt dazu, von Missbrauch zu sprechen, weil eine
so umstrittene Figur profitiert. Freilich ist eher diese Sicht ein
Missbrauch des Sports. Kann Sport lösen, was Politik und Gesellschaft
nicht schaffen? Schwerlich, nein. Vielmehr ist der Sport nur ein
Abbild jener Probleme. Die Sachlage ließe sich auch umdrehen: Durch
Sotschi wurde wenigstens eine Zeitlang diskutiert, was sonst
vielleicht im Verborgenen geblieben wäre. Wie hat ein Kollege in
einem Eishockey-Fachblatt so treffend geschrieben: "Zum Glück lassen
sich die Zuschauer nicht immer manipulieren, sie schauten Olympia,
obwohl Herr Putin nicht nett ist. Wir werden auch zur WM nach
Weißrussland (die Eishockey-WM findet dort 2015 statt, d. Red.)
fahren, obwohl die dortige Regierung noch viel weniger nett ist."
Veränderung in gesellschaftlichen Systemen zu schaffen, ist ein zu
großer Anspruch an den Sport. Das wird in Russland so wenig
funktionieren wie es in und nach Peking bei den Sommerspielen 2008
funktioniert hat. Mit Verlaub sei auch darauf hingewiesen, dass so
etwas wie der Ursprung von Propagandaspielen immer noch 1936 in
Berlin liegt. Schein und Sein sind und bleiben deswegen natürlich ein
Thema. Doch zwischen genau hinschauen und Dauernörgeln ist ein
Unterschied. Selbstverständlich bleibt es umstritten, ein
Wintersportzentrum aus dem Boden zu stampfen. Selbstverständlich ist
uns die Art und Weise, mit verletzten Menschenrechten und
Zwangsräumungen, zu Recht fremd. Doch wenn in den Alpen in
Frankreich, Deutschland oder Österreich Schneisen geschlagen werden
und Betonbunker entstehen, ist die Art der Umweltzerstörung auch
nicht vorbildlich. Und, wie war's? Die Frage gilt natürlich auch dem
durchaus gelungenen, aber nicht überwältigenden Abschneiden der
Deutschen, die sich gerne als die Besten der Welt sehen. Mittlerweile
wird Sport in Deutschland denn auch mehr und mehr zu einem
gesellschaftlichen Thema: Es geht vor allem darum, wie man
Spitzenleute heranzieht. Mehr und mehr Stimmen werden laut, dass die
Problematik in der Basisarbeit liegt. Ist Sport noch ein zentrales
Anliegen hierzulande? Zum Beispiel im schulischen System? Nein,
andere Länder sind weit voraus und entwickeln kreativere Ansätze. Und
wie wird's und war's? Die Frage wird bleiben. 2018 finden die
nächsten Winterspiele in Pyeongchang in Südkorea statt. Das bietet im
Vorfeld genügend Stoff für Fragen und Antworten jedweder Couleur. Im
Sommer 2015 werden die Winterspiele 2022 vergeben, sinnigerweise im
tropischen Kuala Lumpur in Malaysia. Zur Wahl stehen Krakau in Polen,
Almaty in Kasachstan, Lemberg in der Ukraine, das Wintersportmekka
Oslo in Norwegen - und Peking! Es ist also nicht zu erwarten, dass
der Diskussionsstoff um Olympiaorte so schnell ausgeht.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

513335

weitere Artikel:
  • Schwäbische Zeitung: Zum EnBW-Untersuchungsausschuss: Genügend Erkenntnisse Ravensburg (ots) - Vor einem Jahr musste der damalige Vorsitzende des EnBW-Untersuchungsausschusses, Ulrich Müller, zurücktreten. Er hatte dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus interne Dokumente zugespielt. Überraschungen wie diese begleiteten die Arbeit dieses Gremiums, das viel länger tagte als gedacht und dessen Arbeit nicht durchgängig Vorbildcharakter hat. Selten zuvor war ein Gremium so löchrig, und das betraf alle Seiten. Vertrauliches blieb nicht vertraulich. Das schaffte Zwietracht, Vorabbewertungen ließen Zweifel mehr...

  • Schwäbische Zeitung: Wir stärken die Gründerszene Ravensburg (ots) - Der Bundesverband Deutsche Start-ups legt den Finger in die Wunde. Die Lobbyisten der jungen Firmengründer sind der Meinung, dass Deutschland verlernt habe, ein Gründerland zu sein. Die Mehrheit der reichsten Deutschen habe ihr Vermögen geerbt, während in den USA die Mehrheit des Reichtums selbst erwirtschaftet worden sei. Nun müssen Millionen-Vermögen in den USA keinen Vorbildcharakter besitzen, doch ein paar Grundthesen der Start-up-Vereinigung sind bedenkenswert. So sollte die Förderung des unternehmerischen mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Die Luxus-Reform Bundestag beschließt Anhebung der Diäten Cottbus (ots) - Die Grausamkeiten, so lautet ein politischer Lehrsatz, sollte eine Regierungskoalition besser am Anfang ihrer Amtszeit beschließen. Denn der Wähler vergisst doch ziemlich schnell. Darauf setzen offenbar auch Union und SPD. Hat man sich doch gestern die "Grausamkeit" einer Diäten-Anhebung um stolze zehn Prozent genehmigt. Dabei machte eben erst eine Meldung die Runde, wonach die Reallöhne für den Rest der arbeitenden Bevölkerung zuletzt wieder im Sinkflug waren. Nun sind Neid und Missgunst trotzdem unangebracht. Wer mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Einigung in Kiew Bielefeld (ots) - Es ist ein Erfolg unter Vorbehalt. Wenn das Abkommen zwischen der ukrainischen Opposition und der Regierung von Viktor Janukowitsch hält, wenn sich die Gewalttäter unter den Demonstranten überzeugen lassen, wenn die Gewalt endet und wenn sich alle Seiten an die Zusagen halten - dann darf sich Europa als Pate einer Einigung fühlen, die mehr ist als nur das Ende einer Krise. Die konzertierte Aktion der EU-Außenminister, die die Grundlagen für Sanktionen beschlossen haben, während drei ihrer Vertreter in Kiew mehr...

  • Westfalen-Blatt: zum Ausbau der A2 Bielefeld (ots) - 77 Prozent der Güter in Deutschland werden auf der Straße transportiert, beim Personenverkehr dominiert das Auto mit noch höherer Quote. Damit ist klar, welche Priorität die Verkehrspolitiker in den vergangenen Jahren gesetzt haben und künftig wohl auch setzen werden - allen Forderungen nach Ausbau der Schienen- oder Wasserstraßennetze zum Trotz. Deshalb scheint eine Verbreiterung der A2 auf acht Spuren nur konsequent. Aber wäre sie auch sinnvoll? Fakt ist, dass die bestehende Infrastruktur verkommt. Bei Brücken, Straßen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht