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DER STANDARD-Kommentar: "Verpartnerung in Sotschi" von Fritz Neumann

Geschrieben am 21-02-2014

Österreich hat bei den Winterspielen mehr als nur sportliche
Fortschritte verpasst (Ausgabe ET 22.2.2014)

Wien (ots) - Die 16 österreichischen Medaillen von Vancouver 2010
werden sich in Sotschi wohl nicht mehr ausgehen. Das lässt sich schon
sagen, bevor aller Olympiatage Abend ist. Die Zweistelligkeit
immerhin wurde erreicht, vielleicht kommt am finalen Wochenende noch
etwas hinzu, vielleicht auch nicht.

Alles andere ist primär, damit könnte man sich trösten, und das
tut man denn auch. Das ÖOC, also grob gesprochen: der Skiverband
(ÖSV), hat über seine Partner Kronen Zeitung und ORF beinahe täglich
die Gastfreundlichkeit und Stimmung im Österreich-Haus loben lassen.
Und gab es keine österreichischen Erfolge zu feiern, so kamen
Deutsche und Schweizer, weil in ihren Häusern weniger los war. Andere
Länder, andere Häuser? Die anderen hatten es ganz bewusst nicht
darauf angelegt, so zu tun, als wäre in Russland alles eitel Wonne,
als wären die Spiele eine reine Sportveranstaltung und sonst nichts.
Andere waren in ihren Häusern nicht gar so erpicht gewesen auf einen
Besuch von Wladimir Putin, auf gemeinsame Schnäpse, auf Umarmungen
und Fotos.

Der Sport dient als Zugmaschine. Die Frage nach
Menschenrechtsverletzungen in Russland hatte Karl Stoss, Präsident
des ÖOC und Generaldirektor der Casinos Austria, im
Standard-Interview wie folgt kommentiert. "Ich muss sagen, dass in
der Russischen Föderation viel geschehen ist. Ich reise viel in
Russland. Ich habe eine Lotterie in Baschkortostan." Der Singular
majestatis fällt noch am wenigsten ins Gewicht. Natürlich hat der mit
Russland verpartnerte Stoss Interessen, die weit über den Sport
hinausgehen. Und sollte sich Sotschi, wie kolportiert wird, bald in
ein russisches Las Vegas verwandeln, so hätten die Casinos vielleicht
schon einen Fuß in der Tür.

Österreichs Sport hat sich in Sotschi insgesamt nicht mit Ruhm
bekleckert. Das hatte zumindest in einem Fall auch mit dem
Österreich-Haus zu tun, wo die Spritztour der Eishackler am
Vorvorabend der entscheidenden Partie (0:4 gegen Slowenien) ihren
Ausgang nahm. Eine andere, auch nicht geringe Verfehlung betraf den
Skiverband, der den Chef seiner Entwicklungsabteilung verbotenerweise
auf dem Skisprungturm das Material der Gegner fotografieren ließ. Der
ÖSV, einer der größten und wichtigsten Verbände im Weltverband (FIS),
kam mit einer FIS-Verwarnung davon. In den mit dem ÖSV verpartnerten
Organen blieb der Fall weitgehend unbesprochen und unkommentiert.

Ob es ernsthafte ÖOC-Konsequenzen für den Skiverband oder die
Eishackler gab oder geben wird? Dazu ist Österreichs Sport viel zu
sehr in sich selbst verflochten, mit sich selbst verpartnert. Nur zum
Beispiel firmiert Peter Mennel, der Generalsekretär des ÖOC,
gleichzeitig als Finanzreferent im ÖSV-Vorstand sowie als Präsident
der Eishockeyliga. Sich selbst zur Brust nehmen, das geht nicht.

Die Strukturen gehörten aufgebrochen, Förderrichtlinien
vereinfacht - mit genau diesem Ziel tritt ein Sportminister nach dem
anderen an, um rasch festzustellen, dass er selbst Teil der Struktur
und Opfer seiner Situationselastizität geworden ist. Ob der von
Gerald Klug als Retter des Sommersports eingesetzte ÖSV-Chef Peter
Schröcksnadel der Aufgabe gewachsen ist, bleibt abzuwarten. Wenn es
im Winter schon keinen Fortschritt gibt, so ist im Sommer ein
Rückschritt immerhin ausgeschlossen. Die null Medaillen von London
2012 gehen sich in Rio 2016 locker wieder aus.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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