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DER STANDARD - Kommentar: "Die beschuldigte Partei" von Michael Völker

Geschrieben am 07-01-2014

Das Weisungsrecht gehört weg vom Minister - und der darf nicht
von der ÖVP sein. (Ausgabe vom 8.1.2014)

Wien (ots) - Die Diskussion um die Weisungskette im
Justizministerium ist wichtig, im Grunde genommen aber von
symbolischer Bedeutung - was der Diskussion keinen Abbruch tun soll.
Die Frage des Weisungsrechts alleine sagt nur bedingt etwas über eine
mögliche politische Einflussnahme des (parteiischen) Justizministers
auf die Staatsanwaltschaft aus. Dass die Zahl der Weisungen in den
vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist, wie Recherchen des
Standard ergeben haben, muss nicht unbedingt auf einen Missbrauch
deuten. Wenn etwa erhöhte Sensibilität im Umgang mit Verfahren nach
dem NS-Verbotsgesetz eingefordert und diese mittels Weisungen in
konkreten Fällen angeordnet wird, ist das positiv, das werden wohl
die meisten so sehen, aus?genommen jene, die sich vor so einer
Rechtspflege fürchten müssen. Dass Justizministerin Beatrix Karl
(ÖVP) eine Weisung erteilt, das Verfahren gegen Bundeskanzler Werner
Faymann (SPÖ) in der Inseratenaffäre nicht im ersten Anlauf
einzustellen - darüber kann man streiten. Inhaltlich mag das
gerechtfertigt gewesen sein, auch wenn das Verfahren schlussendlich
doch noch eingestellt wurde. Dass das Ganze mitten im Wahlkampf
geschehen ist und eine ÖVP-Politikerin dabei dem
SPÖ-Spitzenkandidaten ordentlich am Zeug geflickt hat, ist
pro?blematisch und tut der Glaubwürdigkeit der Justiz nicht gut. Das
Weisungsrecht gehört neu aufgestellt, es gehört weg von einem
Minister, der von einer Partei bestellt wird und dieser verbunden
ist. Politischer Missbrauch gehört weitestgehend ausgeschlossen. Ob
das Weisungsrecht einem Generalstaatsanwalt übertragen wird oder ob
ein Weisenrat eingesetzt wird, sollte das Ergebnis eines politischen
Entscheidungsfindungsprozesses sein, der hoffentlich möglichst bald
eingeleitet wird. Der aktuelle Justizminister Wolfgang Brandstetter
hat das ja in Aussicht gestellt. Tatsächlich ist nicht das
Weisungsrecht des Ministers das Problem, das Problem ist der Minister
selbst. In diesem Fall heißt das Problem Wolfgang Brandstetter. Dass
der Minister als Strafverteidiger Bösewichter vertreten hat und in
politischen Prozessen wie im Fall Telekom tätig war, mag ungünstig in
der Optik sein, das wahre Problem ist aber, dass die ÖVP sich den
Justizminister aussuchen durfte. Gegen die ÖVP läuft ein Verfahren,
die Volkspartei wird von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte
geführt. Es geht um den Verdacht der Geldwäscherei und der Beihilfe
zur Untreue. Der ÖVP wird vorgeworfen, Telekom-Gelder zur illegalen
Wahlkampffinanzierung angenommen zu haben. Und diese ÖVP, die sich in
einem Strafverfahren verantworten muss, darf sich aussuchen, wen sie
zum Justiz?minister macht. Das ist schlichtweg absurd. Die SPÖ mischt
sich nicht ein, das ist Teil der Koalitionsvereinbarung. Auch absurd.
Die Wahl von ÖVP-Chef Michael Spindelegger fiel schließlich auf
Brandstetter, warum auch immer. Eigentlich müsste das
selbstverständlich sein: Die ÖVP hätte von sich aus auf das
Nominierungsrecht des Justizministers verzichten müssen, sie ist
beschuldigte Partei und damit befangen. Befangen ist
selbstverständlich auch der Minister, den sie aufgestellt hat - und
den sie wieder abberufen kann, wenn er nicht folgsam ist.
Brandstetter kann per Weisungsrecht der ÖVP eine Anklage ersparen,
wenn er will, zumindest auf dem Papier. Und wir sind in Österreich:
Da finden SPÖ und ÖVP nichts Schlimmes daran.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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