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Badische Zeitung: Lammerts falscher Plan / Würde die Wahlperiode des Bundestags verlängert, brächte das weniger Demokratie - Kommentar von Bernhard Walker

Geschrieben am 27-12-2013

Freiburg (ots) - Aus vier mach fünf? Bundestagspräsident Norbert
Lammert (CDU) will die Wahlperiode des Parlaments auf fünf Jahre
verlängern. Das wäre aber nur dann richtig, wenn die Bürger zugleich
mehr Chancen auf Mitsprache bekämen. Der Vorschlag, die
Legislaturperiode auf fünf Jahre festzulegen, ist ein ziemlich alter
Hut. Als Union und SPD 2005 eine Große Koalition bildeten, kündigten
sie an, die Verlängerung zu prüfen. Lammert sagte damals, dass eine
Frist von vier Jahren für komplexe Gesetzesvorhaben zu kurz sei -
nicht zuletzt deshalb, weil ein Jahr vor der nächsten Wahl der
Wahlkampf seinen Schatten voraus werfe. Dieser Hinweis allerdings
ist kläglich. Nirgendwo steht geschrieben, dass sich Abgeordnete und
Parteien ein Jahr vor der nächsten Wahl selbst fesseln müssen.
Richtig ist vielmehr, dass vier Jahre auch für komplexe
Gesetzesvorhaben ausreichen. Das beweist just der Bundestag, der
zuletzt die Beschlüsse in Sachen Euro-Rettung - und sie waren überaus
komplex - gründlich und mit einer starken Rolle der Volksvertretung
gefasst hat. Natürlich stimmt es, dass Berlin nicht nur auf nahende
Bundestagswahlkämpfe schielt, sondern manchmal sogar auf
Landtagswahlen. Die schwarz-gelbe Koalition etwa vermied nach ihrem
Wahlsieg 2009 jede halbwegs bedeutende Tätigkeit, um nur ja nicht die
Wiederwahl des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen
Rüttgers bei der Landtagswahl vom Mai 2010 zu gefährden. Solch
parteitaktisches Kalkül - im Fall Rüttgers ging es übrigens nicht auf
- kann aber nicht als Rechtfertigung für eine Verlängerung der
Wahlperiode des Bundestages dienen. Schließlich würde die Anhebung
von vier auf fünf Jahre die demokratische Mitwirkung der Bürger
mindern. Die Verlängerung käme nur dann in Betracht, wenn auf
Bundesebene Elemente der direkten Demokratie entstünden. Während sich
SPD und CSU mehr Bürgerbeteiligung vorstellen können, ist die CDU
dagegen. Solange es aber keine zusätzlichen Mitsprache-Möglichkeiten
gibt, wäre es ein Schaden für die Demokratie, den Souverän seltener
zu Wort kommen zu lassen. Wahrscheinlich wird Lammert sein ceterum
censeo trotzdem weiter vortragen. Damit hat es sich dann aber auch.
Zwar haben Union und SPD im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit, und
die Dauer der Wahlperiode, die ausdrücklich im Grundgesetz genannt
ist, ließe sich mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ändern. Allerdings
dürfte diese Mehrheit - eben weil Union und SPD in der Frage von
Plebisziten uneins sind - nicht genutzt werden. Auf ein bloßes
"aus vier mach fünf" werden sie sich ebenfalls nicht einigen. Und
weil die Grundgesetz-Änderung auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im
Bundesrat voraussetzt (die hat Schwarz-Rot in der Länderkammer
nicht), bleibt der Rückschlag für die Demokratie zum Glück aus.



Pressekontakt:
Badische Zeitung
Anselm Bußhoff
Telefon: 07 61 - 4 96-0
redaktion@badische-zeitung.de


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