(Registrieren)

Allg. Zeitung Mainz: Ein Glücksfall / Leitartikel zu Weihnachten

Geschrieben am 23-12-2013

Mainz (ots) - Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh".
Die Weihnachtsgeschichte und ihre Verdichtung im Kinderlied macht
deutlich: Der Glauben, der unsere Erziehung und unseren gesamten
Kulturkreis prägt, kündet von einem Herrscher, dessen Macht nicht in
Gewalt und Reichtum liegt, sondern in Bescheidenheit und
Barmherzigkeit. So liegt die zentrale Botschaft des christlichen
Glaubens nicht allein in der Menschwerdung Gottes - an die die
meisten Menschen nicht mehr glauben -, sondern ebenso in der
Hinwendung Jesu zu den Armen und Verstoßenen - die bis heute auch die
Mehrheit der Zweifelnden und Nichtgläubigen fasziniert.

Der Frontalangriff des Papstes provoziert Widerspruch

Es ist ein Glücksfall der Geschichte, dass der neue Papst diese
Botschaft ins Zentrum seines Auftretens, seines Handelns und seiner
Worte rückt. Erst hat Franziskus die roten Schuhe und andere
Insignien päpstlicher Herrlichkeit verschmäht. Dann hat er seiner
Kirche die Leviten gelesen, ihren ausgeprägten Hang zum Selbstzweck
zu überwinden. Und mit seinem ersten apostolischen Schreiben knöpft
er sich nicht weniger als die Ungerechtigkeit unserer
kapitalistischen Weltordnung vor, die den Menschen zum Konsumenten,
zum Billiglöhner und an vielen Orten dieser Welt zum reinen
Produktionsfaktor degradiert. Mit diesem Frontalangriff hat der Papst
viel Widerspruch - und noch mehr Aufmerksamkeit - geerntet. Er sei
linksradikal, gar ein Marxist, wird ihm vorgeworfen. Dabei steht
Franziskus mitnichten im Widerspruch zu seinem Vorvorgänger Karol
Wojtila, dem ein entscheidender Anteil an der Überwindung des
Stalinismus zugesprochen wird. Er hat im Gegenteil wie dieser
offenbar sein Thema gefunden, das er in das Zentrum seines Kampfes um
eine gerechtere und friedlichere Welt stellen wird.

Eine gerechtere Welt beginnt im eigenen Lebensbereich

Gegen welche Entwicklung sollte sich das Oberhaupt einer
Weltkirche denn stellen, wenn nicht gegen das Götzentum des Geldes,
gegen die zerstörerischen Mechanismen entfesselter (und bisher nicht
gebändigter) Finanzmärkte, gegen die Entwertung menschlicher Arbeit
in den Ländern der sogenannten dritten Welt (damit wir Sweatshirts
für 4,99 Euro kaufen können), gegen die Produktion von
Flüchtlingsströmen (und gegen die auf Abschottung fixierten
Barrikaden der reichen Länder dieser Welt)? In dem Maße, in dem sich
die internationale Politik diesen scheinbar undurchbrechbaren Folgen
einseitiger Wohlstandserzeugung ergibt, in dem Maße braucht es
Mahner, die uns in unserem Hang zum Wegschauen nicht in Ruhe lassen.
Eine politische Wirkung wird dieser Impetus allerdings nur erzeugen,
wenn die Menschen erkennen, dass Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im
eigenen Lebensbereich beginnt. Unser Konsumrausch im Kernzenschein
der Krippe gehört genauso zu diesen Widersprüchlichkeiten wie die
Ablehnung von Flüchtlingen oder die Entsorgung eines Großteils der
pflegebedürftigen Alten in unwürdige Heime. Es gibt keine schönere
Verheißung als die Botschaft der Weihnachtsgeschichte - aber auch
keine unbequemere.



Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
desk-zentral@vrm.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

503939

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zu Pussy Riot Bielefeld (ots) - Sie klingen verrückt, die ersten Worte der Pussy-Riot-Aktivistin in Freiheit: Maria Aljochina wäre am liebsten bis zum Ende ihrer Haftstrafe im Lager geblieben. Ganz ernst kann die Musikerin das nicht gemeint haben. Ein russisches Straflager ist kein Spaß. Aber der Gnade ihres Gegners Wladimir Putin ausgeliefert zu sein - darauf kann die Aktivistin gerne verzichten. Zugegeben: Aljochina wird sich mit ihrem kämpferischen Bekenntnis keinen Gefallen getan haben. Ihr Handeln steht nun unter besonderer Beobachtung. Ebenso mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu Weihnachten Stuttgart (ots) - Frohe Weihnachten! Die Grüße und Wünsche zur Geburt Christi binden alle ein, grenzen niemanden aus. Ob Juden, Muslime, Atheisten, Hindus oder Buddhisten: Für jeden Menschen guten Willens hält die biblische Geschichte eine Botschaft bereit. Deshalb ist Weihnachten ein Hochfest für jedermann. Warum also nicht auch eines der Werte, das man multikulturell feiern kann? Solange niemand sein Fundament aus Unwissenheit ignoriert, aus falsch verstandener Toleranz weichwäscht oder frömmelnder Beliebigkeit preisgibt. Weil mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Banken sind zunehmend Manipulationsvorwürfen ausgesetzt = Von Lothar Leuschen Düsseldorf (ots) - Wer hätte je gedacht, dass ein demokratischer Staat einmal auf den Wahlspruch eines ausgewiesenen Antidemokraten zurückgreifen sollte? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser - mit dieser Maxime hat der sowjetische Führer Lenin alle Kräfte in seinem Riesenreich in Schach gehalten. Das ist freilich nicht uneingeschränkt nachahmenswert, aber im Falle der internationalen Finanzwirtschaft kann ein wenig Lenin offensichtlich nicht schaden. Wenn laut der staatlichen Aufsichtsbehörde Bafin immer mehr deutsche Banken mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: Kommentar zu Papst Franziskus, Weihnachten Weimar (ots) - Die Menschen mögen ihn, seine Bescheidenheit, seine Herzlichkeit - innerhalb weniger Monate hat der Papst die Herzen der Menschen erobert - nicht nur die der Katholiken. Franziskus Superstar. Revolutionäres hat er gepredigt, seine Geißelung des Kapitalismus ist gnadenlos. Wenn er das, was er sagt, ernst meint, ist es nicht weniger als eine Revolution in der Kirche, die er vorhat. Die Kirche der Armen, die er predigt - sie passt zu dem Bild des hilflosen Kindes in der Krippe, das die Christen jedes Jahr zu Weihnachten mehr...

  • FZ: "Laissez-Faire tut gut" / Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zu Schwarz-Grün in Hessen / Dienstagausgabe 24.12.2013 Fulda (ots) - Volker Bouffiers Unterschrift unter dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag war breit. Sehr breit sogar. Und die ausladende Signatur des alten und vermutlich auch neuen Ministerpräsidenten zwang Bouffiers Koalitionspartner, den Grünen-Frontmann Tarek Al-Wazir, seinen Namen zweizeilig in eine Ecke unter den Vertrag zu quetschen. Ein Bild mit Symbolkraft? Durchaus. Denn die Möglichkeit, dass die Grünen im Bündnis mit der CDUan den Rand gedrängt oder gar zerrieben werden, ist wesentlich wahrscheinlicher als die häufig befürchtete mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht