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Börsen-Zeitung: Im Banne Bernankes, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 19-07-2013

Frankfurt (ots) - Ben Bernanke, der Chairman der US-Notenbank
Federal Reserve, hat bei seinem jüngsten Auftritt vor dem US-Kongress
in Washington eigentlich nur wiederholt, was er längst schon gesagt
hatte. Dass er nämlich das Bondkaufprogramm der Fed, mit dem die
Notenbank die Konjunktur - und die Märkte - über Wasser gehalten hat,
noch in diesem Jahr verkleinern und bis Mitte 2014 einstellen will.
Am zweiten Tag der Anhörung fügte er hinzu, dass dies natürlich nur
geschehen werde, wenn sich insbesondere die Lage auf dem
US-Arbeitsmarkt nachhaltig verbessere.

Letzteres wurde an den Märkten stärker wahrgenommen als Ersteres
und dahingehend interpretiert, dass Bernanke die ultralockere
Geldpolitik zumindest im Grundsatz - das heißt mit höchstens
kosmetischen Einschränkungen - noch recht lange beibehalten will. Dow
Jones und Standard & Poor's 500 erklommen daraufhin am Donnerstag
neue Allzeithochs von 15589 bzw. 1693 Punkten, womit Wall Street
demonstrierte, dass dort die Angst vor einem dramatischen Umschwung
einer Gewissheit gewichen ist, dass sich nicht allzu viel ändern
wird. Dabei ist auch das Umfeld zu beachten, nämlich dass Europäische
Zentralbank und Bank of Japan klargemacht haben, dass sie vorerst
nicht die geringste Absicht haben, ihren ebenfalls ultralockeren Kurs
zu ändern.

Wichtige Stütze

Die aus Sicht der Marktteilnehmer weiterhin günstige Geldpolitik
der großen Notenbanken wird indes kaum ausreichen, um den
Aktienmärkten neuen Schwung zu geben. Die Flutung der Märkte mit
Liquidität der Notenbanken ist zwar eine wichtige Stütze, die einen
neuerlichen Absturz verhindert. Angesichts des vor allem in Europa
weiter sehr schwachen konjunkturellen Umfelds ist aber trotzdem kaum
damit zu rechnen, dass die Märkte in nächster Zeit wieder von Rekord
zu Rekord eilen werden. Die vorerst noch anhaltende Rezession schlägt
nämlich deutlich auf die Umsatz- und Gewinnerwartungen der
Unternehmen durch.

So gehen die Analysten gemäß der Konsensschätzung beispielsweise
davon aus, dass die Unternehmen im deutschen Mid-Cap-Index MDax auf
Sicht von zwölf Monaten im Durchschnitt keinerlei Umsatzwachstum
erreichen werden. Und für die Gewinnperspektiven des MSCI World für
die kommenden zwölf Monate sind die Analysten auch nicht
zuversichtlicher gestimmt. Insofern ist es derzeit das
wahrscheinlichste Szenario, dass die Weltbörsen bis in den Herbst
hinein kaum nennenswerte Gewinne aufweisen, sondern nahe den
aktuellen Niveaus verharren werden. Das ist auch im saisonalen
Verlauf ein typisches Bild, denn das dritte Quartal ist meist das
schwächste im Jahr. Dies gilt insbesondere für Europa, weil hier die
Rezession in Südeuropa stark ausgeprägt ist, was auch auf deutsche
Unternehmen durchschlägt, weil dort wichtige Exportmärkte liegen.
Zwar wiesen einige Frühindikatoren in den Krisenstaaten zuletzt
Erholungstendenzen auf. Ob und in wieweit dies auf die Konjunktur
durchschlägt, ist offen.

Impulse könnte es allerdings für den japanischen Aktienmarkt
geben, trotz der Tatsache, dass sich der Nikkei mit einem Anstieg im
bisherigen Jahresverlauf von rund 40% bereits weit aus dem Fenster
gelehnt hat. Mit dem Ausgang der Oberhauswahl wird die
Regierungskoalition in Tokio unter Führung des liberaldemokratischen
Premierministers Shinzo Abe voraussichtlich freie Hand bei ihrem
Versuch haben, durch eine extrem expansive Geld- und Fiskalpolitik
die langjährige Stagnation der japanischen Wirtschaft zu überwinden.
Bislang hat Abe für Gesetzesänderungen die Zustimmung seiner
politischen Gegner im Parlament benötigt.

Kaum Stimulierung

Was den US-Markt betrifft, so sind von Fed keine zusätzlichen
Impulse zu erwarten, da die Notenbank längerfristig zu einer
Geldpolitik zurückkehren will, wie sie vor der Krise üblich war.
Nicht viel Positiveres wird für die laufende US-Quartalssaison
erwarten. Viele Analysten rechnen höchstens punktuell mit einer
Stimulierung durch die Zwischenberichte und Ausblicke amerikanischer
Unternehmen.

Was die längerfristige Perspektive angeht, so bleibt festzuhalten,
dass die erklärte Absicht der Fed, wieder zu einer in der
historischen Perspektive normaleren Geldpolitik mit höheren
Leitzinsen und ohne quantitative Maßnahmen zu gelangen, für die
Aktienmärkte erhebliche Risiken birgt. Die Märkte hängen seit dem
Ausbruch der Finanzkrise am Tropf der Fed und jede rasche Veränderung
oder auch nur ihre Ankündigung könnte - wie sich im Mai und Juni
gezeigt hat - heftige Reaktionen an den Börsen auslösen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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