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Börsen-Zeitung: Überzogene Erwartungen, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 19-04-2013

Frankfurt (ots) - Die vergangenen zwei Wochen an den Finanzmärkten
waren nichts für schwache Nerven. Zunächst hat es - angeführt von den
Edelmetallen - teilweise erdrutschartige Verluste an den
Rohstoffmärkten gegeben. Dann erwischte es auch den Aktienmarkt. Der
Dax rutschte am Mittwoch binnen Minuten um fast 200 Indexpunkte ab,
er durchbrach mehrere charttechnische Unterstützungszonen und hat nun
Probleme, die Marke von 7500 Punkten wieder zu erklimmen. Bezogen auf
das Jahreshoch per Mitte März hat der deutsche Leitindex damit mehr
als 500 Punkte verloren. Und bezogen auf den Stand zum Jahresanfang
ist mittlerweile der gesamte Jahresgewinn des Dax dahin.

Für die Misere gibt es einen Hauptgrund: Die Konjunkturerwartungen
der Finanzinvestoren waren für praktisch alle wichtigen Weltregionen
überzogen. Was sich nun beobachten lässt, ist somit eine überfällige
Korrektur. Wie weit sie geht und ob sie möglicherweise schon beendet
ist, lässt sich nur schwer sagen. Die Konjunkturängste, die die
Marktteilnehmer jetzt im Griff halten, erscheinen als durchaus
angebracht und als nicht übertrieben. Zwar spricht einiges dafür,
dass es in der neuen Börsenwoche zunächst eine leichte
Aufwärtsbewegung geben könnte. Zudem lässt sich das reduzierte
Kursniveau bei vielen europäischen Titeln auch als eine gute
Kaufgelegenheit interpretieren, zumal die Bewertungen der Aktien noch
recht moderat sind: Beim Dax beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf
Basis der Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate 10,7.
Mittelfristig gibt es aber erhebliche Risiken.

Tiefe Spuren hinterlassen

In Europa hinterlässt die harte Sparpolitik, die den Krisenländer
abverlangt wird, tiefe Spuren. So ist Italiens Wirtschaft im letzten
Jahresviertel 2012 gegenüber dem Vorquartal um 0,9% geschrumpft.
Spanien kam auf ein Minus von 0,7%, und Portugals
Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist gar um 1,8% geschrumpft. Die hohen
Arbeitlosenquoten in den Ländern lassen ebenfalls wenig Gutes für den
restlichen Jahresverlauf 2013 erwarten. Da die Kaufkraft am Boden
liegt, ist nicht damit zu rechnen, dass es im laufenden Jahr noch zu
einem nennenswerten Aufschwung kommen wird. Der Internationale
Währungsfonds (IWF) sah sich jüngst gezwungen, die Prognose für das
Wirtschaftswachstum in der Eurozone weiter zu senken. Der IWF geht
jetzt von einer Kontraktion um 0,3% aus. Die Schwäche hat auch längst
die Kernländer erreicht: Die Regierung in Paris erwartet inzwischen,
dass das französische BIP 2013 nur um 0,1% expandieren wird. Bisher
hatte die offizielle Schätzung auf 0,8% gelautet. Der IWF rechnet
sogar mit einer Schrumpfung um 0,1%. Und ob das für 2014 von der
Organisation vorausgesagte moderate Wachstum der gesamten Eurozone um
1,1% realistisch ist, darf bezweifelt werden.

Und es besteht noch eine weitere Gefahr: Aufgrund der prekären
Konjunkturlage könnte sich die Einnahmeseite der Krisenstaaten
schwächer darstellen als bislang berechnet, sodass die Schuldenkrise
erneut hochkochen könnte, wenn einige Staaten neue Hilfspakete
benötigen. Wobei die weiter steigende Verschuldung der Länder neue
Kredite als problematisch erscheinen lässt. Zusätzliche finanzielle
Opfer der Bevölkerung der Krisenländer, mit denen dann zu rechnen
wäre, dürften allerdings wiederum auf die Konjunktur durchschlagen.

Leichte Zielverfehlung

Aber auch außerhalb Europas ist nicht alles zum Besten bestellt.
In China lag das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal mit 7,7% zwar
nur geringfügig unterhalb der prognostizierten 8%. Angesichts der
hochgesteckten Erwartungen an den Rohstoff- und Aktienmärkten hat die
leichte Zielverfehlung aber bereits ausgereicht, um für erhöhte
Verunsicherung zu sorgen. Und auch für die USA waren die Erwartungen
zu hoch, wie der Verlust von rund 3% in den vergangenen fünf
Handelstagen beim S&P 500 zeigt.

Große Fragezeichen

Europäische Aktien könnten trotz der erheblichen Gefahren auf
kurze Sicht von der Quartalssaison profitieren, die jetzt in ihre
heiße Phase eintritt, denn die Ertragslage vieler Unternehmen ist
nach wie vor exzellent. Prognosen längerfristiger Gewinne der
Aktienmarktbarometer, wie sie derzeit noch die meisten Analysten
abgeben, sind jedoch mit großen Fragezeichen zu versehen. Kritisch
sind in den kommenden Monaten insbesondere Aktien von Konzernen mit
starker Ausrichtung auf den Binnenmarkt oder mit hoher
Konjunkturabhängigkeit zu sehen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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