(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Stoppt die Waffennarren

Geschrieben am 16-12-2012

Regensburg (ots) - Von Stefan Stark

Es ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten: Soeben sind 20
Grundschulkinder von einem bis an die Zähne bewaffneten Amokläufer
kaltblütig ermordet worden. Auch sechs Lehrer starben im Kugelhagel,
weil sich sie schützend vor die Kleinen stellten. Die Leichen der
Opfer sind gerade erst abtransportiert, da geht ein amerikanischer
Waffenlobbyist an die Öffentlichkeit, und macht die relativ strengen
Waffengesetze in Connecticut dafür verantwortlich, dass es zu diesem
Blutbad kam. Hätten die Lehrer Revolver getragen - lautet seine krude
Argumentation - hätten sie sich gegen den Schützen wehren können. In
Europa schüttelt man über so etwas den Kopf und fragt, was eigentlich
noch alles passieren muss, damit sich nicht jeder völlig legal bis an
die Zähne bewaffnen kann. Denn mit den laxen Regeln in den USA kann
sich sogar ein bislang unauffälliger Bubi zum mordenden Rambo
verwandeln. Nach jedem Amoklauf in den USA laufen dieselben Rituale
ab. Eine Minderheit kritischer Bürger und Politiker fordert strengere
Regeln für den Kauf und den Besitz von Gewehren und Pistolen. Eine
Mehrheit in der Bevölkerung lehnt dies - assistiert von Lobbyisten
und Prominenten - als inakzeptablen Eingriff in die Grundrechte ab.
Nicht die Waffe töte, sondern die Menschen - diese These der
mächtigen National Rifle Assosication stößt auf breite Akzeptanz. Und
bei jeder Debatte über die Waffengesetze kochen die Emotionen so
hoch, dass man meinen könnte, jemand wolle den Amerikanern das
Autofahren verbieten. Dabei sind in den USA bereits bis zu 300
Millionen Waffen in Umlauf. Rein statistisch besitzt fast jeder
US-Bürger ein Schusseisen - von der Mini-Pistole für die feine Lady
bis hin zum schweren Maschinengewehr. Jahr für Jahr sterben 30 000
Amerikaner durch Feuerwaffen. Auch wenn einzelne Bundesstaaten in der
Vergangenheit schärfere Regeln für den Waffenkauf eingeführt haben -
in manchen Gegenden sind Gewehre frei verkäuflich, die bei uns unter
das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Niemand - kein Sportschütze,
kein Jäger und auch keiner, der sich selbst verteidigen will -
braucht eine Knarre mit einem 100-Schuss-Magazin. Doch in manchen
Gegenden Amerikas ist es einfacher, an eine Maschinenpistole zu
kommen, als an eine Flasche Whiskey. Umso gespannter darf man nun
sein, was Barack Obama genau meinte, als er nach dem Schulmassaker
"entscheidende Maßnahmen" forderte, um eine erneute Tragödie wie in
Newtown zu verhindern. Es wäre den Amerikanern zu wünschen, dass der
Präsident es endlich mit der mächtigen Waffenlobby aufnimmt. Da er in
seiner zweiten Amtszeit nicht mehr um eine Wiederwahl kämpfen muss,
bräuchte er keine Rücksicht mehr nehmen. Die Frage ist, ob Obamas
Demokraten, deren Unterstützung der Präsident in diesem Kampf
bräuchte, hier mitziehen. Denn auch von ihnen nehmen viele die
großzügigen Spendenschecks der Waffenhersteller entgegen. Dennoch
wäre es wichtig, dass Obama ein Zeichen setzt. Wer, wenn nicht er,
ist in der Lage, den Kindern von Newtown noch einmal eine Stimme zu
geben? Die zahlreichen Schusswaffenopfer in den USA brauchen endlich
eine starke Lobby, die den Bürgern eines einbläut: Gewehre sind kein
Ausdruck der bürgerlichen Freiheit, sondern ein Instrument zum Töten.
Zehntausende Amerikaner müssten nicht sterben, wenn die Regierung den
Privatbesitz von Schusswaffen verbieten würde. Denn mit Fäusten und
Messern lassen sich keine Massenmorde begehen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

437384

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Der lange Abschied von Europa Regensburg (ots) - Von Jochen Wittmann Hand aufs Herz: Wie hältst du's mit Europa? Wer dieser Tage David Cameron mit der Gretchenfrage konfrontiert, bekommt offiziell die Antwort: Wir wollen in der EU bleiben. Aber inoffiziell spielt der britische Premierminister mit dem Austritt. Cameron ist Realist genug zu wissen, dass ein britischer Ausstieg einem ökonomischen und machtpolitischen Desaster gleichkäme. Andererseits ist er der Chef der Konservativen Partei. Und die ist tief zerrissen in der Europa-Frage. Früher, zu Zeiten seines mehr...

  • Rheinische Post: In Japan alles beim Alten Kommentar Von Martin Kessler Düsseldorf (ots) - Die krachende Niederlage für die japanische Regierungspartei DPJ ist die Quittung für deren komplettes Versagen nach der Atomkatastrophe von Fukushima. Da wählen die Bewohner Nippons doch lieber ihre vertraute Liberaldemokratische Partei wieder, die das Land seit Kriegsende mit wenigen Unterbrechungen bis 2009 regierte. Sie wählen damit eine Partei, die ihnen 20 Jahre Rezession und einen Umgang mit der Atomenergie eingebrockt hatte, der eines hoch entwickelten Industrielands unwürdig ist. Die Unzufriedenheit der mehr...

  • Rheinische Post: Trügerische Sicherheit Kommentar Von Michael Bröcker Düsseldorf (ots) - Schwache Batterien, falsch zusammengesteckte Zündmechanismen, laienhafte Chemiekenntnisse potenzieller Attentäter - Deutschland kann von Glück sagen, dass noch keine deutsche Stadt auf die Liste islamistischer Attentatsorte aufgenommen werden musste. Gleichwohl zeigt sich, wie trügerisch die Sicherheit ist, in der wir uns wähnen. Deutschland bleibt bevorzugtes Anschlagsziel verblendeter Islamisten. Die von den Ermittlern nun offenbar hergestellte Nähe der Bombenbastler zur Salafisten-Szene belegt dies. Nur: Welche mehr...

  • Rheinische Post: Waffenbesitz - ein gefährliches Grundrecht Kommentar Von Godehard Uhlemann Düsseldorf (ots) - Der Amoklauf an einer amerikanischen Grundschule verdunkelt zutiefst die Gemüter der Menschen - nicht nur in den USA. Wie kann ein junger Mensch wahllos Kinder und deren Schutzbefohlene erschießen? Die Antwort lässt sich in keinem Handbuch für Lebenshilfe nachschlagen. Das macht uns alle so rat- und hilflos. Wie nach fast jeder Bluttat wird von der geschockten Nation über die Waffengesetze gestritten, die vielen Menschen zu lax sind. Und wie so oft schon wird sich an der Gesetzgebung wenig ändern - aller Betroffenheitsrhetorik mehr...

  • Westfalenpost: Westfalenpost zur Diskussion um die Mütterrente Hagen (ots) - Die Kluft zwischen dem Ansehen der Kanzlerin und dem Handeln (oder Nichthandeln) und den Händeln ihrer Koalition fasziniert politische Analysten. Als Erklärungen dienen die Schwäche der Konkurrenz, Angela Merkels Zug zur Mitte und ihre Strategie, sich bei Strittigem so lange zurückzuhalten, bis Kräfteverhältnisse geklärt sind. Aber manchmal muss sie diese Linie verlassen, weil die Dinge zu sehr aus dem Ruder laufen - so wie es gerade bei der Mütterrente passiert ist. Kaum hatte der CDU-Parteitag beschlossen, schrittweise mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht