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BERLINER MORGENPOST: Es kann nur eine Seite geben / Leitartikel von Marius Schneider

Geschrieben am 30-08-2012

Berlin (ots) - Stellen Sie es sich noch einmal vor: Ein Mann geht
mit seiner kleinen Tochter abends nach Hause. Sie ist sieben Jahre
alt, und sie geht an seiner Hand, der Hand ihres Vaters. Doch
plötzlich erscheinen vier junge Männer. Sie beleidigen und bedrohen
den Vater und das kleine Mädchen in übelster Weise. Schließlich
schlägt einer dem Vater des Mädchens vor dessen Augen brutal ins
Gesicht, bricht Knochen in seinem Schädel. Und nun fragen Sie sich
für eine Sekunde: Ist es ein Unterschied, ob - wie am Dienstagabend
in Schöneberg geschehen- ein jüdischer Mitbürger in Berlin auf
offener Straße misshandelt wird oder irgendjemand anders? Vom
menschlichen Standpunkt aus ist die Antwort glasklar und einfach:
Nein. Für unsere Gesellschaft ist jeder Zustand unerträglich, in dem
Menschen um Leib und Leben fürchten müssen, weil sie die Symbole
ihres Glaubens tragen - egal, welche das sind. Jeder, der dieses
Recht verletzt, verletzt damit auch den normativen Grundkonsens
dieser Gesellschaft: Ihn muss die volle Härte des Rechtsstaates
treffen - aber auch die entschiedene Ablehnung von uns Mitbürgern.
Die historische Realität allerdings verlangt auch eine zweite
Antwort. Und sie lautet: Ja, es ist ein Unterschied. Jeder Vorfall
wie dieser muss die Alarmglocken einer Gesellschaft schrillen lassen.
Doch an dieser besonderen Glocke, an der der Gewalt gegen unsere
jüdischen Nachbarn, kleben noch die Fingerabdrücke unserer Väter und
Großväter. Sie wurde schon einmal von einem ganzen Land, unserem
Land, festgehalten und zum Schweigen gebracht. In der Tat gibt es
auch jetzt, angesichts der Tat von Schöneberg, Menschen, die aus
ihrer spontanen Empörung heraus Bürgerinitiativen gründen. Sie sind
echte Vorbilder. Und die verdrückt schweigende Menge derer, die -
auch in den, wie man so schön sagt, "gutbürgerlichen" Kreisen - doch
schnell wieder vom "Es muss auch mal Schluss sein" raunen, wenn es um
das besondere historische Verhältnis zu unseren Landsleuten jüdischen
Glaubens geht? Sie leisten einem mit neuen und uralten Ressentiments
durchzogenen Relativismus Vorschub, der unsere Abwehrreflexe gegen
gewaltbereite und antisemitische Gruppen gefährlich schwächt.
Jüdische Eltern wollen im Deutschland des Jahres 2012 ihren Kindern
raten, nicht mehr mit Kippa aus dem Haus zu gehen? Das ist schlicht
unerträglich! Nein: Es kann nicht Schluss sein. Niemals. Wer echtes,
erwachsenes Selbstbewusstsein aus der deutschen Geschichte des
letzten Jahrhunderts zieht, der nimmt diese historische Verantwortung
auch bewusst an. Und die Täter? Auch wenn sie aus anderen, zum
Beispiel muslimischen Umfeldern mit anderen historischen und
kulturellen Perspektiven auf das Judentum kommen mögen: Sie müssen
sich darüber im Klaren sein, dass wir sie als Teil unserer
Gesellschaft mit unseren Maßstäben messen - und ihre Taten nicht
dulden. Es kann gegenüber Gewalt an unseren jüdischen Mitbürgern nur
eine Seite geben: die der Kippa!



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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