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BERLINER MORGENPOST: Brutalstmögliche Aufklärung - Leitartikel von Hajo Schumacher

Geschrieben am 09-05-2012

Berlin (ots) - Schon merkwürdig. Ausgerechnet im Land der Airbags,
wo der Sicherheitsbeauftragte meist mehr zu sagen hat als der Chef,
scheinen elementare Brandschutzfragen erst im allerletzten Moment
eine Rolle zu spielen. Normalerweise werden doch gerade bei der
Planung eines sensiblen Verkehrsknotens vom ersten Architektenstrich
an Fluchtwege und Rauchmelder und all die anderen hochkomplexen
Vorrichtungen mitgedacht und mitgeplant. Jede Gartenlaube wird doch
von Männern mit Helmen, Klemmbrettern und Prüfgeräten durchleuchtet,
ob der Kamin qualmsicher installiert wurde. Jede Frittenbude legt
sich inzwischen ein verlässliches Projektmanagement zu. Die völlig
unerwartete Notbremsung lässt Verdacht keimen: Sind die
Sicherheitsbedenken womöglich nur ein Vorwand, um noch ein paar
andere Probleme zu kaschieren, die den pünktlichen Betriebsstart von
BER schon seit Längerem gefährdeten? Wurde hier viel zu lange ein
Schönwetterplan ausgerollt, der allen Erfahrungen mit Großbaustellen
widersprach? Lässt man mal die Häme weg, die derzeit aus allen Ecken
auf Berlin niederprasselt, so weiß unsere angebliche
Perfektionistennation, dass Kosten- und Zeitpläne eigentlich nur dazu
dienen, um über den Haufen geworfen zu werden. Bei so ziemlich jedem
deutschen Großprojekt ist der fristgerechte Betriebsbeginn eine
weitaus größere Überraschung als die, übliche, Verzögerung. Berlin
kennt dieses Phänomen von Hauptbahnhof und Kanzleramt, die Hamburger
haben ihre Elbphilharmonie und jede mittelgroße Stadt irgendein
Einkaufszentrum oder einen Behördenneubau mit eben diesen
Startschwierigkeiten. Insofern haben wir es beim Fall BER nicht mit
einem Berliner Phänomen zu tun, sondern mit dem völlig normalen
Verlauf eines jeden hochkomplexen Mammutbauwerks. Die eherne Regel
gilt: Irgendwas ist immer, pünktlich und im Kostenrahmen dagegen eher
selten. Weil einer hinterher die Mehrkosten tragen muss, ist die
Frage umso drängender: Was lief wirklich schief bei "Willy Brandt"?
Dass die Politik ebenso überrascht zu sein schien wie Bürger und
Fluggesellschaften waren, das mag schon angehen. Aber die Folgen sind
komplexer als einiges Durcheinander für Ferienreisende. Wie hoch sind
die Schäden durch die Verschiebung? Fällt Schadenersatz an? Was ist
wie versichert? Wer haftet? Welche Klauseln haben gewiefte Juristen
in die Verträge diktiert? Die plötzliche Verschiebung ist eben keine
Posse, sondern ein millionenschwerer Vorgang, der womöglich auch noch
an Brandenburgern und Berlinern hängenbleibt. Dass sich erst vier
Wochen vor dem Festakt gleichsam schicksalhaft und aus heiterem
Himmel andeutete, dass der Zeitplan nicht zu halten ist, das glaubt
doch kein Mensch. Also raus mit den Fakten: Wer wusste wann wovon?
Gab es Planungsfehler? Wer war für die Kontrolle verantwortlich? Wo
wurde über den Zeitplan gewacht? Für eine "Operation Schlanker Fuß"
ist der Vorgang nicht nur viel zu ärgerlich, sondern auch eindeutig
zu teuer. Die Regierenden Wowereit und Platzeck retten ihre
Glaubwürdigkeit nur, wenn sie brutalstmögliche Aufklärung
durchsetzen.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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