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DER STANDARD-KOMMENTAR "Letzter Strohhalm Währungsfonds" von Andreas Schnauder

Geschrieben am 08-11-2011

Polit-Zirkus-maximus in Rom und Brüssel kann Italien-Kollaps
nicht verhindern - Ausgabe vom 9.11.2011

Wien (ots) - Zwei Denkschulen konkurrieren derzeit unter Ökonomen
und Wirtschaftspolitikern: Die einen meinen, die Eurozone müsse das
komplette Waffenarsenal mobilisieren, um den Angriff der Finanzmärkte
auf angeschlagene Staaten abzuwehren. Andere wiederum plädieren
dafür, dass jedes Land seine Hausaufgaben erledigt, dann werde auch
die ersehnte Beruhigung einkehren; sollte das nicht funktionieren,
dann muss der Austritt aus der Eurozone erfolgen.
Beide Varianten haben einiges für sich. Das Problem der Währungsunion
ist, dass sie sich zu keiner durchringen kann und daher ihre
Feuerwehraktionen dem Währungsfonds übertragen sollte. Zwar wurde mit
dem Schuldenschnitt für Griechenland nach langem Zögern ein mutiger
Schritt gesetzt, der nicht nur eine Reduktion des Schuldendienstes
bringt, sondern auch die Investoren zur Verantwortung zieht, die
Staaten zu leichtfertig Geld verleihen. Aber die Absicherung weiterer
Staaten, insbesondere Italiens, droht wegen mangelnder
Reformbereitschaft Roms und fehlender Sanktionsmöglichkeiten der
Eurozone zu scheitern.
Die andere Methode wäre eben der Griff in die Instrumentenkiste:
unlimitierte Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank, dazu
noch ein engmaschigeres Auffangnetz durch einen deutlich
aufgestockten Rettungsfonds. Auch in diesem Fall lautet die
konsequente Antwort der Euro-Spitzen: Jein. Ja, wir wollen den
Schutzschirm vergrößern, aber nein, nicht durch höhere Haftungen,
sondern nur durch eine Hebelung (die zusehends zum Gespött wird). Ja,
die EZB springt angeschlagenen Staaten zur Seite, aber nein, nicht
dauerhaft und nur in limitiertem Umfang.
Damit wurde eine echte Lose-lose-Situation herbeigeführt: Der Glaube
an die Unabhängigkeit der Zentralbank geht angesichts des 183
Milliarden Euro hohen Berges an Ramschpapieren verloren, ohne dass
sich die Situation an den Anleihemärkten entspannt hätte. Im
Gegenteil: Der Exodus der Investoren aus Italien hat ein Ausmaß
erreicht, bei dem erstmals ernsthaft eine Zahlungsunfähigkeit Roms
ins Auge gefasst werden muss, obwohl sich die Finanzlage des Landes
seit Jahren de facto nicht verändert hat. Vor allem der Anstieg der
kurzfristigen Zinsen erscheint beängstigend, impliziert er doch einen
Kollaps innerhalb von zwei Jahren.
Da hilft es wenig, wenn nun die Spekulanten verurteilt werden.
Klarerweise werfen Investoren in einem Spannungsfeld zwischen
erdrückender Schuldenlast und politischem Zirkus maximus Papiere auf
den Markt. Dass ein glaubwürdiger Sanierungskurs vor Attacken
schützt, macht übrigens gerade Spanien vor. Aus Brüssel ist dank
komplizierter Entscheidungsstrukturen keine rasche Lösung zu
erwarten. Vielmehr hat das langwierige EU-"Krisenmanagement" für
derartige Verunsicherung gesorgt, dass die Spannungen längst in der
Realwirtschaft angekommen sind und großen Schaden anrichten werden.
Ob eine Rezession auf die Eurozone zukommt, ist längst nicht mehr die
Frage, sondern wie tief sie ausfallen wird.
Einen neuerlichen Flächenbrand kann de facto nur noch der
Währungsfonds verhindern. Das Instrument hat er mit der Vorbeugenden
Kreditlinie (Precautionary Credit Line; PCL) in Händen, die nur für
Staaten mit einigermaßen funktionierenden Strukturen gedacht sind.
Alles andere wäre nur wieder Verschwendung jener Zeit, die ohnehin
niemand mehr hat.

Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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