(Registrieren)

DER STANDARD-Kommentar "Ein Schuss ins Knie" von Nina Weißensteiner

Geschrieben am 07-11-2011

Mit dem Fall Entacher hat sich Darabos selbst die schlimmste
Demütigung zugefügt

Wien (ots) - Bei allem Respekt für die Ambitionen des
Verteidigungsministers, anstelle des behäbigen Bundesheeres endlich
ein flexibles Berufsheer auf die Beine zu stellen: Aber jetzt ist
eine Aussprache samt Entschuldigung fällig - und zwar nicht nur in
irgendeinem verschwiegenen Hinterzimmer der Roßauer Kaserne, dem
Amtssitz von Norbert Darabos, sondern in aller Öffentlichkeit. Denn
was der Sozialdemokrat mit seinem Generalstabschef Edmund Entacher,
einem Verfechter der Wehrpflicht, seit Jahresbeginn aufgeführt hat,
gleicht einem höchst unwürdigen Spektakel: Weil der oberste Militär
aus dem eigenen, roten Stall Zweifel an den Plänen seines
reformgetriebenen Vorgesetzten angemeldet hatte, schoss ihn Darabos
kurzerhand ab - und zwar unter wilden Schlachtrufen und
Beifallsgeheul der Krone. Sogar der Oberbefehlshaber des Heeres, der
Bundespräsident, machte zu dem handstreichartigen Vorgehen grimmige
Miene, doch Darabos ging unter dem Hinweis "Vertrauensverlust"
unbeirrt zur Tagesordnung über. Der seiner Partei stets ergebenst
dienende Minister hatte allerdings nicht mit den ungewöhnlichen
Steherqualitäten des Generals gerechnet: Entacher focht
Darabosx{2588} Absetzungsbescheid an und hat nun prompt recht
bekommen. Doch bis es so weit war, tat Darabos noch einiges, um
seinen einst höchsten, dann demontierten Beamten das Leben weiterhin
schwerzumachen. Fast sieben Monate lang ließ sich der Heeresminister
Zeit, um Entacher seinen "Vertrauensverlust" in einem Konvolut
darzulegen - Darabos selbst hat die gesetzliche Frist für die
Rechtfertigung seines Vorgehens überschritten. Damit nicht genug,
arbeitet der SPÖ-Mann angesichts der Rückkehr Entachers auf seinen
alten Posten schon an einer Entmachtung seines Generalstabs, damit
der rehabilitierte Staatsdiener ihm ja nicht noch einmal in die Quere
kommt. Hat der Minister mit alledem nicht endgültig jegliches
Vertrauen in seine Amtsführung ruiniert? An seinen eigenen Rücktritt
denkt der von Kanzler und Krone gestützte Darabos offenbar noch immer
nicht, obwohl dies in jedem anderen mitteleuropäischen Land wohl
längst das Gebot der Stunde wäre. Denn Darabos hat schon ganz anderes
überstanden. Mit ihm als Wahlkampfleiter eroberte die SPÖ mit dem
Slogan "Mit Alfred Gusenbauer wird es keine Eurofighter geben!" den
Kanzler zurück. Danach nahm Darabos als Verteidigungsminister
fünfzehn von achtzehn bestellten Abfangjägern in Empfang. Um kein
weiteres Versprechen verlegen, beteuerte er, wegen der Einsparungen -
weniger Stück, dafür bescheiden ausgerüstet - in Bildung zu
investieren. Der Ausgang auch dieses Gelöbnisses ist bekannt. Ebenso
wie Darabosx{2588} jähe Kehrtwendung in Sachen Wehrpflicht. Kann
man von so einem politischen Verantwortungsträger erwarten, dass er
wegen eines für ihn blamablen Bescheids den Rückzug antritt? Oder
sich in aller Form entschuldigt? Wohl kaum. Die schlimmste Demütigung
hat sich Darabos jedoch selbst zugefügt. Tag um Tag muss er ab heute
mit jenem Beamten zusammenarbeiten, den er wegen angeblichen
"Vertrauensverlusts" für alle Zeiten aus seinen Augen verbannen
wollte. Willkür eines Ministers hat aber keinen Platz in dieser
Republik. Dank des Falls En_tacher ist zumindest das für alle
gewissenhaften Beamten geklärt.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

362010

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Die Polizei in Großeinsätzen Verheizt HUBERTUS GÄRTNER Bielefeld (ots) - Mit einem Polizisten möchte man nur ungern tauschen. Zwar genießt er den Beamtenstatus und damit einen sichereren Arbeitsplatz. Seiner körperlichen Unversehrtheit aber kann sich ein Polizist heute weniger denn je sicher sein. Die Zeiten, in denen Randalierer automatisch Respekt vor den Ordnungshütern gezeigt haben, sind längst vorbei. Polizisten in Uniform sind längst zur Zielscheibe geworden - sie werden beschimpft und immer häufiger körperlich attackiert. Auch viele Fußballfans aus der sogenannten Ultra-Szene mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Zu wenige Kita-Plätze für Kinder unter drei Jahren Politischer Irrweg SUSANNE BARTH Bielefeld (ots) - Kindertagsstätten sind Bildungsstätten - diese Wahrheit ignoriert Bundesfamilienministerin Kristina Schröder mit dem nun vereinbarten Betreuungsgeld für Kinder unter drei Jahren. Denn damit befeuert sie nicht nur eine alte familienpolitische Debatte neu, sondern liefert auch jede Menge Klischees. Sagt Frau "Ja" zum Betreuungsgeld und bleibt mit dem Baby zu Hause, ist sie wieder das Heimchen am Herd. Doch sobald die frisch gebackene Mutter ihr Kleines zu einer Tagesmutter oder in eine Kita bringt, wird sie zur egoistischen mehr...

  • "2+Leif": Saar-SPD-Chef Maas verlangt eventuelle Koppelung von Rettungsschirmen an Einführung von Finanztransaktionssteuer Berlin (ots) - Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hat den Einfluss der Finanzmärkte auf politische Entscheidungsprozesse scharf kritisiert. In der SWR-Talkshow "2+Leif" sagte Bosbach am Montagabend: "Entscheidungen sollen immer kurzfristiger getroffen werden. Machen wir uns doch nichts vor: Wenn ein Kanzler oder eine Kanzlerin mit wehenden Rockschößen kommt und sagt: Wir müssen sofort entscheiden, die Märkte sind beunruhigt, in Kürze öffnet die Börse in Tokio und wenn wir nicht sofort handeln, mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Vorabmeldung 2 - Frankfurt/Oder (ots) - Der bei einem Anschlag auf die Unternehmerfamilie Pepper in Bad Saarow (Oder-Spree) schwer verletzte Wachmann bleibt nach Informationen aus Polizeikreisen gelähmt. Der 31-jährige Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma aus Storkow (Oder-Spree) war am 2. Oktober von mehreren Schüssen eines Unbekannten getroffen worden, als er sich schützend vor die 23-jährige Tochter des Berliner Unternehmers Christian Pepper geworfen hatte. Bei der Suche nach dem Täter tappt die Polizei derzeit im Dunkeln. Pressekontakt: mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Vorabmeldung - Frankfurt/Oder (ots) - Nach Keimfunden im Trinkwasser von Angermünde (Uckermark) hat das Gesundheitsamt des Landkreises die 10 000 Einwohner der Stadt dazu aufgefordert, das Trinkwasser abzukochen. Noch ist unklar, wie es zu dem gehäuften Auftreten der Enterokokken-Bakterien im Trinkwasser von Kindertagesstätten und Schulen kommt. Pressekontakt: Märkische Oderzeitung CvD Telefon: 0335/5530 563 cvd@moz.de mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht