Börsen-Zeitung: Party schon vorüber, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn.
Geschrieben am 28-10-2011 |   
 
 Frankfurt (ots) - Alles wird gut: Griechenland ist gerettet, die  
europäischen Banken auch. Italien hat eine Rentenreform fest  
versprochen und stärkeren Sparwillen entwickelt. Wie es scheint, ist  
also der gordische Knoten zerschlagen und eine mehr oder weniger  
große Lösung für die Schuldenkrise gefunden. Die Märkte haben daher  
auch am Donnerstag beinahe schon euphorisch reagiert, wenn man die  
Kurssprünge bei vielen europäischen Großbanken als Maßstab nimmt. 
 
   Die Party ist jedoch nur von kurzer Dauer gewesen. Bereits am  
Freitag hat so etwas wie Ernüchterung eingesetzt. Die Rally am  
Aktienmarkt hat sich nicht fortgesetzt, der Dax hat zum  
Wochenausklang nur minimal zugelegt. Vielen Marktteilnehmern wird es  
allmählich klar, dass es noch enorme Implementierungsrisiken  
hinsichtlich der Umschuldung Griechenlands, der Hebelung des  
Rettungsschirms European Financial Stability Facility (EFSF) und der  
Rekapitalisierung der Banken gibt und dass die durch die viel zu hohe 
Verschuldung diverser europäischer Staaten verursachte Krise als  
Ganzes noch lange nicht vorüber ist. 
 
   Was die Umschuldung Griechenlands betrifft, so sind viele Ökonomen 
der Meinung, dass die verbleibende Belastung des Landes immer noch zu 
hoch ist, als dass von einer dauerhaften Lösung gesprochen werden  
könnte. Bezeichnenderweise hatte sich die EU zunächst für einen  
Schnitt um 60% statt der erreichten 50% starkgemacht. Nun dürften die 
Schulden nur auf rund 120% des griechischen Bruttoinlandsprodukts  
(BIP) zurückgehen. Viele Ökonomen halten aber erst ein Niveau von  
ungefähr 90% des BIP für erträglich, auch wenn mittlerweile ein  
großer Teil der griechischen Anleihen bei europäischen und  
internationalen Institutionen wie Europäischer Zentralbank (EZB) und  
Internationalem Währungsfonds (IWF) liegt und im Prinzip durch  
langfristige, niedrig verzinste Kredite ersetzt worden ist. Daher  
dürfte die Entlastung des schwer angeschlagenen südeuropäischen  
Landes bestenfalls zwei bis drei Jahre reichen. Bis dahin muss  
Griechenland wirtschaftlich wieder auf eigenen Füßen stehen. Ob das  
angesichts des aktuellen Reformtempos und der gravierenden  
Auswirkungen der Sparprogramme auf die Konjunktur gelingt, steht in  
den Sternen. 
 
   Fragezeichen gibt es auch hinsichtlich der Hebelung der EFSF und  
der Öffnung des Rettungsschirms mittels eines Special Purpose Vehicle 
für Investoren von außen. Noch ist keineswegs klar, welche Investoren 
in Frage kommen sollen. Norwegen hat bereits abgewinkt, und auch in  
China dürfte sich die Begeisterung in engen Grenzen halten. Die  
Analysten von Bank of America Merrill Lynch schätzen, dass die durch  
die EFSF erreichte Versicherungsquote 35 bis 40% beträgt. Ob das für  
eine Stabilisierung der Lage ausreicht, ist noch völlig offen. Es  
wird unter anderem davon abhängen, ob das Vertrauen der Märkte in die 
anderen Krisenstaaten wie Portugal und vor allem Italien nicht noch  
weiter erodiert. 
 
   Danach sah es am Freitag jedoch aus. Bei einer Bondmarktauktion  
hat das italienische Schatzamt den Investoren teilweise  
Rekordrenditen bieten müssen, obwohl die EZB dem Vernehmen nach  
bereits vor der Auktion kräftig italienische Bonds gekauft hat. Die  
Anleger sind also skeptisch, ob die angeschlagene Regierung  
Berlusconi die Anhebung des Renteneintrittsalters sowie umfangreiche  
Sparmaßnahmen durchsetzen kann. Konkrete Schritte hat Rom bisher  
nämlich immer noch nicht in die Wege geleitet. 
 
   Und nach wie vor ist auch noch nicht ganz klar, ob aus der (nicht  
ganz) freiwilligen Umschuldung Griechenlands nicht doch ein  
Kreditereignis resultiert, verbunden mit einer Auslösung der Credit  
Default Swaps (CDS). Der Branchenverband International Swaps and  
Derivatives Association (ISDA) hält das zwar für unwahrscheinlich,  
die Analysten der Citigroup hingegen für möglich, wenngleich sie  
darauf hinweisen, dass das damit verbundene Risiko im Rahmen der  
bestehenden Institutionen durchaus zu bewältigen sein dürfte. 
 
   Immerhin hat Europa mit den Beschlüssen den Druck von Griechenland 
genommen und dadurch wertvolle Zeit gewonnen. In der Folge dürfte die 
Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer wieder mehr auf anderen Aspekten  
ruhen wie beispielsweise dem konjunkturellen Umfeld. Aber auch hier  
ist längst nicht alles eitel Sonnenschein. Zwar ist die Gefahr einer  
Rezession in den USA wohl abgewendet. Zuletzt sahen insbesondere die  
deutschen Frühindikatoren aber nicht besonders rosig aus. Rückenwind  
für die Märkte ist von Seiten der Konjunktur daher nicht zu erwarten. 
Für Aktien und auch für den Euro bedeutet dies, dass es trotz der  
Griechenland-Einigung nur kurzfristig Auftrieb geben wird. 
 
   (Börsen-Zeitung, 29.10.2011) 
 
 
 
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