(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Der Berliner Eiertanz Christine Richter über den Beginn der rot-grünen Koalitionsverhandlungen und den Streit über die A100

Geschrieben am 04-10-2011

Berlin (ots) - Wäre dies nicht die Hauptstadt der Deutschen, man
wollte wegschauen. Aber es wird nicht besser. Nach einem dritten,
eigentlich nicht geplanten Sondierungsgespräch haben die Berliner SPD
und die Grünen ihren Konflikt über den Weiterbau der Stadtautobahn
A100 am Dienstag immer noch nicht beigelegt. Und dies, obwohl
man sich doch in den vergangenen Tagen genug öffentlich blamiert
hatte, weil beide Parteien den Autobahn-Kompromiss so unterschiedlich
auslegten. Die Grünen sagten, es werde mit ihnen auf keinen Fall
einen Ausbau geben - die SPD wiederum beharrte darauf, dass die
A100 dann gebaut werde, wenn die Bundes-Millionen nicht
umgewidmet werden dürfen. Beide Seiten zeigten sich unnachgiebig, die
SPD stellte den Grünen gar ein Ultimatum, sich zum Kompromiss zu
bekennen. Doch nach dem rot-grünen Krisengespräch, das sich am
Dienstag wieder drei Stunden lang im Roten Rathaus hinzog, ist man so
schlau wie zuvor. Die A100 liegt wie Blei in den
Parteiregalen und wird zum Streitthema jeden Gesprächs zwischen der
Berliner SPD und den Grünen. Und ebenfalls erschreckend: Zwei
Parteien, die so gerne von Transparenz und Offenheit, von Teilhabe
und demokratischer Beteiligung sprechen, geben sich nach der
Krisenrunde so wortkarg, dass einem schon angst und bange werden
kann. Was haben die beiden Parteien denn noch zu verbergen angesichts
des Durcheinanders bei der A100? Keiner wollte am Nachmittag
etwas sagen, selbst Fragen waren nicht zugelassen, alle verwiesen auf
die heute beginnenden Koalitionsverhandlungen. Als ob SPD und Grüne
die Lektion, die ihnen die Piraten bei der Abgeordnetenhauswahl vor
drei Wochen erteilt haben, immer noch nicht begreifen. Aber offenbar
geht es für Sozialdemokraten und Grüne jetzt vor allem nur noch um
eins - darum, wie man beim Thema A100 sein Gesicht wahren
kann. Vor allem für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit
(SPD) ist das ein Problem. Wowereit, der persönlich so sehr für die
A100 gekämpft und sich mit fünf Stimmen Mehrheit auf einem
Parteitag durchgesetzt hat, weiß, dass mindestens die Hälfte seiner
Berliner SPD das Projekt - genauso wie die Grünen - beerdigen möchte.
Will Wowereit jetzt die A100 mit all seiner Macht und
Autorität durchsetzen, gegebenenfalls mit der Berliner CDU als
Koalitionspartner, so würde ihm seine Partei kaum folgen. An einer
"Stummelautobahn" dürfe Rot-Grün in Berlin nicht scheitern, sagte in
der vergangenen Woche ein führender SPD-Linker - und sprach damit
aus, was die Partei denkt. Und weil die Grünen das wissen, können sie
öffentlich die Stadtautobahn strikt ablehnen - und trotzdem
Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen. Der Verlierer dieser
Auseinandersetzung wird also Klaus Wowereit sein, aber auch Rot-Grün
selbst. Denn einer Regierung, die sich schon vor dem Start des
Wortbruchs und der Lüge bezichtigt, die mehr auf Misstrauen denn auf
Vertrauen aufgebaut ist, wird es kaum gelingen, die wichtigen
Zukunftsthemen in Berlin zu lösen. Und die liegen jenseits der A 100.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

355973

weitere Artikel:
  • WAZ: Unter Strom. Kommentar von Miguel Sanches Essen (ots) - Es musste so kommen, eine Frage der Zeit. Es ist so weit, meldet die FDP. Frank Schäffler hat deutlich mehr als die nötigen 3250 Unterschriften für einen Mitgliederentscheid. Das Thema Euro hat großes Erregungspotenzial. Außerdem spielen die Zeit und die täglichen Nachrichten aus Griechenland den Skeptikern in die Hand. Wenn die Basis es wissen will, wird die Demokratie spannend und urig. Für Angela Merkel tritt indes ein, was sie so hasst: Die Politik wird unkontrollierbar. Im Fall des Falles könnte die FDP-Spitze mehr...

  • WAZ: Null neue Schulden. Kommentar von Dietmar Seher Essen (ots) - Die Kanzlerin räumt in diesen Tagen offen ein, Deutschland habe "über die Verhältnisse gelebt". Eine wichtige Erkenntnis - auch, weil wir bei aller berechtigten Kritik an Athen ungern den Balken im eigenen Auge erkennen. Seit 1970 hat der deutsche Staat in jedem Jahr mehr ausgegeben als eingenommen. Jetzt sitzt er auf zwei Billionen Euro Kredit - 82 Prozent des Inlandsprodukts. Auch wir sind Maastricht-Sünder. Deshalb gilt: Die Entscheidung für eine Schuldenbremse war richtig. Im Grundgesetz verpflichtet sie aber mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel/Kommentar zu Griechenland/Finanzkrise Regensburg (ots) - Plan B für Griechenland Athen steckt im Schuldensumpf fest. Deshalb ist es gut, dass die Politik ein neues Krisenszenario entwirft. Mit Olivenöl, Schafskäse, Tintenfisch und griechischem Wein lässt sich zwar eine köstliche Mahlzeit zubereiten. Doch selbst ein Superheld würde kläglich daran scheitern, mit dem Verkauf dieser Produkte, gewürzt mit etwas Tourismus, einen Staatsbankrott abzuwenden - geschweige denn, ein Wirtschaftswunder einzuläuten. Und genau dieses Wunder bräuchten die klammen Hellenen, um mehr...

  • HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandspresse, Hamburger Abendblatt zu Jugendprotesten Hamburg (ots) - Ein Kommentar von Egbert Nießler Ein Gespenst geht um - nicht nur in Europa, wie Karl Marx in seinem Kommunistischen Manifest 1848 schrieb - sondern weltweit. Es ist auch nicht das Gespenst des Kommunismus, sondern eine vielschichtige Bewegung meist junger Menschen, die mit ihren Lebensumständen und Zukunftsaussichten zunehmend unzufrieden sind. Gemeinsam ist ihnen auch, dass sie sich vor allem moderner Kommunikationsmittel, sogenannter sozialer Netzwerke, bedienen. Begonnen hat das mit dem "Arabischen Frühling" mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Ärztemangel Regensburg (ots) - Neue Heilmethoden Die Menschen werden älter, die Jungen werden weniger. Wer vermeiden will, dass das Gesundheitssystem (oder der Beitragszahler) unter dieser Konstellation zusammenbricht, muss Ideen liefern. Jetzt, da in absehbarer Zeit kein Wahlkampf droht, ist der richtige Augenblick dafür, um auch über unkonventionelle Lösungen laut nachzudenken, wie auch auf dem Land die medizinische Versorgung aufrechterhalten bleiben kann. Mit Einkommenszuschlägen kosmetischer Art wird man einen Nachwuchsmediziner (und mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht