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Bundesregierung knickt vor der Müllverbrennungslobby ein

Geschrieben am 16-09-2011

Berlin (ots) - Pressemitteilung

EU-Kommission und Deutsche Umwelthilfe kritisieren Entwurf des
neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) übereinstimmend als
EU-rechtswidrig - Stoffliches Recycling soll gerade von Abfällen mit
hohem Energiegehalt wie Kunststoff durch Verbrennung ersetzt werden
können - Fünfstufige Abfallhierarchie wird auf den Kopf gestellt -
Recycling soll auch insgesamt nicht verbessert werden: Für 2020
definierte Recyclingziele sind schon heute Realität - Diskussion im
Umweltausschuss des Bundestags ohne Beteiligung von
Umweltorganisationen

Der Entwurf für ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
verstößt in Teilen gegen die in der EU-Abfallrahmenrichtlinie
2008/98/EG festgelegten Vorgaben und legt darüber hinaus viel zu
niedrige nationale Recyclingziele für Siedlungs-, Bau- und
Abbruchabfälle fest. Sollte der Gesetzentwurf, der am kommenden
Montag den Umweltausschuss des Bundestages beschäftigt, nicht
grundlegend überarbeitet werden, will die Deutsche Umwelthilfe e. V.
(DUH) bei der EU in Brüssel Beschwerde einlegen. Die DUH kann ihre
Kritik allerdings nicht direkt bei der Anhörung im Umweltausschuss
vortragen, weil zu der entsprechenden Anhörung kein einziger
Sachverständiger aus Umwelt- oder Verbraucherschutzverbänden geladen
wurde.

"Die Bundesregierung knickt vor der Müllverbrennungslobby ein",
erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Statt
Stoffkreisläufe zu schließen, wie es das Gesetz verspricht, sollen
zukünftig Abfälle mit hohem Energiegehalt pauschal zur Verbrennung
freigegeben werden. Damit verstößt die Bundesregierung gegen EU-Recht
und verzichtet auf eine echte Rohstoffpolitik und Ressourceneffizienz
in Deutschland." Die DUH sieht sich in ihrer Kritik durch die
EU-Kommission bestätigt, die ebenfalls eine grundlegende
Überarbeitung des in Brüssel zur Notifizierung eingereichten
Gesetzentwurfs fordert.

DUH und EU-Kommission sehen durch den KrWG-Entwurf der
Bundesregierung die in der europäischen Abfallrichtlinie 2008/98/EG
vorgegebene Abfallhierarchie verletzt. Die Abfallhierarchie legt eine
fünfstufige Prioritätenfolge für den Umgang mit Abfällen fest:
Vermeidung vor Vorbereitung zur Wiederverwendung vor Recycling vor
energetischer Verwertung vor Beseitigung. Zwar können die
Mitgliedstaaten für eng umgrenzte Fälle Ausnahmen von der
Abfallhierarchie zulassen, dies jedoch nur dann, wenn sich daraus auf
der Basis so genannter Lebenszyklusbetrachtungen im Einzelfall
Vorteile ergeben. Der Entwurf der Bundesregierung sieht jedoch
pauschal für alle Abfälle mit einem Heizwert von mehr als 11.000
Kilojoule pro Kilogramm (kJ/kg) die Gleichwertigkeit von
energetischer Verwertung (vulgo: Verbrennung) und stofflicher
Verwertung ("Vorbereitung zur Wiederverwendung" oder "Recycling")
vor. Er stellt damit die in der Abfallrahmenrichtlinie gewollte
Abfallhierarchie auf den Kopf.

Damit setzt der Regierungsentwurf die Richtlinie nach Überzeugung
der EU-Kommission nicht europakonform um. In einer Mitteilung der
Europäischen Kommission an die Bundesregierung (SG(2011) D/51545)
heißt es im Zusammenhang mit der geplanten Pauschalausnahme für
Abfälle mit einem höheren Heizwert unmissverständlich: "Der
notifizierte Gesetzentwurf würde [...] zu einer Schwächung der
Priorität für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling
führen, die nicht mit der Abfallhierarchie und den Zielen der
Richtlinie 2008/98/EG in Einklang steht. [...] Vor diesem Hintergrund
fordert die Kommission die deutschen Behörden auf, [die
entsprechenden Paragraphen] des notifizierten Gesetzentwurfs zu
überarbeiten [...]." Mit ihrer Mitteilung greift die EU-Kommission
auch kritische Hinweise auf, die die DUH Ende Mai 2011 gemeinsam mit
anderen Umweltverbänden an die Kommission gerichtet hatte. "Wenn
Bundesregierung und Bundestag die Bedenken der Europäischen
Kommission ignorieren und die EU-weit angestrebte Abfallhierarchie im
neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht im Sinne des Umweltschutzes
umsetzen, werden wir erneut in Brüssel intervenieren", kündigte Resch
an.

Der KrWG-Entwurf ist nach Überzeugung der DUH auch jenseits der
Debatte über Pauschalausnahmen von der Abfallhierarchie völlig
mangelhaft. So gibt der Entwurf für das Jahr 2020 Recyclingziele vor,
die bereits im Jahr 2008 erreicht oder sogar übertroffen wurden.
Konkret: 65 Prozent der jährlich anfallenden Siedlungsabfälle sollen
bis 2020 recycelt werden - 2008 waren es bereits 64 Prozent. Bei den
Bau- und Abbruchabfällen lautet das Ziel für 2020 im KrWG-Entwurf 80
Prozent - 2008 wurden in Deutschland jedoch schon 89 Prozent der Bau-
und Abbruchabfälle recycelt und stofflich verwertet. "Recyclingziele
für das Jahr 2020 in einen Gesetzentwurf zu schreiben, die heute
schon überholt sind, offenbart ein erschreckendes Maß an Ignoranz und
Desinteresse für ein Thema, das immer wichtiger wird. Recycling und
Ressourceneffizienz sind für diese Regierung offensichtlich kein
vordringliches Thema", kritisiert Maria Elander, Leiterin
Kreislaufwirtschaft bei der DUH. Deutschland drohe als rohstoffarmes
Land, den Einstieg in die Recyclinggesellschaft zu verpassen. Die DUH
fordert für 2020 rechtsverbindliche Recyclingquoten von 85 Prozent
bei Siedlungsabfällen und 95 Prozent bei den Bau- und
Abbruchabfällen.

Die Umweltorganisation verlangt darüber hinaus die Festlegung von
Qualitätskriterien für das Recycling. "Es muss klar definiert werden,
welche Abfallbehandlungsmaßnahmen bei der Erfüllung von
Recyclingquoten eingerechnet werden dürfen und welche nicht. Wer hier
nicht genau hinschaut öffnet den so genannten Downcycling-Verfahren
Tür und Tor, die letztlich nicht in die Recyclingwirtschaft, sondern
in die Sackgasse führen", erklärte Elander.



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Mobil.: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil: 0160 5337376, E-Mail:
elander@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, 0171 5660577, rosenkranz@duh.de


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