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Mittelbayerische Zeitung: Mit Vollgas in den Nebel

Geschrieben am 14-09-2011

Regensburg (ots) - Einen Rekordmonat August im Kofferraum, eine
ultradicke Auftragsmappe auf dem Beifahrersitz - mit beeindruckenden
Zahlen und stolzgeschwellter Brust sind die deutsche Autohersteller
heuer auf der IAA vorgerollt. Zwei Jahre lang fuhr die Branche nun
mit Vollgas aus der Krise, um sich wieder im Scheinwerferlicht der
Weltpresse und -kundschaft sonnen zu können. Die Kritik auf der
Vorgänger-IAA 2009 ist verstummt: Für Normalsterbliche unbezahlbar?
Weltweit gibt's genug solvente Abnehmer. Immer mehr spritsaufende
SUV's im Programm? Verkaufen sich wie geschnitten Brot. Elektro-Trend
verschlafen? Geld verdient damit bislang eh keiner. Kurz gesagt: Die
heutige Startposition von Daimler, BMW, VW und die anderen deutschen
Hersteller für das Rennen zu den Mobilitätsmärkten der Zukunft ist
wesentlich besser als es alle Skeptiker orakelt hatten. Abseits des
Scheinwerferlichts weicht das so offensiv zur Schau getragene
Selbstbewusstsein der deutschen Autobauer jedoch einer gewissen
Nachdenklichkeit. Die Manager müssen nur ihre Smartphones
einschalten, um zu hören, dass in Europa eine Konjunkturabschwächung
droht, die USA vor einer neuen Rezession stehen und nicht nur die
Regierung Obama ihr Pulver verschossen hat, um den nächsten Abschwung
finanziell abzufedern. Im Gegenteil: So wie die Rettungspakete die
Konjunktur angekurbelt haben, würden die Sparpakete sie nun abwürgen,
heißt es. Hinzu kommt, dass Chinas Wirtschaft sich abzuschwächen
droht. Die Wachstumstreiber der Autobranche befinden sich längst in
Schwellenländern, allen voran in der Volksrepublik China. Nicht nur
Audi verkauft dort schon die meisten seiner Fahrzeuge. Gerät der
Motor des größten Wachstumsmarkts der Welt ins Stottern, bremst das
auch und gerade den Exportweltmeister der Autoindustrie. Zudem dürfen
auch die sehr positiven Bilanzen der deutschen Hersteller nicht
darüber hinwegtäuschen, dass die internationale Autobranche noch
lange nicht über den Berg ist. Noch bestehen Überkapazitäten, die
schon vor der jüngsten Krise bemängelt wurden. Der anhaltende Trend
zum Konformismus unterm Blechkleid sorgt für massive Probleme, wenn
nur ein Teil Zicken macht, das jedoch Millionen Mal verbaut wurde.
Und der Trend zum Aufbau von Produktionskapazitäten im Dollarraum
weckt Befürchtungen, dass im Krisenfall abgebaute Stellen im
Heimatland danach wohl nicht mehr dorthin zurückkehren werden. Die
größte Gefahr für die Autoverkäufer ist jedoch die Unsicherheit über
die Zukunft der Mobilität insgesamt. Die Branche fährt hier mit
Vollgas in den Nebel. Wollen morgen alle sparsame Verbrennungsmotoren
fahren, oder nur noch elektrisch dahingleiten? Und was darf's denn
sein: Dicker Geländewagen oder kleiner, motorradähnliche Zweisitzer?
Wer sind die künftigen Gegner - Toyota und Hyundai, oder Apple,
Google und Facebook? Und - weil der Nachwuchs mehr auf schicke
Smartphones abfährt - werden Autos künftig wirklich noch gekauft,
oder je nach Bedarf geliehen oder gemietet? Heerscharen von
Trendscouts, Beratern, Markt- und Zukunftsforschern strampeln sich
derzeit ab, diese Fragen zu beantworten. Wohin die Reise geht, weiß
niemand, zu schnell schießen Trends und Konzepte in die Höhe und
versinken wieder in der Versenkung, zu inhomogen sind die Märkte und
Kundengruppen. Fest stehen dagegen schon heute zwei
Grundvoraussetzungen, um im Kampf um die künftigen Kunden die Zügel
in der Hand zu behalten: Kapital und Innovationskraft. Ersteres wird
von Audi, BMW & Co. derzeit zur Genüge angehäuft, Letzteres haben die
deutschen Hersteller und Zulieferer seit Jahren aufgebaut, weil sie
in die Köpfe der Techniker und Kreativen auch in der Krise
investierten. Allen Unsicherheiten, Trendforschern und
Kostencontrollern zum zum Trotz scheint das auch die beste Strategie
für die Zukunft zu sein.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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