(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel der Mittelbayerischen Zeitung Regensburg zu Westerwelle und der FDP

Geschrieben am 29-08-2011

Regensburg (ots) - Die Alternative fehlt

Guido Westerwelle ist gescheitert. Doch wer soll das Amt des
Außenministers übernehmen?

Wer soll es denn dann machen? Dass die FDP auf diese Frage zur
Zeit keine Antwort weiß, rettet Guido Westerwelle vorerst das Amt.
Der deutsche Außenminister hat sich mit seiner Selbstgerechtigkeit in
der Libyen-Debatte selbst ins Abseits gestellt, aber die Liberalen
können keine vorzeigbare Alternative aufbieten. Sie sind personell
ausgezehrt. Wer kennt schon Werner Hoyer, den amtierenden
Staatssekretär im Außenministerium? Will man diesen Nobody auf den
Stuhl von Hans-Dietrich Genscher setzen? Auch in der übrigen
FDP-Fraktion gibt es keinen außenpolitischen Experten von Rang und
Namen. Deutschland braucht aber einen Außenminister, der gestützt auf
seine innenpolitische Reputation unser Land im Ausland glaubwürdig
vertreten kann. Nun rächt es sich, dass die Liberalen auf ihrem
Parteitag im Mai Westerwelle nur als Parteivorsitzenden abgelöst
haben. Damals hätte der neue Parteichef Philipp Rösler reinen Tisch
machen können und müssen. Er zog im Frühjahr die sanfte Variante vor
und wechselte vom Gesundheits- ins Wirtschaftsministerium. Nur ein
gutes viertel Jahr später kann er nicht schon wieder ein neues
Ressort übernehmen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel scheut davor
zurück, jetzt ihr Kabinett zu verändern - selbst wenn die FDP einen
Ressorttausch anbieten würde. Wenn auch nur der Anschein entsteht,
diese Bundesregierung wankt, könnte das ganze Gebäude leicht
zusammenstürzen. Die Stimmung in der christlich-liberalen Koalition
ist bereits explosiv, die Schuldenkrise, der Streit um den Euro und
Milliardenhilfspakete verunsichern alle Regierungspartner. Eine
personelle Hängepartie kommt daher ziemlich ungelegen. Westerwelle
erhält daher wieder eine Bewährungschance - die wievielte eigentlich?
Dabei sollte man fairerweise einräumen, dass Westerwelles
Grundentscheidung, sich nicht am Libyen-Einsatz der Nato zu
beteiligen, in Deutschland ziemlich populär war und noch ist. Auch
wenn manche das gerne verdrängen: Führende SPD- und Grünen-Politiker
waren ebenfalls dagegen - nur redet darüber heute kaum noch jemand.
Stattdessen richtet sich die Kritik auf Westerwelle. Damit lenkt man
auch vom eigenen Versagen ab. Das gilt auch für die FDP. Rösler hat
seinen Liberalen bei der Wahl zum Parteichef versprochen, nun werde
er bald "liefern". Geworden ist daraus nichts und deshalb dümpeln die
Liberalen in Umfragen weiter bei vier oder maximal fünf Prozent
dahin. Bei den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin droht ein
Fiasko, die Liberalen könnten aus beiden Parlamenten fliegen. Da
braucht die liberale Boygroup um Rösler, Generalsekretär Christian
Lindner und Gesundheitsminister Daniel Bahr einen Sündenbock - und
der heißt Westerwelle. Es bleibt die Frage, wie lange Westerwelle
sich noch demütigen lassen will. Sein Parteichef und die Kanzlerin
korrigierten ihn öffentlich, für seine falsche Einschätzung der Rolle
der Nato im Libyen-Konflikt hat er sich mittlerweile mehrmals
entschuldigt - und trotzdem werden immer noch Kübel von Hohn und
Spott über ihm ausgegossen. Es ist fast schon tragisch, wie schnell
Westerwelle abgestürzt ist. Bei der Bundestagswahl 2009 erzielte die
FDP unter seiner Führung bisher nie erreichte 14,9 Prozent - nur zwei
Jahre später gilt er vielen Liberalen als Buhmann. Wenn Westerwelle
jetzt hinschmeißt, wäre das nur zu verständlich. Rösler, die gesamte
FDP-Parteiführung und die Kanzlerin wären aber noch mehr blamiert, da
sie nicht die Kraft haben, einen auf lange Sicht notwendigen Wechsel
selbst zügig zu gestalten.

von Gustav Norgall



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

349353

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Unabhängiger werden! Zur Kritik der Brandenburger SPD am Cottbuser Oberbürgermeister Cottbus (ots) - Die Kritik an der Art und Weise, wie die Cottbuser Stadtverwaltung unter Führung von Frank Szymanski sich in den letzten Jahren auf die drohende Finanznot vorbereitete, ist berechtigt. Vor allem bei den Personalausgaben wurde nicht konsequent genug gespart. Unbestreitbar ist aber auch, dass die Misere, in der sich die Lausitzmetropole befindet, nicht ausschließlich hausgemacht ist. Verantwortlich für den fast vollständigen Verlust an kommunalpolitischer Handlungsfähigkeit in der zweitgrößten Stadt des Landes ist nicht mehr...

  • Rheinische Post: Außenminister Guido Westerwelle erwägt, in FDP-Fraktion die Vertrauensfrage zu stellen Düsseldorf (ots) - Der in die Kritik geratene Außenminister Guido Westerwelle (FDP) überlegt, ob er in der heute beginnenden Klausur der FDP-Bundestagsfraktion im rheinischen Bensberg die Vertrauensfrage stellt. Das erfuhr die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Dienstagausgabe) aus Parteikreisen. Der FDP-Politiker ist fest entschlossen, um sein Amt zu kämpfen. Deshalb müsse es eine "klare Entscheidung" geben, ob die Partei ihn noch im Amt haben wolle, hieß es. Pressekontakt: Rheinische Post Redaktion Telefon: mehr...

  • Rheinische Post: Ramsauer will zusätzliche Gelder für Straßenbau Düsseldorf (ots) - Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat Entscheidungen über mehr Investitionen in den Neu- und Ausbau von Straßen angemahnt. "Wir müssen klären, wie wir zusätzliche Gelder für den Straßenbau bekommen, egal in welcher Form", sagte Ramsauer der Rheinischen Post (Dienstagausgabe). Derzeit seien in seinem Etat rund fünf Milliarden Euro für die Finanzierung von Straßenbau vorgesehen. "Das reicht nicht, um alle notwendigen Neu- und Ausbauprojekte zeitgerecht anzustoßen", betonte der Minister. Hinzu komme der große mehr...

  • Rheinische Post: Regierung will bis 2020 Zahl der Langzeitarbeitslosen um 20 Prozent senken Düsseldorf (ots) - Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die Zahl der Langzeitarbeitslosen bis zum Jahr 2020 um ein Fünftel senken. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor. Dies bedeute, "bis 2020 etwa 330 000 Langzeitarbeitslose erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren", heißt es in dem Schreiben des Arbeitsministeriums, aus dem die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" in ihrer Dienstagausgabe zitiert. Ziel der Bundesregierung sei es, "mit einer an der jeweiligen mehr...

  • Rheinische Post: Meister für "abgestuftes Verfahren" beim Euro-Rettungsschirm Düsseldorf (ots) - Unionsfraktionsvize Michael Meister hält ein "abgestuftes Verfahren" zur Einbeziehung des Bundestags bei den Aktivitäten des neuen Euro-Rettungsschirms EFSF für vernünftig. "Das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag", sagte der CDU-Politiker der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe). Ein solches "abgestuftes Verfahren" hatte der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle vorgeschlagen. Demnach würde der Bundestag nur jedes erste Mal eine neue EFSF-Maßnahme billigen. Im normalen Alltagsgeschäft mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht